Ein Schuss ins eigene Knie
28.11.2025 BaselbietAus dem Waldenburgertal kommt Kritik an den Sparmassnahmen des Bundes
Der Baselbieter Regierungsrat warnt vor den Sparplänen des Bundes bei der «Neuen Regionalpolitik». Laut Katrin Kaden, Vorstandsmitglied des Gewerbevereins KMU Waldenburgertal, handelt der Bundesrat ...
Aus dem Waldenburgertal kommt Kritik an den Sparmassnahmen des Bundes
Der Baselbieter Regierungsrat warnt vor den Sparplänen des Bundes bei der «Neuen Regionalpolitik». Laut Katrin Kaden, Vorstandsmitglied des Gewerbevereins KMU Waldenburgertal, handelt der Bundesrat kurzsichtig, wenn er die Förderung der lokalen Wirtschaft gefährde.
Nikolaos Schär
Lange hatte das Baselbiet darum gekämpft, Teil des Regionalförderprogramms des Bundes «Neue Regionalpolitik» (NRP) zu werden. Mit dem «Entlastungspaket 27» könnten sich die Fördertöpfe künftig allerdings leeren, denn der Bund muss sparen. Der alarmierende Ton der Baselbieter Regierung in einer Vorlage liess aufhorchen: Es drohe, dass die Gelder zur Förderung der Wirtschaft mit dem bundesrätlichen Paket wieder gestrichen würden.
Die «Neue Regionalpolitik» ist eine Verbundsaufgabe von Bund und Kantonen. Sie soll mit finanziellen Beiträgen an innovative Projekte die wirtschaftlichen Chancen und die Wettbewerbsfähigkeit ländlicher Regionen stärken und damit vor Ort Arbeitsplätze und Wertschöpfung schaffen. Nach einem Kriterienkatalog werden rückzahlbare Kredite oder À-fondsperdu-Beiträge für Anschubfinanzierungen gesprochen. Zwei Drittel der Finanzierung übernehmen Bund und Kanton; für den Rest müssen die jeweiligen Projektträger aufkommen.
Ländliche Gebiete als Verlierer
Die Baselbieter Regierung erachtet die NRP als zentrales Instrument zur Förderung strukturschwacher Regionen. Im Fokus des kantonalen Förderprogramms 2024 bis 2027 stehen das gesamte Oberbaselbiet und das Laufental. Verschiedene Projekte wie das räumliche Entwicklungskonzept des Vereins Region Oberbaselbiet, die Promotion Laufental, das Zentrumsprojekt Liestal sowie der Aufbau der NRP-Geschäftsstelle, die von Florence Hodel geleitet wird und bei der Standortförderung Baselland angesiedelt ist, wurden aus den Fördertöpfen der NRP mitfinanziert.
Besonders das von Schulden geplagte Waldenburgertal erhielt durch eingereichte NRP-Projekte neuen Schwung in der Standortförderung. Mit dem Unternehmertreff KMU Waldenburgertal wurde die Vernetzung lokaler Unternehmen gestärkt. Für die Neuauflage des «Waldenburgertaler Schatzfinders» wurde ein Projektbeitrag von rund 25 000 Franken gesprochen.
Für Kathrin Kaden, Vorstandsmitglied des Gewerbevereins KMU Waldenburgertal und treibende Kraft hinter der Neulancierung des «Schatzfinder»-Bonbuchs, schädigt der Bundesrat mit seinen Sparmassnahmen die eigene Wirtschaft: «Die Entscheidung ist extrem kurzsichtig, denn das Potenzial ist da und wartet nur darauf, abgerufen zu werden.»
In seiner Botschaft schreibt der Bundesrat, dass aufgrund des gut dotierten Fonds mit seiner hohen Liquidität – der Fondsstand lag Ende 2024 bei 1 Milliarde Franken – vorläufig weiterhin À-fonds-perdu-Beiträge gewährt werden könnten und das verabschiedete Mehrjahresprogramm weitergeführt werden könne. Gemäss Bund sind die Mittel bis 2031 gesichert. Gleichzeitig werde jedoch aus Spargründen die gesetzlich verankerte Vorgabe einer längerfristigen Werterhaltung des Fonds aufgehoben und durch ein Verschuldungsverbot ersetzt. Das bedeutet, dass kein Geld mehr in den Fonds einbezahlt wird, sondern lediglich eine Verschuldung verhindert werden soll.
Die Volkswirtschaftsdirektion bestätigt auf Anfrage: Erfolgen keine neuen Einlagen, würden ab der Programmperiode 2031 die finanziellen Mittel fehlen, um die NRP in der heutigen Form weiterzuführen.
Grünen-Nationalrätin Florence Brenzikofer, die sich im Zuge des Naturparks Baselbiet intensiv mit der Regionalpolitik befasst hat, zeigt sich kämpferisch: «Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.» Die NRP sei enorm wichtig für die Regionen; deshalb würden Kantone und Gemeindeverbände Druck auf die Sparpläne des Bundes ausüben. Die Kürzungen werden in der Wintersession im Ständerat und im Frühjahr im Nationalrat behandelt.
Neuauflage des «Schatzfinders»
Für Kaden ist klar, dass es für die Förderung der lokalen Wirtschaft Standortmarketing braucht. Die Gemeinden hätten jedoch keine Kapazitäten, dieses selbst zu betreiben. Der Gewerbeverein verfüge zwar über «Know-how» und Vernetzung, aber nicht über die nötigen Mittel und vor allem nicht über die Zeit: «Die in das Projekt des ‹Schatzfinders› investierte Arbeit übersteigt den Projektbeitrag bei Weitem.»
Neu soll der Fokus des «Schatzfinders» vom lokalen Gewerbe auf den gesamten Standort des Waldenburgertals ausgeweitet werden. In der Auflage 2026 soll zu jeder Ortschaft ein Beitrag zur Industriegeschichte erscheinen. Das NRP-Projekt prüft zudem, wie der Schatzfinder – ohne das Bonbuch zu ersetzen – in digitalisierter Form weiterentwickelt werden kann. Kaden denkt dabei an die interaktive Karte des Zentrumsmanagements Liestal. Weiter sollen Partnerschaften an den Schnittstellen zwischen Industrie, Gastronomie und Tourismus aufgebaut werden.
Der «Schatzfinder 2025» wurde laut Kaden rund 250-mal verkauft. Das sei noch keine grosse Auflage, sagt sie. Die Zahlen seien jedoch schwer vergleichbar, da der Entscheid für die Produktion der diesjährigen Ausgabe erst im August vergangenen Jahres gefallen sei und wenig Zeit geblieben sei, das Produkt auf den Markt zu bringen. Kaden betont, dass das Projekt erst am Anfang stehe. Sie glaubt an das Potenzial des Waldenburgertals: «Wir müssen die vorhandenen Vorzüge und die reichhaltige Geschichte des Tals stärker hervorheben, damit die Leute überhaupt auf die Idee kommen, ihr Geld in der lokalen Wirtschaft auszugeben.»
Mit einem Wegfall der Finanzierung wegen der Sparübung des Bundes würde laut Kaden die ehrenamtliche Arbeit gering geschätzt. Das könnte sich als Schuss ins eigene Knie erweisen, denn diese Arbeit entlaste am Ende auch die städtischen Gebiete über tiefere Finanzausgleichszahlungen. Ob das nationale Parlament zu einem ähnlichen Schluss kommt, bleibt abzuwarten.
