Ein regelrechtes Blitzlichtgewitter
06.12.2024 Bezirk SissachDie Baselbieter Polizei gibt auf Anfrage aus dem Landrat Details zu einzelnen Radarstandorten bekannt. Weit obenaus schwingt im aktuellen Jahr eine temporäre Kontrollstelle auf der A2. Dort wurden mehr als 50 000 Temposünder gebüsst.
David Thommen
...Die Baselbieter Polizei gibt auf Anfrage aus dem Landrat Details zu einzelnen Radarstandorten bekannt. Weit obenaus schwingt im aktuellen Jahr eine temporäre Kontrollstelle auf der A2. Dort wurden mehr als 50 000 Temposünder gebüsst.
David Thommen
«Der Mitarbeiter des Jahres der Baselbieter Polizei ist ein Blechpolizist»: Dies schrieb «20 Minuten» Ende 2023 über eine Geschwindigkeitsmessanlage auf der A2 bei Tenniken. Im Bereich einer Baustelle blitzte es dort innert zweier Monate rund 30 000 Mal – «und spült dem Kanton Millionen in die Kasse», so das Gratisblatt. Die – von der Polizei allerdings nicht bestätigte – grobe Schätzung der Zeitung belief sich «auf gut 8 Millionen Franken Buss- und Verfahrensgelder». Vermutlich habe es sich um den «fleissigsten Blitzer der Schweiz» gehandelt.
Im Hinblick auf die Landratssitzung vom kommenden Donnerstag hat die Baselbieter Regierung kürzlich Übertretungszahlen der ersten neun Monate des aktuellen Jahrs publiziert – und zwar für die semistationären Anlagen, die in der Regel einige Tage bis Wochen an einem Standort im Einsatz sind. Danach gefragt hat die Sissacher SVP-Landrätin Nicole Roth. Wie aus der Antwort der Regierung hervorgeht, stand auch im 2024 ein besonders fleissiger Blechpolizist am Rand der Autobahn: Im A2-Baustellenbereich bei Itingen im Fahrtrichtung Bern/Luzern, wo temporär Tempo 80 galt, wurden ab Mitte März während 173 Tagen mehr als 51 000 Schnellfahrerinnen und -fahrer erwischt.
Die allermeisten kamen mit einer Ordnungsbusse von 20 bis 260 Franken davon, 720 hatten allerdings eine Anzeige zu gewärtigen, da sie 25 Stundenkilometer oder mehr zu viel auf dem Tacho hatten. Weitere 130 Fahrerinnen und Fahrer bekamen noch dickere Post der Justizbehörden: Sie machten sich einer «groben Verletzung der Verkehrsregeln (inkl. Raserfälle)» schuldig, wie es in der Antwort auf Roths Interpellation heisst. Als Raserfall wird gewertet, wenn die Tempolimite auf Autobahnen um mindestens 80 Stundenkilometer überschritten wird.
«Keine Rangliste»
Erzielte die temporäre A2-Messstation mit mehr als 51 000 Erwischten einen neuen Rekord im Baselbiet? Bestätigen lässt sich dies nicht: «Die Polizei Basel-Landschaft führt keine Ranglistenstatistik», heisst es bei der zuständigen Medienstelle auf Anfrage der «Volksstimme». Und auch darüber, wie hoch die Gesamtsumme der Bussenforderung aufgrund dieses Baustellenblitzers ist, gibt es keine näheren Angaben: «Die Bussenerträge werden nur als Gesamtsumme in der Jahresrechnung ausgewiesen», schreibt die Polizei. Millionen dürften es aber auf jeden Fall sein, nimmt man die Schätzung über die seinerzeitige Kontrollstelle in Tenniken zum Massstab.
Der budgetierte Bussenertrag für das Jahr 2024 beläuft sich im Kanton Baselland auf 12 Millionen Franken. Ob die Erwartung 2024 übertroffen wird, lasse sich heute noch nicht sagen, so die Polizei. Denkbar allerdings wäre dies: Im mehrjährigen Durchschnitt liegt die Zahl im Baselbiet bei total 157 000 Übertretungen pro Jahr. Der Blechpolizist in Itingen hat also allein schon ein Drittel zum langjährigen Durchschnitt beigetragen. Am zweithäufigsten blitze es an der Rheinstrasse in Füllinsdorf – nämlich knapp 8800 Mal innert 52 Tagen.
Alle semistationären Messeinrichtungen zusammen haben von Januar bis September an knapp 30 Standorten für rund 93 000 Bussen gesorgt. Hinzu kommen Übertretungen, die bei den fixen Radarkästen sowie den mobilen Kontrollen festgestellt werden. Diese Zahlen sind der regierungsrätlichen Antwort nicht zu entnehmen.
«Geblitzt» werde nicht aus fiskalischen Gründen, wie in der Antwort der Regierung auf Roths Vorstoss betont wird. Es gehe um die Verkehrssicherheit: «Leider hat die Zahl der Schwerverunfallten seit 2019 wieder zugenommen; 2023 sind auf Baselbieter Strassen sieben Personen gestorben und 69 Personen schwer verletzt worden.» Die Aufforderung, dass speziell im Baustellenbereich auf Autobahnen mehr kontrolliert wird, um die Sicherheit zu erhöhen, sei von der Nationalstrassen Nordwestschweiz AG gekommen, welche die Autobahnen auf dem Kantonsgebiet betreibt.
Radarstandorte sind bekannt
Gegen den Vorwurf, dass es sich bei den Geschwindigkeitskontrollen um «Geldmacherei» handelt, setzt sich die Baselbieter Regierung seit Jahr und Tag zur Wehr. Als Beweis dafür, dass es um die Verkehrssicherheit gehe, publiziert die Baselbieter Polizei seit einiger Zeit die Standorte der Radarkästen im Internet. So heisst es dort, dass aktuell an der Altmarktstrasse in Liestal, an der Oberwilerstrasse in Oberwil und an der Hauptstrasse in Ziefen jeweils eine der mobilen Anlagen steht. Fixe Anlagen gibt es laut Polizei auf der A2/A3 in Augst in Fahrtrichtung Basel, im A2-Arisdorftunnel in Richtung Bern/Luzern (Abschnittskotrolle) sowie an der Bottmingerstrasse in Binningen.
Allerdings wird von der Polizei darauf hingewiesen, dass alle Angaben im Internet «ohne Gewähr» seien. Tempokontrollen könnten überall und jederzeit stattfinden. Auch auf Gemeindestrassen, wo die zuständigen Gemeindeorgane für die Geschwindigkeitsüberwachung zuständig seien.