Ein grosser Abschreiber bei der BLKB
04.07.2025 BaselbietBankchefs kündigen nach Radicant-Misserfolg Abgang an
Knall bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB): Sie nimmt bei der Tochter Radicant einen gewaltigen Abschreiber vor. Gleichzeitig kündigen BLKB-CEO John Häfelfinger, Bankratspräsident Thomas Schneider sowie ...
Bankchefs kündigen nach Radicant-Misserfolg Abgang an
Knall bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB): Sie nimmt bei der Tochter Radicant einen gewaltigen Abschreiber vor. Gleichzeitig kündigen BLKB-CEO John Häfelfinger, Bankratspräsident Thomas Schneider sowie Radicant-VRP Marco Primavesi ihre Abgänge an.
sda./tho. Die BLKB nehme Wertberichtigungen in der Höhe von 105,5 Millionen Franken auf ihrer Beteiligung an der Radicant Holding AG vor, heisst es in einer Mitteilung vom Donnerstag. Wesentlich für die Anpassungen seien unvorhergesehene Problemstellungen bei der Integration des Treuhandgeschäfts der «Radicant Business Services» sowie eine zu hohe Kostenbasis.
Es sei zu Verzögerungen bei der Integration gekommen. Die unvorhergesehenen Probleme hätten sich unter anderem in tieferen Kundenzahlen, geringeren Erträgen und höheren Kosten im Treuhandgeschäft niederschlagen. Die Erwartungen an den Beitrag des physischen Treuhandgeschäfts zum Wachstum von Radicant hätten sich nicht erfüllt, und auch geplante Synergien zwischen der Radicant Bank und der «Radicant Business Services» liessen sich nicht wie vorgesehen realisieren.
Gewinnschwelle neu 2029
Die BLKB halte zwar an dem strategischen Investment fest, bewerte die Beteiligung an Radicant aufgrund der aktuellen Situation aber neu und plane «einschneidende» Massnahmen, heisst es weiter. Es kommt jetzt zu einem umfangreichen Kostenreduktions- und Effizienzprogramm, das aber nicht genauer beziffert wird.
Ausserdem gibt es Änderungen in der Governance und in der geschäftlichen Ausrichtung der Radicant-Gesellschaften. Radicant gehe neu davon aus, die Gewinnschwelle erst 2029 zu erreichen. Bislang war es das Ziel, dies im Zeitraum 2027/28 zu schaffen.
Die Wertberichtigungen werden den Angaben zufolge mit der Auflösung von Reserven für allgemeine Bankrisiken teilweise kompensiert. Auf Konzernebene rechnet die BLKB daher mit einem Halbjahresresultat auf Vorjahresniveau. Auch die Gesamtkapitalquote der Kantonalbank werde nahezu unverändert bleiben.
Weiterhin Diversifikation
Die Digitalbank soll der BLKB bei Retail- und sogenannten wohlhabenden «Affluent»-Kundinnen und -Kunden helfen: Die Radicant-Bank mit Sitz in Zürich soll sich mit ihrem Angebot auf Privatkunden sowie auf KMU im Banking, bei Finanzanlagen und in der Administration fokussieren. Mit Vertriebspartnerschaften und Kooperationen mit Unternehmen soll das Kundenwachstum beschleunigt werden.
Der Radicant-Verwaltungsrat wird um Matthias Kottmann, Leiter Geschäftsbereich Private Vermögensund Finanzberatung bei der BLKB, ergänzt. Radicant-Präsident Marco Primavesi wird dagegen sein Amt voraussichtlich Ende 2025 abgeben.
Auch die Chefs der Muttergesellschaft nehmen ihren Hut: In seinem neunten Jahr als Leiter der Geschäftsleitung werde CEO Häfelfinger die BLKB per Ende März 2026 verlassen. Der Prozess zur Neubesetzung soll noch im Sommer dieses Jahres gestartet werden.
Auch Thomas Schneider, der seit August 2018 als Präsident des Bankrats amtiert, habe sich entschieden, sein Amt per Mitte kommenden Jahres zur Verfügung zu stellen (siehe Interview).
Kritik aus der Politik
Die BLKB steht wegen ihrer Radicant-Expansionsstrategie bei Teilen der Baselbieter Politik massiv in der Kritik. Ein Komitee um SVP-Präsident Peter Riebli sammelt seit einiger Zeit Unterschriften für eine Initiative, die eine Konzentration der Bank im Besitz des Kantons aufs Kerngeschäft und auf die Region verlangt. Riebli gestern: «Die beiden angekündigten Rücktritte ändern nichts daran: Wir werden unsere Initiative am 14. August wie geplant einreichen.»
Und weiter: «Radicant kommt uns alle teuer zu stehen.» Die BLKB habe mit ihrer Expansionsstrategie pro Einwohner im Baselbiet bereits rund «500 Franken unwiederbringlich verbrannt». Insgesamt beliefen sich die Abschreiber wegen Radicant bisher auf gut 140 Millionen Franken. Riebli: «Ein zu teures Abenteuer. Kritische Geister haben schon vor Jahren erkannt, dass dieses Geschäftsmodell nie zum Fliegen kommt.» Falls die Initiative angenommen wird, werde solchen Geschäften künftig der Riegel vorgeschoben. Wie die «BaZ» gestern online schrieb, könnten Forderungen nach einer PUK oder nach einer Verantwortlichkeitsklage laut werden.