«Ein Gefühl, das man wieder haben möchte»

  06.11.2025 Bezirk Liestal

Die Tiba AG lanciert eine Neuauflage ihres legendären Holzherds

Seit dem 19. Jahrhundert produziert die Tiba AG Kochherde, die mit Holz befeuert werden – einst mehr als 20 000 Stück, heute noch etwa 500 pro Jahr. Demnächst kommt eine neue Generation des Herds auf den Markt, die mit modernster Technik ausgestattet ist.

Marianne Ingold

Ein Holzherd ist ein «Tiba-Herd». Wie beim «Kleenex» oder «Post-it» ist der Produktname zum Überbegriff für die Gattung geworden. Das hängt unter anderem mit der ausgeprägten Langlebigkeit der Tiba-Herde zusammen: «So ein Herd ist kaum totzukriegen», bringt es CEO Lukas Bühler auf den Punkt. Eine Betriebsdauer von 40 Jahren und mehr sei keine Seltenheit. «Die Kundinnen und Kunden kommen in der Regel einmal zu uns und dann lange nicht mehr.» Was Besitzer eines Tiba-Herdes sehr schätzen, ist für die Herstellerfirma eine Herausforderung: «Es gibt kaum ein anderes Produkt, bei dem die Erwartung besteht, es müsse auch nach 30 Jahren repariert werden können», sagt Bühler. Aktuell sind noch Ersatzteile für Modelle aus dem Jahr 1978 an Lager.

Die laufende Serie des Tiba-Herds ist bereits seit 1980 auf dem Markt. Im Jahr 2004 wurde sie überarbeitet und seither gab es nur kleinere Anpassungen. 2024 entschied sich die Tiba AG, eine komplett neue Herd-Generation zu entwickeln, unter anderem, weil heute andere Anforderungen bezüglich Emissionen und Bedienungskomfort bestehen. Insgesamt dauert der Prozess von der Idee bis zur Markteinführung etwa anderthalb Jahre und umfasst den Bau von Prototypen, Tests im Labor, die Zertifizierung durch eine Prüfstelle, die Erstellung von Fotos, Katalog, Gebrauchsanweisungen und Sicherheitsbestimmungen sowie die Information der Fachhändler.

Der neue Tiba-Herd wird ab Anfang kommenden Jahres erhältlich sein. Es gibt ihn in einer modernen Ausführung, aber auch in einer Retro-Version mit Füssen und nostalgischen Griffen. Bei beiden besteht das Innenleben aus modernster Technik. Unter anderem ist ein Katalysator eingebaut: Ein etwa backsteingrosses Stück poröse, mit Platin überzogene Schaumkeramik bindet dabei das Kohlenmonoxid (CO), das bei Verbrennungsprozessen entsteht. In der Verbindung mit Sauerstoff wandelt sich das Kohlenmonoxid in Kohlendioxid (CO2) um, das wieder von Bäumen aufgenommen werden kann.

Backtest im Labor
Der Emissionswert jedes Tiba-Produkts wird im eigenen Labor getestet – ebenso die Effizienz, also der Anteil der im Holz gespeicherten Energie, der beim Verbrennungsprozess genutzt wird, die Oberflächentemperaturen und die Sicherheit. Grundlage für die Tests sind international geltende Normen. Für Herde schreibt die Norm vor, dass 2 Liter Wasser innerhalb von 15 Minuten zum Kochen gebracht und Shortbread-Kekse nach einer genauen Vorgabe gebacken werden müssen.

Das fertige Gebäck wird mit einer Farbkarte verglichen: «Es soll überall dieselbe Farbe haben. So ist eine gleichmässige Backleistung garantiert», erläutert CEO Lukas Bühler. Sind die hauseigenen Tests zufriedenstellend ausgefallen, geht das Produkt an eine akkreditierte Prüfstelle für Holzfeuerungen. «Diese macht nochmals alle Tests und erstellt den offiziellen Prüfbericht. Ohne diesen verkaufen wir keine Produkte», betont Bühler.

Mitte des 20. Jahrhunderts stellte Tiba mehr als 20 000 Herde pro Jahr her, heute sind es noch etwa 500. Während der Corona-Pandemie sei diese Zahl wieder etwas gestiegen, sagt Bühler. «Aber sie wird nie wieder so hoch werden wie früher.» Gekauft werden Tiba-Herde fast ausschliesslich von Menschen, die sie bereits kennen: «Es ist ein Gefühl, das man wieder haben möchte», erläutert Bühler. Das Alter spiele dabei keine Rolle: «Wir haben auch viele jüngere Kunden, die ein Haus bauen. Ausschlaggebend ist die eigene Erfahrung.»

Den Hauptanteil der Verkäufe macht der Ersatz von bestehenden Herden aus. Deshalb haben Tiba-Herde immer dieselben Masse und Anschlüsse. Ansonsten sind sie frei konfigurierbar und können auch mit einem Kachelofen verbunden werden. Ein Grund, weshalb weniger Holzherde nachgefragt werden, ist die Verlagerung hin zu Kamin- und Speicheröfen, die Tiba ebenfalls produziert. Auch eine Sauna oder ein Whirlpool stehen bei begrenztem Budget in Konkurrenz zum Holzherd, der zwischen 3000 und 10 000 Franken kostet.

Heizungen statt Herde
Zur Kompensation hat die Tiba AG unter dem Motto «natürliche Energie und Wärme» in den vergangenen Jahrzehnten zusätzliche Geschäftsbereiche auf- und ausgebaut: Neben Speicher- und Kaminöfen sind das vor allem Heizsysteme, die heute fast 50 Prozent des Umsatzes ausmachen. Dazu gehören Holzheizungen, Photovoltaik-Anlagen und Wärmepumpen. Auch hier spielen die Herde aber eine wichtige Rolle: Weil sie so lange halten, gibt es noch etwa 200 000 davon in der Schweiz. «Diese Kundenbasis können wir auch für andere Angebote gewinnen», sagt Lukas Bühler.

Mit ihren Heizsystemen ist Tiba schweizweit unterwegs und betreibt Niederlassungen im Wallis, im Tessin und in St. Gallen. Tiba-Herde und -Öfen dagegen werden nicht selbst, sondern von Ofenbauern installiert. Deren fehlender Nachwuchs bereitet Lukas Bühler Sorgen. Deshalb plant Tiba ab dem kommenden Jahr eine Verbundlehre in Zusammenarbeit mit regionalen Ofenbaubetrieben.

Auch für kommerzielle Kunden bietet Tiba Lösungen an: Die Liestaler Bäckerei Ziegler backt seit Kurzem Holzofenbrot in zwei alten Brotbacköfen, die von Tiba auf Pelletbrenner mit moderner Steuerung und Timer umgestellt wurden. Eine Kuriosität schliesslich ist der Export von Öfen und Heizungen nach Japan, seit eine japanische Delegation nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima verschiedene europäische Hersteller von Alternativenergien besuchte, darunter die Tiba AG.


Von der Webstuhl-Werkstatt zum Energieanbieter

min. Der Firmenname Tiba steht für «Titterten Baselland». 1848 gründete die Familie Schweizer in Titterten eine mechanische Werkstätte für Webstühle. Später stellte sie auf die Produktion von Holzherden um, die im 20. Jahrhundert florierte. In den 1940er-Jahren wurde der Firmensitz nach Bubendorf verlagert. 2016 übernahm die Tiba AG das Tonwerk Lausen als Produzentin von Speicher- und Cheminéeöfen. 2022 bezog sie einen Minergie-Neubau in Liestal, nachdem sie ihr sanierungsbedürftiges Firmengelände in Bubendorf an die Bachem verkaufen konnte.
Die Tiba AG ist in der 9. Generation familiengeführt. 1997 übernahm Lukas Bühlers Vater die Firma von der Gründerfamilie Schweizer. Der heutige CEO studierte Kommunikationswissenschaft, Betriebswirtschaft und Umweltwissenschaften, bezeichnet sich als technisch sehr interessiert und leitet die Firma seit 2012. Diese beschäftigt derzeit knapp 100 Personen, davon mit dem Aussendienst etwa 60 in Liestal, die restlichen in den Niederlassungen. Wegen sinkender Exportzahlen bei den Öfen wurden kürzlich sechs Stellen abgebaut (die «Volksstimme» berichtete).


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