«Echte Kerzen am Baum sind die Ausnahme»
19.12.2025 PersönlichFeuerwehrkommandant Reto Hartmann spricht im Interview über den Feuerwehralltag in Bretzwil, über Einsätze rund um Weihnachten und darüber, wie moderne Technik zur Brandverhütung beiträgt.
André Frauchiger
Herr Hartmann, ...
Feuerwehrkommandant Reto Hartmann spricht im Interview über den Feuerwehralltag in Bretzwil, über Einsätze rund um Weihnachten und darüber, wie moderne Technik zur Brandverhütung beiträgt.
André Frauchiger
Herr Hartmann, wie ist die Feuerwehr Bretzwil organisiert?
Reto Hartmann: Wir verfügen über insgesamt vier Alarmgruppen. Zur ersten gehören die sechs verantwortlichen Feuerwehroffiziere. Geht ein Alarm über die Einsatzleitzentrale in Liestal ein, übernimmt jener Offizier die Einsatzleitung, der sich am schnellsten via Polycom-Funkgerät – dem Sicherheitsfunknetz der Schweiz – zurückmeldet. Daneben gibt es drei weitere Trupps mit je zehn Feuerwehrleuten. Je nach Ereignis werden eine, zwei oder alle drei Gruppen aufgeboten. Reichen unsere 30 Leute nicht aus, werden zusätzlich der Feuerwehrverband Wasserfallen mit Reigoldswil und Lauwil sowie die Stützpunktfeuerwehr Liestal beigezogen. So haben wir innert kurzer Zeit eine schlagkräftige Truppe zusammen.
Bretzwil zählt also 30 eigene, nebenamtliche Feuerwehrleute?
Ja. Auch für Nachwuchs ist gesorgt: Aktuell haben wir sechs Rekruten. Nach der Grundausbildung an der «International Fire Academy» in Balsthal werden sie ins Alarmkonzept integriert.
Reicht diese Mannschaftsstärke aus?
In der Regel ja. Die meisten Einsätze können wir mit der eigenen Mannschaft bewältigen. Bei aussergewöhnlichen Unwetterlagen oder bei Waldbränden benötigen wir jedoch zusätzliche Unterstützung. Dann kommt in erster Linie die Nachbarschaftshilfe über den Feuerwehrverbund Wasserfallen zum Zug, bei Bedarf auch die Stützpunktfeuerwehr Liestal. Bei Verkehrsunfällen mit eingeklemmten Personen oder zum Beispiel bei einem Dachstuhlbrand ist automatisch die Stützpunktfeuerwehr zuständig. Denn diese verfügt über spezielle Drehleitern oder Hubretter – das sind Fahrzeuge mit Personen-Kanzeln.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Nachbarfeuerwehren?
Sehr gut. Die Feuerwehr Bretzwil ist eigenständig, arbeitet tagsüber aber eng mit Lauwil und Reigoldswil zusammen. Im Tagespikett sind rund 20 Feuerwehrleute eingeteilt, die im Dorf arbeiten und kurze Wege ins Depot haben. Nachts ist Bretzwil grundsätzlich auf sich allein gestellt, da genügend Feuerwehrleute im Dorf wohnen. Bei Bedarf wird aber auch dann der Feuerwehrverbund beigezogen. Das funktioniert einwandfrei.
Wie schnell sind Ihre Einsatzkräfte im Ernstfall vor Ort?
Sehr schnell. Die ersten Feuerwehrleute sind oft bereits nach ein bis zwei Minuten im Magazin, um sich umzuziehen. Besonders dankbar bin ich den Feuerwehrleuten, die beruflich im Dorf tätig sind – vor allem Landwirte und Mitarbeitende lokaler KMU. Ohne sie wäre eine so rasche Einsatzbereitschaft nicht möglich.
Die Gemeinde investiert jährlich rund 60 000 Franken in die Feuerwehr. Reicht das aus?
Ich bin der Meinung: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Wir müssen effizient wirtschaften und die Feuerwehr wie einen KMU-Betrieb führen. Neue Fahrzeuge sind technisch deutlich komplexer und in der Wartung kostspieliger. Umso wichtiger ist der Werterhalt unseres bestehenden Fahrzeugparks. Ältere Fahrzeuge werden weniger intensiv genutzt und halten entsprechend länger. Bei notwendigen Investitionen bin ich überzeugt, dass uns die Gemeinde unterstützt.
Ist die Eigenständigkeit der Feuerwehr Bretzwil langfristig gesichert?
Stand heute ja. Für die Zukunft kann ich mich aber nicht festlegen. Steigende Anforderungen, Bürokratie, fehlende Feuerwehrleute sowie zunehmende technische und rechtliche Komplexität stellen Herausforderungen dar. Unser primäres Ziel ist es, den Auftrag für die Bevölkerung auch künftig zu erfüllen – sei es eigenständig, durch Kooperationen oder andere Lösungen. Wir sind offen für Neues, wenn es sinnvoll ist. Mein Dank gilt der Gemeinde, der Bevölkerung sowie den Feuerwehrleuten und ihren Familien für die kontinuierliche Unterstützung.
Welche Einsätze prägten die vergangenen Jahre?
Zum Glück hatten wir keine grösseren Brände. Es gab einzelne Schwelbrände, Akku- oder Flurbrände aufgrund von Trockenheit. Diese Ereignisse waren jeweils gut zu bewältigen und verursachten keine grossen Schäden. Moderne Technik wie Fehlerstromschutzschalter trägt viel zur Prävention bei – auch in landwirtschaftlichen Betrieben.
Unterscheidet sich der Feuerwehrdienst an Weihnachten und über den Jahreswechsel?
Nein. Die Einsatzbereitschaft ist auch an den Feiertagen gewährleistet. Dank einer App sieht der Aufbietende sofort, wer ausrückt, wer später eintrifft oder wer nicht verfügbar ist. Alle relevanten Informationen werden zusätzlich auf einem Bildschirm im Feuerwehrmagazin angezeigt. Das verlangt viel Eigenverantwortung. Es ist heute nicht mehr selbstverständlich, seine Freizeit für Einsätze bei Tag und Nacht zur Verfügung zu stellen.
Wie schätzen Sie den Umgang mit Weihnachtsbaumkerzen ein?
Ich gehe davon aus, dass nur noch rund 20 Prozent der Haushalte echte Kerzen verwenden. Weitere 20 Prozent setzen auf Glühbirnen, der überwiegende Teil nutzt LED-Leuchten.
Zur Person
fra. Reto Hartmann ist 39 Jahre alt und seit Anfang dieses Jahres Kommandant der Feuerwehr Bretzwil. Bereits seit 18 Jahren gehört er «seiner» Feuerwehr an und glaubt an eine Zukunft der eigenständigen örtlichen Feuerwehr. Von Beruf ist Hartmann Elektromonteur, selbstständig und führt in Bretzwil einen KMU-Betrieb.

