Dusche für heisse Schienen Olten
11.07.2025 BaselbietDie SBB sind auf Hitzeperioden vorbereitet
Sommer werden heisser, die Herausforderungen für das Schweizer Bahnnetz wachsen. In Olten zeigen die SBB, wie sie Hitzeperioden technisch und personell meistern, wenn sich Gleise bis zu 60 Grad aufheizen und verwerfen.
...Die SBB sind auf Hitzeperioden vorbereitet
Sommer werden heisser, die Herausforderungen für das Schweizer Bahnnetz wachsen. In Olten zeigen die SBB, wie sie Hitzeperioden technisch und personell meistern, wenn sich Gleise bis zu 60 Grad aufheizen und verwerfen.
Melanie Frei
Kein Alarm, keine Einsätze, kein Druck: ein guter Moment, um hinter die Kulissen zu blicken. Im Fokus des gestrigen Medienanlasses standen hitzebedingte Gleisverschiebungen – sogenannte Gleisverwerfungen bei einer Verschiebung von mehr als 5 Zentimetern zur Seite.
Eric Emmenegger, Fachbereichsleiter Fahrbahn Region Mitte, kennt die kritischen Stellen im Netz. Gemeinsam mit rund 200 Mitarbeitenden – vor allem Gleisbauerinnen und Gleisbauern – ist er für Zustand und Stabilität der Schienenanlagen verantwortlich. Dazu gehören präventive Instandhaltung, Kontrollen an Hotspots und Einsätze bei Störungen wie Gleisverwerfungen. Diese Verformungen treten zum Beispiel bei alten Gleisen oder nach Bauarbeiten auf, wenn das Gleis noch nicht eingefahren ist – oder eben bei grosser Hitze. «Unsere Schienen sind durchgängig verschweisst», erklärt Emmenegger. «Zwischen Bahnhof A und B – sofern keine Weiche oder Brücke unterbricht – verläuft ein einziges, kontinuierliches Gleisprofil.» Im Sommer erreicht die Schiene bis zu 60 Grad, im Winter minus 10 – entsprechend gross sind die Kräfte im Material.
Normalerweise werden diese Kräfte vom Schotterbett aufgefangen. Doch wenn dieses instabil ist, etwa nach Bauarbeiten, kann es nachgeben. Besonders in engen Kurvenradien, wo die Spannungen verstärkt nach aussen wirken, kann es dann zu einer Gleisverwerfung kommen.
Um das zu verhindern, setzen Emmenegger und sein Team gezielte präventive Massnahmen um: In Kurvenbereichen wird das Schotterbett verstärkt, seitlich zusätzliches Material eingebracht, Schwellenbefestigungen kontrolliert und bei Bedarf ersetzt. «Ein gut gebautes und gepflegtes Gleis zeigt im Regelfall keine Verwerfungen – selbst bei grosser Hitze», sagt Emmenegger. Eine aktive Kühlung der Gleise als Prävention erfolgt nicht. Der Aufwand wäre zu gross, der Nutzen zu gering. Gekühlt wird nur im akuten Störungsfall – und auch dann nur lokal.
Feuerwehr auf Schienen
Wird eine Verwerfung festgestellt – etwa durch einen Lokführer, der eine Verschiebung sieht oder spürt – informiert er die Betriebszentrale. Zunächst wird die Situation beurteilt und die betroffene Strecke vermessen. Ab einer Verschiebung von 5 Zentimetern wird das Gleis gesperrt, um die Sicherheit zu gewährleisten.
Die Verantwortung liegt bei Eric Emmenegger und seinem Team. Sie führen die Beurteilung und Planung der Reparatur durch, leiten die nächsten Schritte ein – und geben die Einsätze vor Ort an weitere Einheiten weiter. Unterstützt wird Emmeneggers Team vom Interventionsteam der SBB, das in Olten von Simon Fürst geleitet wird. Sie rücken dann aus, wenn es im wahrsten Sinne des Wortes irgendwo brennt. Wenn Fahrzeuge abgeschleppt, Personen evakuiert werden müssen, oder wenn es Entgleisungen gibt.
Sie bringen den Lösch- und Rettungszug (LRZ) mit – ein schweres Spezialfahrzeug, das unter anderem bis zu 45 000 Liter Wasser an Bord hat. Über Düsen können bei Bedarf bis zu 350 Liter pro Minute auf Gleis und Schotter aufgebracht werden. Die Intervention unterstützt also bei der Sicherung der Lage – etwa durch das Herunterkühlen der Schiene auf die sogenannte Neutraltemperatur von 25 Grad Celsius. Dafür verwenden sie Wärmebildkameras.
Reparaturen erfolgen meist in der Nacht. Zunächst wird die Schiene an mehreren Stellen aufgetrennt, um sie zu entlasten. Danach bringen die Gleismonteurinnen und -monteure das Gleis wieder in die richtige Geometrie, befestigen es provisorisch mit Laschen und verdichten das Schotterbett neu. Erst wenn die Neutraltemperatur von 25 Grad erreicht ist, kann wieder verschweisst werden. Für die Abkühlung kommt ein weiterer Wassertankwagen zum Einsatz – das Modell in Olten ist zwar über 60 Jahre alt, funktioniert aber noch einwandfrei. Unter dem Wagen verläuft ein einfacher Wasserbalken, der die Schienen und den Schotterbereich gezielt benetzt.
Ob die Reparatur innerhalb einer Nacht abgeschlossen werden kann, hängt von Ausmass und Temperatur ab. «Im besten Fall ja – wenn nicht, verlängern wir den Einsatz.»
Gleisverwerfungen sind selten: Drei bis sieben Fälle pro Jahr verzeichnen die SBB schweizweit – bei mehr als 3000 Kilometern Streckennetz. Dennoch betreibt der Bereich Fahrbahn grossen Aufwand zur Prävention. Unter anderem werden Hotspots regelmässig kontrolliert und Streckenläufer laufen die Gleise ab. «Dass eine Verwerfung unbemerkt bleibt, ist praktisch ausgeschlossen», sagt Emmenegger. «Und falls doch – spätestens der Lokführer, der täglich seine Strecke fährt, erkennt kleinste Veränderungen. Er sieht es. Er spürt es.»