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27.11.2025 BaselbietPflegeausbildung mithilfe von «Virtual Reality»
Als eines der ersten Spitäler in der Schweiz setzt das Kantonsspital Baselland ab 2026 in der Pflegeausbildung «Virtual Reality» (VR) ein. Mit speziellen Brillen können Lernende und Studierende komplexe ...
Pflegeausbildung mithilfe von «Virtual Reality»
Als eines der ersten Spitäler in der Schweiz setzt das Kantonsspital Baselland ab 2026 in der Pflegeausbildung «Virtual Reality» (VR) ein. Mit speziellen Brillen können Lernende und Studierende komplexe Pflegesituationen trainieren.
Brigitte Keller
Im ersten Moment hätte man meinen können, man betrete ein Partylokal, wo gleich ein angesagter DJ die neusten «Platten» auflegen würde. Kommt man in den grossen Raum, der sich zuoberst im Hochhaus auf dem Areal des Bruderholzspitals befindet, stechen zuerst die grossen bunten Graffitis an den Wänden ins Auge, gestaltet vom Bottminger Künstler Stefan Buser alias «BustArt». Danach geht der Blick zu den beiden Tischen, die auf je einer Seite des Raums stehen. Auf jedem dieser Tische stehen jeweils drei Sets mit «Virtual-Reality»-Brillen sowie Tablets bereit. Ansonsten befinden sich nur noch ein paar gemütliche Sitzkissen verteilt im Raum.
Die Gruppe an Leuten, die sich an diesem Ort eingefunden hat, ist jedoch nicht zum Sitzen und «Chillen» gekommen, sondern zur Präsentation und zum Ausprobieren der neuen «Virtual-Reality»-Technologie, die ab Anfang nächsten Jahres in der Pflegeausbildung im KSBL zum Einsatz kommt. «Willkommen in diesem Raum, wo Kunst, Technologie und Pflege auf eine Art zusammenfinden, wie es sie so im schweizerischen Gesundheitswesen bis heute noch nicht gegeben hat.» Mit diesen Worten hiess Cornelius-Monroe Huber, «Chief Nursing Officer» (CNO) und Mitglied der Geschäftsleitung KSBL, die Anwesenden willkommen. Der neue Ausbildungsraum trägt den Namen «VivaRis».
Mit der VR-Technologie lernen Auszubildende in einer praxisnahen, aber sicheren Umgebung alltägliche Pflegesituationen. Ob Reanimation, Körperpflege oder Kommunikation mit Patienten; verschiedenste Szenarien lassen sich risikofrei trainieren, wiederholen und reflektieren. Fehler dürfen passieren, ohne dass jemand gefährdet ist. «Learning by Experiencing» nennt sich dieses Prinzip, das nachhaltiges Lernen und Handlungssicherheit gleichermassen fördert und das bestehende Bildungskonzept der Pflege ergänzt. Das in der VR-Umgebung ebenfalls abrufbare interaktive Anatomieprogramm unterstützt die Auszubildenden beim Lernen der menschlichen Anatomie.
Probieren geht über Studieren
Nach ein paar Worten von Mandy Jahn, Leiterin Aus- und Weiterbildung Pflege und Berufsbildungsverantwortliche AGS/FaGe, bekamen die Anwesenden demonstriert, was mit der neuen Technologie möglich ist. Auf einem grossen Bildschirm konnten alle mitverfolgen, was die gerade handelnde Person sieht.
Während Jahn, ausgestattet mit einer der VR-Brillen und einer Art «Joystick» in jeder Hand, ein virtuelles Patientenzimmer betritt, nennt Jörg Zöllin, Fachverantwortlicher Pflegedigitalisierung am KSBL, ein paar mögliche Anweisungen zu denkbaren Pflegesituationen und gibt die nötigen Erklärungen dazu ab. Und auch im virtuellen Spitalzimmer gilt: Handschuhe an- und ausziehen nicht vergessen.
Im Anschluss konnten die Gäste, jeweils zusammen mit einer der anwesenden Berufsbildnerinnen, eine VR-Brille aufsetzen und die Technologie «am eigenen Leib» ausprobieren. Die Autorin des Artikels unternahm mittels des interaktiven Anatomieprogramms einen – zugegebenermassen etwas holprigen – Spaziergang durch den menschlichen Körper, liess sich Nervenbahnen, Knochen und Muskeln zusammen und einzeln als Hologramm zeigen und fand sich mit einer Handbewegung mitten im virtuellen Verdauungstrakt wieder …
Das Setzen von Spritzen kann beispielsweise eine der Handlungen sein, mit denen sich Auszubildende anfangs schwertun. Ab sofort ist es möglich, dies so oft wie nötig an der virtuellen Patientin respektive dem virtuellen Patienten zu üben. Ab Anfang 2026 ist für alle Auszubildenden ab dem zweiten Lehrjahr ein halber Tag pro Monat Training mit der neuen Technologie vorgesehen. Bei besonderen Bedürfnissen können dazwischen auch einzelne Trainingsstunden wahrgenommen werden.
Das Projekt, realisiert als Teil der nationalen Ausbildungsoffensive, hat das Ziel, die Pflegeausbildung praxisnäher, moderner und nachhaltiger zu gestalten und die Attraktivität des Pflegeberufs langfristig zu stärken. «Mit der systematischen Einführung von virtueller Realität in der Pflegeausbildung setzt das KSBL einen neuen Standard, nicht als technisches Experiment, sondern als ernsthafte didaktische Chance», erklärte CNO Huber.
Das KSBL präsentiert sich bis diesen Sonntag, 30. November, an der Berufsschau in der St. Jakobshalle Basel.

