Die Spinnen, die Vögel!
09.09.2025 PersönlichHundemensch oder Katzenmensch? In diese beiden Kategorien seien Menschen einzuteilen. Wie bei den Coop- oder Migroskindern, den Frühaufstehern oder Nachteulen, den Tee- oder Kaffeetrinkerinnen, den Appleoder Microsoft-Fans (gibt’s die noch?) sowie den Messi- oder Ronaldo-Verehrern ...
Hundemensch oder Katzenmensch? In diese beiden Kategorien seien Menschen einzuteilen. Wie bei den Coop- oder Migroskindern, den Frühaufstehern oder Nachteulen, den Tee- oder Kaffeetrinkerinnen, den Appleoder Microsoft-Fans (gibt’s die noch?) sowie den Messi- oder Ronaldo-Verehrern (Fügen Sie je nach Generation Puskas, Pele, Beckenbauer, Maradona, Cruyff oder Zidane ein!) gibt es wohl auch bei den Haustier-Typen Graubereiche. Aber ich stelle eher die Frage: Haustier-Person oder nicht? Ich bin wohl keine.
Meine Grosseltern väterlicherseits hatten einmal einen Hund. Spätestens seit einem Biss in die Hand – durch einen anderen Hund – war mein Vater Hunden gegenüber aber immer negativ eingestellt. Die Eltern meiner Mutter haben gar Hunde gezüchtet. Ich fand es immer schön, die Tiere in Anwesenheit meiner Grosseltern zu streicheln, aber alleine traute ich den Wachhunden nicht über den Weg. Vom Biss eines anderen Hunds aus der Verwandtschaft habe ich heute noch eine kleine Narbe an der Backe. Ein Hundehasser bin ich deshalb nicht geworden – aber auch kein Katzenliebhaber, obwohl solche Tiere in meiner Kindheit zum Haushalt stiessen.
Ich habe es jeweils gemocht, dass die Katzen im Haus waren, wenn sie nicht gerade ihr verdautes Essen über den Boden verteilten oder an sämtliches Mobiliar markierten. Aber je älter ich werde, desto weniger kann ich mit Katzen anfangen. Von der ökologischen Sinnhaftigkeit ihrer Haltung bis zur emotionalen Nähe zu einem Tier, dessen Ableben ich sehr wahrscheinlich verarbeiten müsste oder das sogar von meiner Entscheidung beim Tierarzt abhängen könnte – alles nicht erstrebenswert.
Seit ich in einem Haus mit Garten und Sandkasten wohne, wird meine Liebe – oder mindestens Gleichgültigkeit – gegenüber Katzen auf immer härtere Proben gestellt. Ich decke den unförmigen Sandkasten so gut wie möglich ab, wenn ich es nicht gerade vergesse. Die raue Menge an Tierfäkalien, die ich dennoch aus dem Sand siebe, bleibt beeindruckend.
Noch viel schwieriger geworden ist es für mich, seit ich doch «Haustiere» für mich entdeckt habe: Die Vögel, die an unserem Haus nisteten, haben mir riesige Freude gemacht. Als dann ausgerechnet die Katze meiner Mutter – das Nachnachnachnachfolgemodell unserer früheren Mitbewohner – Hausrotschwanz-Vater Hansruedi gekillt hat, musste ich mich sehr beherrschen, um dem «Vyych» nicht einen unfreundlichen Besuch abzustatten.
Seit diesem Sommer weiss ich nun zumindest: Ich mag unsere Tiere. Also jene, die von alleine kommen, die ich nicht einsperren muss, die sich nicht streicheln lassen und für die keine moralischen Entscheidungen über Medikationen und lebenserhaltende Massnahmen anstehen. Statt Hundeblick und Katzenjammer lieber der Gesang der Vögel, das Scharren des Igels und die Fadenkunstwerke der Spinnen. Ich bin wohl keine Haustier-Person, aber vielleicht eine Tier-am-Haus-Person.
Sebastian Wirz, Sportredaktor «Volksstimme»