«Die Schuldenbremse steht über der Sicherheit unseres Landes»
20.11.2025 Bezirk LiestalStänderat Werner Salzmann (SVP) beklagt Zögern in Bundesbern
Bundesrat und Parlament hätten den Ernst der Lage noch immer nicht erfasst und handelten zu zögerlich: Das sagte Ständerat Werner Salzmann (SVP) bei einem Auftritt in Liestal. Der Berner Oberst wirbt ...
Ständerat Werner Salzmann (SVP) beklagt Zögern in Bundesbern
Bundesrat und Parlament hätten den Ernst der Lage noch immer nicht erfasst und handelten zu zögerlich: Das sagte Ständerat Werner Salzmann (SVP) bei einem Auftritt in Liestal. Der Berner Oberst wirbt dafür, dass die Schweizer Armee wieder «voll verteidigungsfähig» wird.
Paul Aenishänslin
Ständerat Werner Salzmann (SVP, Bern) ist einer der einflussreichsten Sicherheitspolitiker des Landes. Am Montagabend war er zu Gast bei der Infanterievereinigung Baselland in Liestal. Als Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats und Oberst im Heeresstab sprach der 63-Jährige ausführlich über die Hürden, die einer «Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit» der Schweizer Armee im Weg stehen.
Mit einem Sollbestand von 100 000 Angehörigen könne die Armee heute nicht mehr leisten, was von ihr erwartet werde, so Salzmann. «Man hätte niemals all die Kürzungen vornehmen sollen, die seit dem Ende des Kalten Kriegs 1989 stattgefunden haben.» Nicht weniger als 24 Waffensysteme müssten ersetzt werden – Kostenpunkt rund 40 Milliarden Franken. Hinzu komme ein Rekrutierungsengpass, weil viele junge Männer den Zivildienst wählten. Eine Annahme der Servicecitoyen-Initiative würde das Problem nach seiner Einschätzung noch verschärfen.
Zwar existiert mit dem «Zielbild 2030» eine strategische Orientierung für die Armee, doch der Bundesrat hat dieses bisher nicht abgesegnet. «Der Landesregierung fehlt die Gesamtsicht, alle Mitglieder denken nur in ihren Departementen», kritisierte Salzmann.
Zugleich laufen wichtige Beschaffungsprogramme, beispielsweise für ein bodengestütztes Luftverteidigungssystem oder 36 Kampfjets. Der Flugzeugtyp «F-35A» sei alternativlos, da er das einzige einsatzfähige Flugzeug der fünften Generation sei und über Fähigkeiten verfüge, die deutlich über jene des «Rafale» oder des «Eurofighter» hinausgingen, so Salzmann. Irritiert zeigte sich der Sicherheitspolitiker darüber, dass die Schweiz 25 «Panzer 87» an Deutschland verkauft habe, obwohl im Zielbild ein Bestand von mehr als 200 Stück vorgesehen sei.
Trotz der laufenden Programme fehle noch vieles, um die Armee wieder voll verteidigungsfähig zu machen. Salzmann nannte etwa eine Erhöhung der Truppenstärke sowie die Beschaffung ausreichender Munitionsvorräte für die gesamte Armee, nicht nur für die Rekrutenschulen. Ein weiterer zentraler Punkt sei die Anpassung des Kriegsmaterialgesetzes, das heute die Wiederausfuhr von Rüstungsgütern sehr restriktiv regle und die Existenz der Schweizer Rüstungsindustrie gefährde.
Woher soll das Geld kommen?
Kritisch äusserte sich Salzmann zudem zum politischen Hin und Her um das Ziel, die Verteidigungsausgaben auf 1 Prozent des BIP zu erhöhen. 2022 wurde das Zieljahr 2030 festgelegt, 2023 vom Bundesrat auf 2035 verschoben und 2024 vom Parlament wieder auf 2032 vorgezogen. «Diese Unsicherheit ist nicht vereinbar mit einer seriösen längerfristigen Planung», so Salzmann.
Der Investitionsbedarf der Armee belaufe sich in den kommenden Jahren auf rund 100 Milliarden Franken – 40 Milliarden für den Ersatz auslaufender Waffensysteme, 10 Milliarden für Munitionsreserven und 50 Milliarden für den Ausbau der Durchhaltefähigkeit. Das heutige Jahresbudget von rund 6 Milliarden Franken reiche nicht aus; allein der laufende Betrieb koste etwa 4 Milliarden. Eine spürbare Budgeterhöhung oder eine Sonderfinanzierung scheiterten jedoch am Primat der Schuldenbremse. «Die Schuldenbremse steht über der Sicherheit», beklagte Salzmann. Einsparpotenzial sieht er unter anderem bei der Entwicklungshilfe und im Asylbereich.
Die grössten Hürden ortet der SVP-Ständerat beim Bundesrat, der der Schuldenbremse Vorrang gebe und dem Parlament keine mutigen Anträge zur Erhöhung des Verteidigungsbudgets unterbreite. Auch wichtige Projekte im VBS seien nicht auf Kurs, was das Vertrauen im Bundesrat schwäche. Das Parlament wiederum handle zu zögerlich und unterschätze den Ernst der Lage angesichts des Kriegs in der Ukraine und des Verhaltens Russlands. Salzmann will den Bundesrat daher zu einer umfassenden sicherheitspolitischen Lagebeurteilung verpflichten.

