Die EU und der Kampf um den Regierungssitz
17.10.2025 BaselbietDie Kandidierenden zu Europa und den Bilateralen III
Ein Podium zeigte auf, wie die Kandidierenden für den frei werdenden Sitz im Baselbieter Regierungsrat die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union beurteilen. Und wie sie die Bilateralen III sowie die Situation des Kantons ...
Die Kandidierenden zu Europa und den Bilateralen III
Ein Podium zeigte auf, wie die Kandidierenden für den frei werdenden Sitz im Baselbieter Regierungsrat die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union beurteilen. Und wie sie die Bilateralen III sowie die Situation des Kantons und der Schweiz einschätzen.
Daniel Aenishänslin
Das Baselbiet grenzt an Deutschland und Frankreich und damit an die Europäische Union (EU). Das bekamen am Mittwoch jene drei zu spüren, die für die Nachfolge der Baselbieter Bildungsdirektorin Monica Gschwind (FDP) kandidieren. Journalist und Autor Thomas Dähler leitete das Podium im Liestaler Gasthaus Kaserne. Geladen hatten die Europäische Bewegung Schweiz sowie die Operation Libero.
Thomas Dähler rückte die Bilateralen III ins Zentrum, über die wohl 2027 abgestimmt wird. Er fragte: «Soll die Baselbieter Regierung dazu Stellung nehmen?» Was für die kandidierende SVP-Landrätin Caroline Mall aus Reinach «nicht zwingend nötig» ist, ist für die grünliberale Landrätin Sabine Bucher aus Sissach «selbstverständlich». Das Baselbiet liege schliesslich an der Grenze zur EU. «Besser als Mauern an der Grenze ist eine Zusammenarbeit.» Bucher ging sogar so weit, dass sich das Baselbiet in Bern dafür starkmachen müsse: «Wir sind ein Innovationsstandort.» Diesen gelte es zu stärken und zu fördern.
Als Grenzkanton betroffen
Der freisinnige Arlesheimer Gemeindepräsident Markus Eigenmann sagte: «Der Regierung würde es gut anstehen, wenn sie sich dazu äussern würde.» Allerdings aus Sicht des Kantons, nicht aus politischer Perspektive. Er wünsche sich eine sachliche Analyse, was die Bilateralen III für das Baselbiet bedeuten würden. «Wir sind ein Grenzkanton, betroffen vom Land- und Luftverkehrsabkommen», erklärte er, «und als Schnittstelle im europäischen Stromnetz auch betroffen vom geplanten Stromabkommen.»
Der Entscheid an der Urne über die Bilateralen III könnte einen Einfluss auf das Baselbieter Gewerbe haben, brachte Dähler ein. «Wie es mit Amerika weitergeht, ist sehr unsicher, also müssen wir weiterhin mit Europa einen guten Handel pflegen», antwortete Bucher. 60 Prozent der Exporte gingen nach Europa. Das betreffe viele Baselbieter Zulieferfirmen. Eigenmann konstatierte: «Auf jeden Fall spielt das eine Rolle. Besonders für kleinere Firmen, weil sie sich schlechter anpassen können.»
Mall gab sich zurückhaltender. Die Schweiz habe ja bereits bilaterale Verträge mit der EU abgeschlossen. «Wir sind bereits sehr gut aufgestellt.» Sie störe, dass von einer Modernisierung der Verträge gesprochen werde. Dabei handle es sich um eine «klassische Salamitaktik». Die EU greife seit 1999 immer mehr ein.
«Wir Schweizer müssen aufpassen, dass wir uns nicht aufgeben», mahnte sie. Das «komplizierte» Vertragswerk mit der EU nannte sie «Knebelvertrag» und zitierte einen nicht namentlich genannten ehemaligen FDP-Bundesrat: «Wir sollten nicht als Übernahmekandidat dastehen.» Obwohl jedes Land der Welt mit der Schweiz zusammenarbeiten wolle, seien die Bilateralen III «nicht auf Augenhöhe». Es brauche Anpassungen im Vertrag. Sehr problematisch sei die dynamische Rechtsübernahme: «Wenn wir abstimmen und das Resultat nicht zugunsten der EU ausfällt, werden wir sanktioniert.» Es gebe auch Druck aus den USA durch deren Zollpolitik, warf Moderator Thomas Dähler ein. Er fragte: «Spielt es eine Rolle, dass wir doppelt unter Druck sind?» Markus Eigenmann antwortete knapp und deutlich: «Gute Beziehungen und Planbarkeit im Fall der Europäischen Union sind mir sehr wichtig.»
Verlässlicher Partner wichtig
Sabine Bucher ging in ihrer Argumentation in eine ähnliche Richtung. «Die Zollpolitik der USA zeigt auf, wie wichtig es ist, dass man verlässliche Partner hat.» Die EU sei ein verlässlicher Partner. Die Schweiz wäre kein verlässlicher Partner, wenn sie die Bilateralen III unterzeichnen würde, sich jedoch herausnähme, jederzeit wieder anders zu entscheiden. «Es gibt natürlich jene Parteien, die finden, man müsse jetzt die USA links liegen lassen und zwingend sofort mit der EU vorwärtsmachen», entgegnete Caroline Mall. «In unserem Interesse ist es, mit allen gute Verhandlungen zu führen; wir müssen den Mut haben, egal mit welchem Land, auf Augenhöhe Verträge auszuhandeln.» Die Vereinigten Staaten gegen die Europäische Union auszuspielen, sei nicht zielführend.
Zuwanderung stoppen?
Natürlich durfte eine Frage zur Einwanderungspolitik nicht fehlen. Der Blick ging auf die SVP-Initiative, die fordert, dass die Wohnbevölkerung in der Schweiz 10 Millionen Menschen vor dem Jahr 2050 nicht überschreiten darf. Dähler: «Wäre die Region Basel stark betroffen, wenn man die Einwanderung stoppen würde?» Grundsätzlich waren sich die Kandidierenden einig: Ja oder eher Ja. Doch kamen nicht alle durch dieselben Überlegungen zu diesem Schluss.
Markus Eigenmann sagte, die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass die Schweiz diese Marke erreichen werde. Noch vor Ablauf der Frist. Vielleicht wolle man die Einwanderung dann sowieso stoppen. Möglicherweise gar aus anderen Gründen als jenen, welche die Initiative nenne. «Mit den Bilateralen III würden wir besser dastehen, weil ein Konflikt mit der Europäischen Union dann nach Spielregeln abläuft.» Wir sollten uns keine Illusionen machen; geht es um Machtpolitik, «dürfen wir uns nicht überschätzen».
Caroline Mall dagegen warb dafür, die Schweiz müsse mit ihrem dualen Bildungssystem Top-Leute ausbilden, «damit wir den Fachkräftemangel auffangen können». Sabine Bucher betonte den Wert eines ausgewogenen Vertrags, weil dies helfe, weiterhin Fachkräfte in die Schweiz zu holen. Die beiden Kandidatinnen schossen des Öfteren einen Giftpfeil in die andere Richtung. Sabine Bucher: «Wenn Caroline Mall meint, wir können nur das nehmen, was uns etwas bringt, dann ist das Rosinenpickerei.»