Die Asiatische Hornisse hält uns auf Trab
31.10.2025 BaselbietEs ist nicht die letzte exotische Art
Der weltweite Handel führt zur vermehrten Einschleppung von gebietsfremden Tieren (Neozoen) und Pflanzen (Neophyten). Die Klimaerwärmung bewirkt, dass sie sich bei uns wohlfühlen.
Heinz Döbeli
Die ...
Es ist nicht die letzte exotische Art
Der weltweite Handel führt zur vermehrten Einschleppung von gebietsfremden Tieren (Neozoen) und Pflanzen (Neophyten). Die Klimaerwärmung bewirkt, dass sie sich bei uns wohlfühlen.
Heinz Döbeli
Die Liste der exotischen Tiere ist lang und wird immer länger. Erstmalige Sichtung in der Schweiz: Echte Kräuseljagdspinne 1994, Tigermücke 2003, Asiatischer Marienkäfer 2004, Marmorierte Baumwanze 2004, Buchsbaumzünsler 2007, Kirschessigfliege 2011, Asiatischer Laubholzbockkäfer 2011, Japankäfer 2017, Asiatische Hornisse 2017. Tapinoma nigerrimum 2018 (eine Ameise), Leptopilina japonica 2021 (eine Schlupfwespe).
Die Geschichte ist fast immer gleich: Neu zugewanderte Exoten erlangten mediale Aufmerksamkeit, Bekämpfungsmassnahmen werden eingeleitet, die Wirkung ist mässig, das Medieninteresse ebbt ab, diese Tiere aber bleiben. Zurzeit führt die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) die mediale Hitparade an.
Freilassen oder töten?
Auch in meinem Garten landete dieses Insekt. Ich fing es ein, sperrte es unter eine Glasschale, fotografierte es und verglich es mit Bildern im Internet. Funde müssen auf der Schweizerischen Meldeplattform für die Asiatische Hornisse gemeldet werden. Pflichtbewusst meldete ich den Fund mit Foto und Koordinaten. Wenige Stunden später erhielt ich die Mitteilung, dass es sich tatsächlich um Vespa velutina handelt. Weiter wurde mir nahegelegt, dieses Insekt weder zu fangen noch zu töten und vor allem sollte nicht versucht werden, Nester selber zu vernichten. Laien würden oft die Asiatische Hornisse mit der Europäischen Hornisse verwechseln. Letztere ist europaweit streng geschützt.
Vespa velutina war nun also bei mir in «Untersuchungshaft». Meine familiäre Umgebung plädierte für Freilassen, ich hatte Zweifel. Die Hornisse war etwa drei Zentimeter lang, also möglicherweise eine Königin. Würde ich diese freilassen, würde sie überwintern und im kommenden Jahr ein neues Volk gründen. Töte ich sie, verhalte ich mich zwar korrekt, schädige aber mein Karma.
Die Asiatische Hornisse lauert vor den Bienenkästen den Bienen auf und füttert damit ihre Brut. In meinen Blumenbeeten lauert die Europäische Hornisse Bienen auf und füttert damit ebenfalls ihre Brut. Die beiden Hornissenarten haben ein ähnliches Beutespektrum. Neben Bienen fressen sie auch Läuse. Bei der Bekämpfung der Asiatischen Hornisse muss mit Kollateralschäden gerechnet werden, sei es, weil Insektizide oder die Lockstoffe der Fallen nicht selektiv sind oder weil übereifrige «Naturschützer» den Unterschied zwischen der Asiatischen Hornisse und ähnlich aussehenden Insekten nicht kennen.
Die Natur ist lernfähig
Soll man diese Exoten bekämpfen und verzweifeln, wenn dies nicht gelingt? Oder soll man sich freuen über die Bereicherung unseres Ökosystems? Die Asiatische Hornisse scheint sich exponentiell zu vermehren, wird aber mit der Zeit durch Feinde gebremst werden. In einem reichhaltigen Ökosystem wird das schnell geschehen, in einem verarmten langsam und in einer Monokultur gar nicht.
Zum Beispiel die Buchsbaumzünsler, deren Raupen viele Ziergärten beschädigten. Buchs ist giftig, die Zünslerraupen, die Buchsblätter fressen, bauen das Gift in ihren Körpern ein, werden selbst giftig und schützen sich so vor Fressfeinden. In meinem Garten beobachtete ich Spatzen und Meisen, die trotz Gift Zünslerraupen frassen. Auch eine Wespe beobachtete ich, die einen Drittel einer Raupe abnagte, dieses Stück ins Nest brachte und das zweite Drittel holte und am Schluss auch noch den Rest wegtrug. Die Natur ist lernfähig. Oder es wandern Feinde ein. Zum Beispiel die Schlupfwespe Leptopilina japonica, die Eier in die Larven der Kirschessigfliegen legt und so deren Entwicklung unterbricht. Die «Voksstimme» berichtete darüber (Ausgabe 99, 2024).

