Dichtung und Wahrheit
13.03.2025 BubendorfThomas Noack, Landrat SP, Bubendorf
Die Debatte um die Energiestrategie 2050 wird zunehmend von Mythen und Halbwahrheiten geprägt – besonders in der Diskussion um neue Atomkraftwerke (AKW) als vermeintliche Rettung vor einer Energiekrise und einem Blackout. ...
Thomas Noack, Landrat SP, Bubendorf
Die Debatte um die Energiestrategie 2050 wird zunehmend von Mythen und Halbwahrheiten geprägt – besonders in der Diskussion um neue Atomkraftwerke (AKW) als vermeintliche Rettung vor einer Energiekrise und einem Blackout. Doch was ist Fakt, was ist Fiktion?
Die Energiestrategie 2050 wurde 2017 von der Schweizer Stimmbevölkerung deutlich mit 58,2 Prozent angenommen – einschliesslich des Verbots des Baus neuer AKW. Zwei zentrale Pfeiler prägen diese Strategie: der konsequente Ausbau erneuerbarer Energien sowie eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz.
Solar-, Wind-, Wasser- und Geothermie-Energie stehen uns von Natur aus zur Verfügung. Sie verursachen keine gefährlichen Abfälle, sind lokal verfügbar und wirtschaftlich tragfähig. So könnte allein die Nutzung ungenutzter Dachflächen einen grossen Teil des künftigen Strombedarfs decken.
Gleichzeitig kann durch bessere Gebäudeisolierung, Wärmepumpen und effizientere Geräte der Energieverbrauch massiv reduziert werden. Der höhere Strombedarf durch den Ersatz fossiler Heizsysteme wird durch erneuerbare Produktion mehr als kompensiert. Damit reduzieren wir unsere Abhängigkeit von importierten Energieträgern wie Öl, Gas und Uran und stärken unsere lokale Wirtschaft. Demgegenüber sind neue AKW ein milliardenteures und risikobehaftetes Abenteuer – und sie kommen erst noch zu spät: Der Bau dauert Jahrzehnte, die Technologie ist zentralistisch, träge und hochsubventioniert. Das ungelöste Atommüllproblem bleibt ein ethisches und sicherheitstechnisches Dilemma.
Ein oft genanntes Argument für neue AKW ist die Angst vor einem Blackout – insbesondere in Zeiten sogenannter Dunkelflauten, in denen weder Sonne scheint noch Wind weht. Tatsächlich sind Dunkelflauten ein reales Phänomen, doch sie betreffen in der Regel nur einzelne Tage. Die Schweiz kann solchen Situationen durch eine Kombination aus Wasserkraftreserven, Lastmanagement, Speichern und einem funktionierenden Stromabkommen mit der EU begegnen. Gerade die aktuelle Dunkelflaute in Deutschland hat gezeigt, wie wichtig grenzüberschreitende Kooperation und Netzstabilität sind. Neue AKW helfen hier nicht – sie sind zu unflexibel und stehen in kritischen Momenten oft gar nicht zur Verfügung.
Die SVP behauptet gerne, die Energiestrategie 2050 sei «grandios gescheitert». Doch der Energieplanungsbericht Basel-Landschaft 2022 zeigt ein anderes Bild: Der Kanton ist auf Kurs – sofern wir ambitioniert bleiben. Die Strategie ist nicht gescheitert. Aber die Verhinderungspolitik mancher Akteure blockiert heute schon bewährte und technisch machbare Lösungen. Stattdessen setzen sie – unter dem Vorwand der Technologieoffenheit – auf hypothetische Technologieträume.
Tatsache ist: Wer heute neue AKW fordert, betreibt rückwärtsgewandte Politik – gegen den Volkswillen, gegen die wirtschaftliche Vernunft und gegen die Interessen kommender Generationen. Es braucht jetzt keine Scheindebatten, sondern einen klaren Fokus auf umsetzbare Lösungen, mutige Entscheidungen und eine Energiezukunft, die dem Namen auch gerecht wird.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.