Der Zauberlehrling
12.12.2025 Persönlich«Da steh' ich nun, ich armer Tor, ...», nämlich vor der Tür meiner hochmodernen Karosse auf einem Parkplatz mitten in Liestal, und komm' nicht mehr rein. Ja, auch Goethe, aber Faust, nämlich die, die ich gerade im Sack mache. Die nicht geballte Hand krampft sich um das, ...
«Da steh' ich nun, ich armer Tor, ...», nämlich vor der Tür meiner hochmodernen Karosse auf einem Parkplatz mitten in Liestal, und komm' nicht mehr rein. Ja, auch Goethe, aber Faust, nämlich die, die ich gerade im Sack mache. Die nicht geballte Hand krampft sich um das, was sich heute im allgemeinen Autoschlüssel nennt, obwohl es gar nicht so aussieht. Und: Ein «settiger» sollte ja Türen öffnen. Tut er aber gerade nicht. Dabei schickt sich unsere Familienkutsche im Normalfall schon an, sämtliche Türen mit einer Lightshow zu entriegeln, wenn ich mich nur schon in die Nähe begebe. Jetzt nicht! Was ist passiert?
Und da wären wir dann wieder bei Goethe, aber beim Kolumnentitel. Sie erinnern sich schwach an Deutsch und die Balladen in der Schule: «Hat der alte Hexenmeister sich doch einmal wegbegeben ...». Eben: Der Zauberlehrling, der meint, sein Metier zu beherrschen, was dann in der Katastrophe endet. Vieles, was der Mensch erfunden oder auch angestossen hat, scheint heutzutage aus dem Ruder zu laufen. All die intelligenten Maschinen, die meinen, sie wüssten es besser als ich.
Und da wären wir eben wieder bei den modernen Autos. Wenn ich den Anhänger ankupple, sagt mein Duri (sein Kosename), ich solle doch gleich die Blinker kontrollieren. Wenn ich das aber tun will, den Blinker einlege und aussteige, um nach hinten zu gehen, stellt er natürlich von selber ab, weil er gemerkt habe, dass ich den Sitz verlassen habe. Es ist also nix mit so einer Kontrolle, wenn man alleine ist und keine spiegelnden Scheiben in der Nähe sind. Dafür bockt der Kerl dann wieder, wenn ich schön langsam rückwärts fahren muss. Plötzlich kann er sich gar nicht mehr daran erinnern, dass ein Anhänger hinten dran hängt. Päng, R raus, P rein! Ich wieder R rein, er wieder: Päng, R raus, P rein.
Doch zurück auf den Parkplatz in Liestal. Dummerweise erklärt der Duri mir beim Parkieren, er täte gerne seine Software updaten. Das kann ich ihm doch nicht abschlagen und lasse ihn. Ich muss ja noch Einkäufe erledigen. Allerdings ist er bei meiner Rückkehr noch nicht so weit: Laut Fortschrittsbalken ist er noch im ersten Drittel. Boah! Ich wollte eigentlich noch anderes erledigen heute Nachmittag, und ausserdem habe ich in einer Stunde einen Zahnarzttermin. Weil er partout nichts anderes will, als jetzt eben upzudaten, warte ich ab. Nach 4/5 Balken geht nichts mehr. Ich steig wieder aus. Jetzt lässt er mich nicht mehr rein, und der Balken ist ganz weg. Anruf beim Garagisten, der Zahni wartet! Beide können nicht weiterhelfen, aber nach einer gefühlten Ewigkeit geht doch noch was, und ich darf wieder Platz nehmen. Wohl um mich zu beruhigen, zeigt er jetzt die Uhrzeit von vor dem Update an. «Hallo, Ida! Bitte die Uhr richten!» Ida, die eingebaute Assistentin, transkribiert: «Bitte die Hure richten!» Ich: «Jä, gopf ...!» Ida: «Es tut mir leid. Das kann ich noch nicht.»
Gottseidank! Und zum Zahni hat's dann doch noch gereicht. Puuuh!
Kuri Wirz, Gelterkinder von Geburt und aus Passion

