Der Sammler und «Flickschuster»
18.12.2025 BubendorfWerner Mundschin ist leidenschaftlicher Zweiradfreak
Seine Sammlung umfasst rund 100 Fahrräder aus mehr als einem Jahrhundert. Jedes davon kennt Werner Mundschin genau, und er kann viel darüber erzählen. Zudem repariert er selber Fahrräder; das hat er sich selbst ...
Werner Mundschin ist leidenschaftlicher Zweiradfreak
Seine Sammlung umfasst rund 100 Fahrräder aus mehr als einem Jahrhundert. Jedes davon kennt Werner Mundschin genau, und er kann viel darüber erzählen. Zudem repariert er selber Fahrräder; das hat er sich selbst beigebracht.
Elmar Gächter
Würde man das Reich von Werner Mundschin aus Bubendorf mit einem einzigen Namen beschreiben, so wäre es wohl das Velohaus. Vom Keller bis unters Dach erzählen Bilder, Kleidungsstücke und vor allem rund 100 zweirädrige Objekte spannende Geschichten über jenes Vehikel, das seit dem 19. Jahrhundert als eines der einfachsten und umweltfreundlichsten Fortbewegungsmittel gilt. Zu bestaunen gibt es Velos vom Hochrad aus den 1880er-Jahren bis zur modernen Zeitfahrmaschine. Der Begriff «Velo» geht auf das Veloziped zurück, dem «Schnellfuss», das um 1817 von Karl Friedrich von Drais entwickelt wurde und den Anfang des individuellen Strassenverkehrs markierte.
Von wegen Sammelleidenschaft. «Als junger Mensch habe ich mich als typischen Nichtsammler bezeichnet», sagt Mundschin. Das Velo spielte jedoch schon in seiner Kindheit und Jugend eine wichtige Rolle. Sein erstes eigenes Rad, ein «Helvetia»-3-Gang-Velo, kaufte ihm der Vater beim Eintritt in die Realschule in Liestal. Zum Hobby-Rennfahrer als «Gümmeler» wurde er Anfang der 1970er-Jahre, als er mit seinem orangenen «Mondia-Special» die neu gewonnene Freiheit mit Fahrten über die Jurahöhen genoss. «Radsportler wurde ich allerdings nie, denn für mich war das Velo stets primär Verkehrsmittel.»
Zum Sammeln kam Werner Mundschin erst relativ spät. Ein Velokollege schenkte ihm ein altes französisches Fahrrad aus den 1920er-Jahren, das er in einem Schopf zuhinterst im Jura entdeckt hatte. «Ich begann, daran herumzuflicken und zu restaurieren. Dabei kam mir meine ausgeprägte handwerkliche Ader zugute, die ich bereits beim Restaurieren alter Autos und Töffs ausleben durfte.»
Ihn interessierte vor allem die Mechanik, das Zerlegen und Wiederinstandsetzen von Motoren. Diese Fähigkeiten hat er, der eine Lehre als Bauzeichner absolvierte, sich weitgehend selbst beigebracht. Als ehemaliger Obmann der Velogruppe der FAM (Freunde alter Motorräder) sorgte sein stets wachsendes Beziehungsnetz für immer mehr Angebote an Sammlerstücken. «Ich musste eigentlich mehr ablehnen als suchen», betont Mundschin. Die Sammlung wuchs stetig.
«Für mich war es stets wichtig, nur Velos im Originalzustand in der Sammlung zu wissen. Zudem bin ich viele meiner Räder einmal selbst gefahren», hält Mundschin fest. Zu den historischen Objekten zählen auch verschiedene Rennräder von bekannten ehemaligen Radgrössen. So ist ein Arbeitsgerät von Alex Zülle, der als letzter Schweizer die Vuelta, die Spanienrundfahrt, gewann, ebenso zu bewundern wie jenes des Baselbieters Fabian Jecker, der die Tour de Suisse 2001 wegen einer winzigen Sekunde gegen Jan Ullrich verloren hat – beide Räder selbstverständlich handsigniert.
Nicht fehlen darf die Rennmaschine, mit der Armin von Büren in den 1950er-Jahren verschiedene Sechstagerennen gewann. «Jean-Claude Leclercq, von dem ich ebenfalls ein Rennrad besitze, moderiert heute noch auf ‹Eurosport› Radanlässe und hat in Aussicht gestellt, mich gelegentlich zu besuchen.» Die meisten dieser besonderen Objekte hat Mundschin im Internet ersteigert.
Weniger ist mehr
Seine grosse Affinität zum Handwerk zeigt sich nicht zuletzt in der Eigenkonstruktion eines Hochrades. «Mich hat die Technik stets ganz speziell interessiert. Ob beim DKW-Kleinwagen von 1939 oder dem Gilera-Töffoldtimer konnte ich gut nachvollziehen, wie sie aufgebaut sind und funktionieren. Mit der heutigen Elektronik fällt mir dies schwerer», so Mundschin. Er bezeichnet sich nach wie vor als «Flickschuster», wenn es um das Reparieren von Velos geht. Freunde und Bekannte nehmen seine Dienste gerne in Anspruch, um ihre Drahtesel in der bestens eingerichteten Werkstatt des Hobbyhandwerkers fahrtüchtig herrichten zu lassen.
Mundschin bezeichnet sich gerne auch als Jäger, denn etwas zu entdecken, zu finden und sich auf das Objekt einzulassen, sei interessanter als der eigentliche Sammlereffekt. Die Suche nach weiteren Rädern für seine Sammlung sei inzwischen allerdings der Erkenntnis gewichen, dass weniger mehr sei. «Wenn mir etwas ganz Aussergewöhnliches angeboten wird, bin ich nicht abgeneigt, es zu erwerben. Gleichzeitig muss aber eines meiner Objekte das Museum verlassen.» Das Wichtigste sei für ihn ohnehin nicht das Beherbergen von möglichst vielen Rädern, sondern die sozialen Aspekte, die ihn mit seiner Passion verbinden. Dies gelte im Besonderen für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben, wo man sich neu orientieren müsse.
Gedanken, was mit der Sammlung nach seinem Ableben geschieht, macht er sich keine. Seine Kinder seien wenig daran interessiert. Eine Möglichkeit, die Sammlung einem Museum zu vermachen, sieht er kaum. Wer wolle sich schon mit Sachen belasten, die Raum und Betreuung erforderten. «Für mich zählt der Moment. Wenn jemand meine Sammlung besuchen möchte, freut mich dies», sagt Mundschin. So lange als möglich möchte er, der sich während Jahrzehnten auf zwei Rädern, ob Velo oder Töff, bewegt hat, weiterhin unterwegs sein. Heute vorwiegend mit seinem E-Bike, das er vor zwei Jahren angeschafft hat und mit dem er bereits mehr als 7000 Kilometer unterwegs war.
Museumsausstellung
emg. Einen Teil seiner Sammlung stellt Werner Mundschin zurzeit im Krippenund Spielzeugmuseum im alten Dorfschulhaus Bubendorf aus. Die Ausstellung unter dem Titel «Wettrennen gegen die Zeit – Reise um die Welt» ist noch bis zum 21. Dezember und vom 4. Januar bis 22. Februar 2026 jeweils sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Werner Mundschin ist am 11. Januar ab 15 Uhr im Museum anwesend und erzählt Geschichten zu seinen Fahrrädern.


