Der Nischenmarkt ist «ein bisschen von allem»
22.08.2025 Kultur, SissachAm Wochenende präsentieren Kunstschaffende im Pfarrhaus in Sissach ihre Werke am Nischenmarkt. Kein Stück darf mehr als 300 Franken kosten. Für die Steinbildhauer Mario Völlmin und Christoph Schlozer eine Herausforderung, die ihnen Spass macht.
Nikolaos ...
Am Wochenende präsentieren Kunstschaffende im Pfarrhaus in Sissach ihre Werke am Nischenmarkt. Kein Stück darf mehr als 300 Franken kosten. Für die Steinbildhauer Mario Völlmin und Christoph Schlozer eine Herausforderung, die ihnen Spass macht.
Nikolaos Schär
Herr Völlmin, Herr Schlozer, warum machen Sie beim Nischenmarkt mit?
Christoph Schlozer: Zwischen den Aufträgen – wir machen vor allem Grabsteine und Restaurierungen – haben wir immer wieder Zeit für «Kleinkram». Genau für solche kleinen Arbeiten bietet sich der Nischenmarkt an. Allerdings haben wir auch gewisse Stücke eigens für den Anlass angefertigt.
Mario Völlmin: Es entstehen auch immer wieder spannende Begegnungen in Verkaufsgesprächen. Viele Kunden kommen ja sonst, weil sie einen Grabstein brauchen. Am Nischenmarkt lernen sie uns von einer anderen Seite kennen. Das ist schön. Und wir können zeigen, dass wir nicht nur Grabsteine herstellen, bei denen gewisse Leute schon einen weiten Bogen um uns machen. Im Sinne von: «Hoffentlich brauche ich den nicht.» Auch das gängige Klischee eines Bildhauerateliers, das nur teure Skulpturen produziert, wird dadurch ein Stück weit aufgelöst.
Der Nischenmarkt – ist das eher ein Treffen unter Bekannten oder auch Werbung für das eigene
Geschäft?
Völlmin: Ich glaube, es ist ein bisschen von allem. Es ist eine gute Plattform für jüngere Künstlerinnen und Künstler, die noch nicht so viel Erfahrung haben, etwas vor Publikum zu zeigen. Andere sind etabliert und präsentieren ihre Nischenprodukte. Unter den Ausstellenden kennt man sich zum Teil, aber nicht alle. Für die Leute, die kommen, ist es spannend, weil sie eine breite Palette sehen – Malerei, Fotografie, Skulpturen. Der Name des Anlasses beschreibt es ganz gut: Es geht um Nischenprodukte, die zwischendrin entstehen. Das Reglement schreibt zudem vor, dass jedes Produkt höchstens 300 Franken kosten darf – was es für die Besuchenden spannend macht, uns aber auch vor Herausforderungen stellt.
Inwiefern?
Völlmin: Unser Rohmaterial ist teuer. Stein ist schwer und mühsam zu bearbeiten, und irgendwie müssen wir es schaffen, etwas Ansprechendes zu produzieren, ohne zu viel Aufwand reinzustecken, um den Kostenrahmen nicht zu sprengen. Aber bei den Dingen, die zwischendrin entstehen, schauen wir auch nicht immer auf die Uhr.
Heisst das, viele Objekte entstehen nebenbei?
Schlozer: Ja, genau. Oft zwischen den Aufträgen, wenn man etwas Zeit hat. Ich bin zum Beispiel ein paar Mal am Morgen früher ins Atelier gegangen, eine halbe Stunde oder ganze Stunde. Da hatte ich Zeit, etwas für mich zu machen. So entstehen auch Werke. Die sammeln sich mit der Zeit an, und der Nischenmarkt bietet eine gute Möglichkeit, diese Arbeiten mitzunehmen.
Völlmin: Zum Beispiel die Köpfe – die Grummelköpfe. Die Idee, schlechte Laune am Steinkopf abzuladen, macht einfach Spass.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit der Sissacher Kulturkommission?
Völlmin: Wir haben die Ausschreibung jeweils per Mail bekommen. Ich denke, weil ich schon mehrmals mitgemacht habe. Ich weiss nicht, ob sie einfach die üblichen Verdächtigen anschreiben. Für uns ist es auf jeden Fall toll, wenn man so eine Möglichkeit hat. Natürlich hat der Nischenmarkt auch einen kommerziellen Hintergrund – wir wollen ja verkaufen. Aber es ist vor allem eine Gelegenheit, sich zu zeigen und ins Gespräch zu kommen. Ein Markt ist ein gutes Gefäss. Bei Ausstellungen haben weniger Leute eine Kaufabsicht, wobei ich es begrüssen würde, wenn die Kulturkommission auch mal Ausstellungen im öffentlichen Raum machen würde.
Gibt es für Sie auch andere Plattformen?
Völlmin: Ja, wir haben schon an Ausstellungen teilgenommen – etwa bei gemeinsamen Ausstellungen des Steinmetzverbands oder auch in einer Galerie. Aber wir sind nicht per se Künstler, sondern eher Kunsthandwerker. Aber es war auch nie meine Absicht: Künstler zu werden. Ich wollte ein gestalterisches Handwerk lernen, zuerst wollte ich Steinbildhauer werden, habe dann aber zuerst Steinmetz gelernt. Heute verschmilzt das sowieso alles.
Warum?
Schlozer: In der Berufsbildung sind die Steinberufe von vier eigenständigen Lehrberufen auf einen zusammengeschrumpft. Der Nischenmarkt bietet auch die Möglichkeit, auf unser Handwerk aufmerksam zu machen. Vielleicht bekommt ja ein junger Mensch Lust, sich den Beruf des Steinmetzes etwas genauer ansehen zu wollen.
Völlmin: Mit meiner Ausbildung und jahrelanger Erfahrung in der Münsterbauhütte Basel kam die Restaurierung dazu, als ich das Bildhaueratelier von Gust Hübscher übernommen habe. Er war fast ausschliesslich im Grabmal tätig. Mit Grabsteinen alleine wäre die Auslastung für uns drei zu gering. Wobei ich es als willkommene Abwechslung betrachte, in verschiedenen Arbeitsbereichen tätig zu sein.
Was fasziniert Sie persönlich am Stein?
Völlmin: Ich könnte stundenlang davon schwärmen. Stein ist ein wunderbares Material. Es ist toll, wenn man das einem Publikum zeigen kann – und zwar nicht nur in einer Galerie oder auf dem Friedhof. Viele wissen gar nicht, was alles möglich ist, wie fein man Stein bearbeiten kann. Mit der Erfahrung lernt man, dass dem Stein nicht jede Form aufgezwungen werden kann. Stein ist alles andere als homogen. Auch ein Grabstein kann schön sein, eine Geschichte erzählen, Trost spenden.
Gibt es unter den Steinbildhauern viel Austausch?
Schlozer: Früher hat jeder für sich «knuuschtet». Mit dem Generationenwechsel ist das heute zum Glück anders. Die jungen Berufsleute haben begriffen, dass wir im gleichen Boot sitzen und nur miteinander weiterkommen. Wir haben mehr Austausch, auch international mit Kolleginnen und Kollegen in Deutschland oder Österreich.
Und am Nischenmarkt?
Völlmin: Wir werden sicher auch bei den anderen Ausstellenden vorbeischauen, und so kommt man ins Gespräch. Plötzlich zeigt man sich gegenseitig Arbeiten. Vor allem bei Kolleginnen und Kollegen kannst du dich auch durch deren Arbeiten inspirieren lassen. So entstehen Kontakte, die auch zu Zusammenarbeiten führen können.
Der Nischenmarkt findet im Pfarrhaus statt.
Völlmin: Wir haben dort die Steintreppe restauriert. Dann können wir den ganzen Tag unser Werk bewundern (lacht).
Zu den Personen
nsc. Mario Völlmin (45) ist Steinmetzmeister und führt seit 2013 sein eigenes Atelier in Sissach. Nach der Lehre arbeitete er in der Basler Münsterbauhütte und wurde 2012 europäischer Steinmetzmeister. Er wirkt als Experte bei Lehrabschlussprüfungen. Völlmin ist verheiratet, hat zwei Kinder und engagiert sich stark für die Nachwuchsförderung. Christoph Schlozer (34) ist Bildhauer im Atelier, spezialisiert auf Schriften und Reliefs.