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23.12.2025 BaselbietDie Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden ist komplizierter geworden – nicht nur wegen der finanziellen Belastungen
Die finanziellen Spielräume werden enger und die Aufgaben komplexer. Das führt zunehmend zu Konflikten zwischen Kanton und Gemeinden. In mehreren ...
Die Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden ist komplizierter geworden – nicht nur wegen der finanziellen Belastungen
Die finanziellen Spielräume werden enger und die Aufgaben komplexer. Das führt zunehmend zu Konflikten zwischen Kanton und Gemeinden. In mehreren wichtigen Bereichen haben sich die Verhandlungen in die Länge gezogen. Ein Rückblick.
Janis Erne
Liestal, Rathaus,
September 2025
Politikerinnen und Politiker verschiedener Gemeinden haben sich versammelt, um den Medien zwei Initiativen vorzustellen. Mit den beiden Begehren wollen sie die Finanzen der Baselbieter Gemeinden aufbessern: einerseits durch eine Beteiligung an den BLKB-Gewinnen, andererseits durch ein stärkeres Engagement der übergeordneten Staatsebene. «Wir wollen den Kanton wachrütteln», sagt der Sissacher Gemeindepräsident Peter Buser («Stechpalme»).
Seine Worte zeigen: Es hat sich etwas aufgestaut, das mehr ist als ein blosser Hilferuf. Viele Gemeinden sind unzufrieden mit ihrer Situation, einige auch verärgert. Anzeichen dafür gab es schon in den Monaten davor, als der Rünenberger Gemeinderat mit einer Initiative die Hochschulfinanzierung auf die politische Agenda gebracht hatte. Sein Hintergedanke: Wenn der Kanton weniger für die Universität Basel zahlen muss, hat er mehr Geld für die Gemeinden übrig. Ebenfalls mit einer Initiative übten Gebergemeinden aus dem Unterbaselbiet Druck aus, um den Finanzausgleich zu ihren Gunsten anzupassen. Und auch die SVP Baselland lancierte Initiativen zur Entlastung der Gemeindefinanzen – mittels einer Beteiligung an den BLKB-Gewinnen sowie der Erbschaftsund der Grundstücksgewinnsteuer.
Das finanzielle Verhältnis zwischen Kanton und Gemeinden ist offenbar aus dem Gleichgewicht geraten. Das zeigt sich auch bei drei äusserst wichtigen Verhandlungen, die stocken oder gestockt haben: bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichs sowie der Finanzierung der Primarschulen und der familienergänzenden Kinderbetreuung (siehe Kasten). Kanton und Gemeinden haben über Monate verhandelt, um dem Landrat und dem Stimmvolk tragfähige Kompromisse unterbreiten zu können. Ankündigungen, demnächst eine Vorlage zu präsentieren, wurden mehrfach nicht eingehalten, und es wurde in allen drei Themen mehr als einmal nachverhandelt.
Diese Beispiele zeigen: Das Verhältnis zwischen Kanton und Gemeinden ist schwieriger geworden. Doch was hat dazu geführt?
Liestal, Regierungsgebäude,
Januar/Februar 2017
Mit nur einer Stimme Unterschied entscheidet das Baselbieter Parlament, nicht auf das neue Gemeinderegionengesetz einzutreten. Die Gesetzesanpassung hätte den Kanton in sechs Regionen eingeteilt und die Gemeinden in bestimmten Bereichen zur Zusammenarbeit verpflichtet. Der Entscheid des Landrats war ein Rückschlag für Regierungsrat und Gemeindedirektor Anton Lauber, damals seit vier Jahren im Amt. Der «Mitte»-Politiker ist noch heute ein Befürworter regionaler Zusammenarbeit, diese müsse aber von den Gemeinden ausgehen. Den Kanton sieht Lauber als Sparringspartner; das zeigt sich auch in seiner jüngsten Vorlage, mit der er Gemeindefusionen unterstützen, nicht aber verordnen will.
Zurück ins Jahr 2017: Der Landrat fasste damals nicht nur einen Grundsatzentscheid über das Verhältnis unter den Kommunen. Er stellte auch die Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden auf neue Beine. Das gewählte Mittel: ein Verfassungsartikel, der die Gemeinden bei Gesetzesanpassungen noch vor dem Vernehmlassungsverfahren, also vor allen anderen Anspruchsgruppen wie Parteien oder Verbänden, einbezieht. Von einem «Quantensprung in der Zusammenarbeit» von Kanton und Gemeinden war bei der Einführung des sogenannten Verfassungsauftrags Gemeindestärkung (Vags) die Rede.
Regula Meschberger, bis Ende 2024 Präsidentin des Verbands Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG), sagt, das Vags-System habe sich bewährt: «Die Zusammenarbeit mit dem Kanton verlief in meiner Amtszeit grundsätzlich gut – auch wenn der Landrat gewisse Kompromisse über den Haufen geworfen hat.» Die grösste Schwierigkeit habe jeweils darin bestanden, die Fachsicht der Kantonsmitarbeitenden mit der politischen Umsetzung auf Gemeindeebene in Einklang zu bringen. «Diese Konstellationen waren manchmal schwierig und sehr personenabhängig», so die Sozialdemokratin. Als positives Beispiel nennt sie die Überarbeitung des Fischereigesetzes, die mit einem Leitbild und gemeinsamen Zielen begonnen wurde. Es kommt jedoch auch vor, dass Kanton und Gemeinden in Verhandlungen auf externe Berater setzen müssen, um vorwärts zu kommen.
Bedeutend ist, dass mit der Vags-Einführung die Stellung der Gemeinden gestärkt wurde. In den Projektgruppen, die Gesetze ausarbeiten, sitzen in der Regel gleich viele Gemeindewie Kantonsvertreter. Zudem haben die Ressortverantwortlichen beim VBLG heute direkten Kontakt zu Führungspersonen der einzelnen Direktionen beim Kanton. Regierungsrat Anton Lauber spricht von einer «politisch gewollten Stärkung der Gemeinden», die zu begrüssen sei, Projekte teils aber herausfordernder mache.
Um in Verhandlungen möglichst viel herauszuholen, bemüht sich der VBLG, einheitlich aufzutreten. Dass das bei 86 Mitgliedern, die strukturell unterschiedlich aufgestellt sind, nicht immer möglich ist, liegt auf der Hand. Doch es gelingt dem Verband relativ häufig. Neben dem VBLG haben knapp neun Jahre nach dem Nein zu den verbindlichen Gemeinderegionen auch informelle Regionalgruppen wie der Verein Region Oberbaselbiet oder der Verein Birsstadt an Bedeutung gewonnen.
Liestal, Regierungsgebäude,
September 2024
Anton Lauber, der auch für die Kantonsfinanzen zuständig ist, präsentiert an einer Medienkonferenz fast durchwegs rote Zahlen. Angesichts dieser trüben Aussichten beschliesst die Baselbieter Regierung ein Sparpaket im Umfang von fast 400 Millionen Franken – und hält daran bis heute fest. Im selben Jahr mussten nicht wenige Gemeinderäte ihren Einwohnerinnen und Einwohnern ebenfalls Rechnungen mit einem dicken Minus unterbreiten.
Sowohl Kanton als auch Gemeinden stehen finanziell unter Druck. Zwar werden die Belastungen durch steigende Steuereinnahmen teilweise kompensiert, doch sind verschiedene Ausgaben in den vergangenen Jahren stark angestiegen – und dürften es weiterhin. Bei den Gemeinden schlagen vor allem die Kosten für Altersheime und Spitex, für die Primarschulen sowie für den Sozialstaat zu Buche. Auch beim Kanton sind Gesundheit (Spital, Prämienverbilligungen), Bildung (Sekundarschulen, Hochschulen, Sonderbeschulung) und Soziales (Sozialhilfe, Asylwesen) grosse Brocken. Hinzu kommen steigende Ausgaben für Sicherheit und Digitalisierung.
Nadine Jermann (FDP) ist heute Präsidentin von Buus sowie des VBLG. Sie sagt, dass es für die Gemeinden schwieriger werde, ihre öffentlichen Aufgaben zu bewältigen. «Neben den steigenden laufenden Ausgaben, etwa in die Bildung oder das Alter, stellen insbesondere anstehende Ersatz- und Erneuerungsinvestitionen, etwa in Schulhäuser, Wasserversorgung oder für Versorgungsleitungen, viele Gemeinden vor finanzielle Herausforderungen.» Jermann räumt selbstkritisch ein, dass die Politik gewisse Entwicklungen unterschätzt habe, so die Folgen der demografischen Alterung und die damit verbundenen Mehrkosten sowie zusätzliche Ausgaben durch neue Anforderungen wie die Digitalisierung.
Als wäre das nicht genug, sorgen insbesondere auf Kantonsebene verschiedene Initiativen für zusätzliche Unsicherheit. Begehren wie die SP-Initiative für eine kostenlose Kinderbetreuung oder die SVP-Initiative für höhere Steuerabzüge schweben wie Damoklesschwerter über Anton Lauber. Er sagt: «Die Volatilitäten sind erheblich. Allein die sogenannte Prämienabzugs-Initiative der SVP würde die Kantonskasse mit zwischen 90 und 100 Millionen Franken belasten. Das ist enorm und macht grossen Druck auf die Schuldenbremse.»
Dass sowohl der Kanton als auch die Gemeinden jeden Rappen zweimal umdrehen müssen, erschwert die Verhandlungen zwischen ihnen – besonders wenn es um grosse Brocken wie den Finanzausgleich, die Kitaoder die Primarschulfinanzierung geht. Das bestätigt Miriam Bucher, die als Laubers Generalsekretärin und Gemeindespezialistin beide Seiten im Blick hat: «Die Zusammenarbeit ist anspruchsvoll, und die Komplexität nimmt natürlich nicht ab, wenn alle drei Staatsebenen unter finanziellem Druck stehen.» Damit macht Bucher deutlich, dass Kanton und Gemeinden in bestimmten Bereichen auch vom Bund abhängig sind – und leitet über zu einem weiteren Brennpunkt: der Aufgabenteilung.
Muttenz, Tagungszentrum,
Juni 2012
Die 86 Baselbieter Gemeinden beschliessen die «Charta von Muttenz», ein Grundsatzpapier, mit dem sie weniger Zentralisierung durch den Kanton sowie mehr Autonomie und Handlungsfreiheit für sich selbst verlangen. Zum Forderungspaket gehört auch eine Überprüfung der Aufgabenteilung. Die Forderung war 2012 keineswegs neu: Sie begleitet die Schweizer Politik seit der Gründung des Bundesstaats. Aktuell weist im Baselbiet jedoch wenig darauf hin, dass eine generelle Aufgabenüberprüfung in Angriff genommen würde.
«Die Aufgabenteilung ist wichtig für den VBLG und Teil der meisten Vags-Projekte», sagt Nadine Jermann. So etwa beim Projekt «Primarschule», bei dem eine «kongruente und äquivalente Aufteilung von Aufgaben, Kompetenzen und finanzieller Verantwortung» als Zielsetzung gefordert werde. Und auch bei der anstehenden Evaluation des Altersbetreuungs- und Pflegegesetzes stehe die Analyse der Strukturen und Prozesse innerhalb der Ebenen Kanton, Versorgungsregion und Gemeinden im Fokus.
Finanzdirektor Anton Lauber will zusammen mit den Gemeinden, wo möglich, die Situation verbessern, statt viel Zeit und Geld in umfangreiche Studien zu stecken. So unterstützt der Kanton die Gemeinden zum Beispiel bei der Erstaufnahme von Geflüchteten. In der Konsultativkommission Aufgabenteilung und Finanzausgleich (KKAF) wird zudem untersucht, wie sich Kosten und Einnahmen in wichtigen Bereichen wie Gesundheit, Alter und Bildung entwickeln. Daraus sollen Rückschlüsse für die Aufgabenteilung gezogen werden.
Auch wenn Kanton und Gemeinden im Dialog stehen und in der KKAF ihre Aufgaben und Finanzierungsstrukturen laufend analysieren – ein grundsätzlicher Konflikt bleibt bestehen. Dabei geht es weniger darum, wer wie viel für eine gemeinsame Aufgabe bezahlen, sondern um die Frage, wie die Aufgabe erfüllt werden soll. Während der Kanton ein Freund von einheitlichen Standards ist, um allen Einwohnern gleiche Bedingungen und Chancen einzuräumen, fordern die Gemeinden Flexibilität, da sie grosse strukturelle Unterschiede aufweisen. Dieser Konflikt zeigte sich bei den Verhandlungen über einen Gegenvorschlag zur Gratis-Kita-Initiative der SP: Über die Höhe der Unterstützung durch «Liestal» waren sich Kanton und Gemeinden einig. Doch die Gespräche zogen sich hin, weil der Kanton eine standardisierte Unterstützungspraxis für Eltern forderte, während die Gemeinden mehr Variabilität verlangen. Die Folge ist, dass nun zwei Varianten auf dem Tisch liegen.
Einer, der die «überbordende Regulierung» des Kantons kritisch sieht, ist Dario Rigo («Mitte»). Als Landrat und Bruder des Ormalinger Gemeindepräsidenten kennt er die Vorgänge. «Ob Zentimeter bei der Stuhlhöhe, Quadratmeter-Pflicht pro Kind oder das wöchentliche Wurst-Limit: Die kantonale Verwaltung regelt noch das kleinste Detail, ohne Rücksicht auf die unterschiedlichen Gegebenheiten in den Gemeinden – und zwar nicht nur bei der Kinderbetreuung», sagt Rigo. Zwar handle es sich teilweise um Empfehlungen, doch müssten die Gemeinden diese de facto übernehmen. Rigo sieht in der hohen Regulierungsdichte auch einen Grund dafür, dass es schwieriger geworden ist, Interessierte für Gemeinderäte und Kommissionen zu finden. «Die Leute wollen Gestaltungsfreiraum – und nicht nur kantonale Checklisten abarbeiten.»
Rigo, der diesbezüglich auch schon im Landrat aktiv geworden ist, fordert mehr Individualität und Handlungsspielraum für die Gemeinden. Als Vorbild nennt er den Kanton Aargau: «Dort haben die Gemeinden nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine inhaltliche Verantwortung. Sie erlassen eigene Reglemente, legen Qualitätsstandards fest und sind für Bewilligung und Aufsicht der Angebote vor Ort zuständig – ohne dass ‹Aarau› bis ins Detail mitbestimmt.»
Es mag nach Details klingen, doch die Unzufriedenheit über die Regulierungsdichte ist von verschiedenen Gemeindevertreterinnen und -vertretern zu hören. Das prominenteste Beispiel ist die Primarschule, deren Kosten aktuell grösstenteils von den Gemeinden getragen werden, während die meisten Vorgaben vom Kanton kommen – etwa zur Klassengrösse, zu den Beurteilungskriterien oder zu den Löhnen der Lehrpersonen. Für Unmut sorgte die Entlastungslektion für Schulleitende, die der Landrat 2022 entgegen dem Willen der Gemeinden beschlossen hatte. Zwar wollen Kanton und Gemeinden die Lücke zwischen finanzieller Verantwortlichkeit und Entscheidungsbefugnis schliessen, doch noch ist offen, in welcher Form sich der Kanton finanziell an den Primarschulen beteiligen soll.
Liestal, Rathausstrasse, Dezember 2025
Ein stärkerer Gemeindeverband, finanzieller Druck, komplexe Themen und ein Kanton, der gerne reglementiert: Verschiedene Faktoren haben die Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden erschwert. Aus struktureller Sicht kommt hinzu, dass bei den Gemeinden viele Ausgaben starr sind, weil sie weder eingespart noch nach unten weitergegeben werden können. Der Kanton wiederum muss sich im Sandwich zwischen Bund und Gemeinden behaupten. Reicht unter diesen Bedingungen punktuelles Verbessern, oder braucht es doch eine grundsätzliche Anpassung, um die Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden zu verbessern?
Zumindest für das Prüfen einer Reform spricht sich Johannes Sutter, Gemeindepräsident von Arboldswil (SVP) und Mitglied des VBLG-Vorstands, aus. Er findet es sinnvoll, über einen «Steuerfusstransfer» zwischen Kanton und Gemeinden nachzudenken. Gemeint ist damit eine automatische Anpassung der Steuerfüsse, sodass bei einer Aufgabenverschiebung der entsprechende Steueranteil vom einen zum anderen Gemeinwesen wandert – ohne dass jedes Mal neu über die Finanzierung gestritten werden muss. «So könnten sich wiederholende Grundsatzdiskussionen entschärft werden und wir könnten uns in Verhandlungen mehr auf Inhalte konzentrieren», erklärt Sutter. Auch VBLG-Präsidentin Nadine Jermann hält eine automatische Anpassung der Steuersätze, wie sie in Aargau oder Luzern praktiziert wird, für eine prüfenswerte Idee: «Das Ziel muss es sein, öffentliche Aufgaben möglichst effizient zu erledigen.»
Der Gemeindeverband, dessen Geschäftsstelle sich direkt neben dem Regierungsgebäude in der Liestaler Rathausstrasse befindet, denkt intensiv über die künftige Zusammenarbeit mit dem Kanton nach. Dazu will er seine Strukturen weiterentwickeln. Jermann, die auch Landrätin ist, begründet dies wie folgt: «Der Kanton ist auf starke Gemeinden angewiesen – und die Gemeinden auf einen starken Kanton.» Regierungsrat Anton Lauber sieht das ähnlich. Schliesslich gehe es bei jedem Entscheid um das gleiche Portemonnaie – «nämlich jenes der Bürger».
Kanton und Gemeinden verhandeln die Zukunft
je. Ob Familien-, Bildungs-, Finanz- oder Alterspolitik: In all diesen Bereichen geht es um viel Geld – um teilweise Hunderte Millionen Franken jährlich. Und in all diesen Bereichen streben Kanton und Gemeinden kleinere und grössere Reformen an. Die folgende Übersicht zeigt, wie weit die Verhandlungen jeweils fortgeschritten sind.
Kinderbetreuung: Kanton und Gemeinden sind sich einig, dass sich die Situation verbessern muss. Um mehr Eltern in die Arbeitswelt zu bringen, sollen sie Zuschüsse für die familienexterne Kinderbetreuung erhalten. Diese erfolgt in Kitas, Tagesschulen oder bei Tagesfamilien. Druck macht nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die SP, die im Jahr 2021 die Gratis-Kita-Initiative eingereicht hat, und der Landrat, der einen Gegenvorschlag gefordert hat. Vergangene Woche gaben Kanton und Gemeinden bekannt, die Verhandlungen abgeschlossen zu haben. Der nun vorliegende Gegenvorschlag wird von den Gemeinden jedoch nicht gänzlich mitgetragen. In seinem Newsletter schreibt der Verband Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG): «Trotz mehrerer Verhandlungsrunden und dem klaren Willen des VBLG, eine ausgewogene und für die Gemeinden tragbare Lösung zu finden, konnten nicht alle Differenzen bereinigt werden.» Die Gemeinden stören sich daran, dass der Kanton seine Unterstützung von der Ausgestaltung der kommunalen Subventionsreglemente abhängig macht. Die Vorlage geht nun in die zuständige Landratskommission. Danach ist der Landrat an der Reihe, bevor eine Volksabstimmung folgt.
Primarschule: Die Gemeinden verlangen, dass sich der Kanton finanziell an den Primarschulen beteiligt. Sie begründen ihre Forderung damit, dass der Kanton viele Bildungsfragen regle, die Gemeinden die Kosten für die Primarstufe jedoch alleine tragen müssten. Kanton und Gemeinden befinden sich seit geraumer Zeit in Verhandlungen. Nachdem mehrere Möglichkeiten geprüft wurden, stehen nun noch zwei Varianten zur Diskussion: Entweder übernimmt der Kanton die Primarschulen inklusive Infrastruktur, oder es wird eine Schülerpauschale eingeführt, bei der die Gemeinden Träger der Schulen bleiben. Eine Übernahme durch den Kanton lehnen viele Gemeinden ab, da sie befürchten, künftig überhaupt nicht mehr mitbestimmen zu können – etwa darüber, ob Schulen mehrerer Dörfer zusammengelegt werden. An der VBLG-Tagsatzung Anfang November haben sich die 86 Gemeinden darauf geeinigt, die Einführung einer Schülerpauschale anzustreben. Der Kanton steht dieser Variante jedoch skeptisch gegenüber. Die Fronten sind verhärtet. Während rund die Hälfte der Gemeinden weiter im Stillen mit dem Kanton verhandeln will, fordert die andere Hälfte, «den politischen Druck zu erhöhen», wie es im Newsletter des VBLG heisst. Im Gegensatz zur Kinderbetreuung ist eine Landratsvorlage also noch nicht in Sicht.
Finanzausgleich: Die Anpassung des Finanz- und Lastenausgleichs ist am weitesten fortgeschritten. Dabei geht es um Geld, das finanzstarke Gemeinden und der Kanton an «ärmere» und strukturell benachteiligte Gemeinden zahlen. Anfang Dezember sprachen diesbezüglich der VBLG und Vertreter der jeweiligen Interessengemeinschaften der Geber- und Nehmergemeinden bei der Finanzkommission des Landrats vor. Die Gemeinden präsentierten dort einen Kompromiss, den sie untereinander ausgehandelt hatten. Im VBLG-Newsletter heisst es, man hoffe, «dass die Finanzkommission den Vorschlag ohne inhaltliche Änderungen an den Landrat überweist, sodass dieser im Sinn einer breiten politischen Verantwortung ebenfalls zustimmen kann». Ziel der Gemeinden ist es, eine Volksabstimmung zu verhindern, damit sie sich nicht gegenseitig bekämpfen müssen. Eine solche droht etwa, wenn die Gebergemeinden ihre Initiative nicht zurückziehen.
Altersbetreuung: Erst am Anfang befindet sich eine mögliche Anpassung im Bereich Alter. Die Kernfragen lauten: Wie kann trotz Alterung der Bevölkerung sichergestellt werden, dass betagte Menschen auch in Zukunft angemessen betreut werden? Und welche Staatsebene soll künftig wie viel bezahlen? Im Fokus stehen Kosten für Pflegeheime, Spitex und altersgerechtes Wohnen. Vor wenigen Tagen wurde mitgeteilt, dass das Altersbetreuungs- und Pflegegesetz 2026 auf seine Wirksamkeit überprüft werden soll. An der Evaluation sind eine Beratungsfirma, der Kanton, der VBLG, die kommunalen Versorgungsregionen, Verbände im Gesundheitsbereich und der Seniorenrat beteiligt. Der politische Prozess läuft also erst an.


