Betroffene zu Beteiligten machen
15.10.2024 BubendorfTrägerverein «ko-operativ» feiert sein zehnjähriges Bestehen
Unter dem Motto «Betroffene zu Beteiligten machen» bietet «ko-operativ» das Programm «Dr Dorfgeist» für Sozialhilfeempfänger an. Ebenso betreibt der Verein eine ...
Trägerverein «ko-operativ» feiert sein zehnjähriges Bestehen
Unter dem Motto «Betroffene zu Beteiligten machen» bietet «ko-operativ» das Programm «Dr Dorfgeist» für Sozialhilfeempfänger an. Ebenso betreibt der Verein eine Abgabestelle von Lebensmitteln. Übermorgen wird das Jubiläum gefeiert.
Sander van Riemsdijk
Wenn Präsident und Mitgründer Matthias Gysel auf die zehn Jahre seit der Gründung des Trägervereins «ko-operativ» im Februar 2014 blickt, schwingen Stolz und Zufriedenheit darüber mit, zusammen mit Gaby Merten im sozialen Sinn für die Gemeinschaft in Bubendorf etwas Gutes geleistet zu haben. Unter dem Motto «Betroffene zu Beteiligten machen» haben die beiden Gründungspersonen in Bubendorf ein Beschäftigungsprogramm für Bezügerinnen und Bezüger von Sozialhilfeleistungen entwickelt, mit dem Ziel, diesen Menschen, die sich oft am Rand der Gesellschaft befinden und nicht selten in Isolation leben, unter fachkundiger Begleitung eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Das Konzept sah im Grundsatz vor, die politische Erwartung aufzunehmen, dass Empfänger von Sozialhilfeleistungen der Gemeinde eine Gegenleistung zu erbringen hätten. «Wir haben diese Forderung zwar aufgenommen, aber mit Empowerment verbunden», sagt Gysel. «So sollen das Selbstwertgefühl der Betroffenen gestärkt und gezielt Kompetenzen entwickelt werden, damit eine Festanstellung im ersten Arbeitsmarkt möglich werden kann.»
Mit einer Gruppe von 14 Sozialhilfeempfängern wurde gestartet. In der Anfangszeit wurde durch Geschäftsführer Steve Hunsperger für das Projekt der Begriff «Dr Dorfgeist» ins Leben gerufen, der den guten Geist im Dorf verkörpern sollte. Dazu Gysel: «Damit wollten wir unseren Einsatz für die Gemeinschaft zum Ausdruck bringen und einer Ausgrenzung der Betroffenen entgegenwirken.» Das Konzept war, dass die Sozialhilfeempfänger einfache Arbeiten für die Gemeinde erledigen.
Um ihre Eigenverantwortung zu stärken, war jede Person für die erbrachten einfachen Dienstleistungen wie Rasenmähen, Treppenhausreinigung, Holz stapeln oder auch die Begleitung der Zeitungssammlung der Primarschulen selber verantwortlich.
Anpassung des Konzepts
Rückblickend bewährt sich das Konzept zwar im Grundsatz auch nach zehn Jahren immer noch, so Gysel. Trotz allem aber bedauert er, dass der Trägerverein das ursprüngliche Konzept nicht so umsetzen konnte, wie sie sich dies bei der Vereinsgründung vorgestellt hatten. «Wir mussten feststellen, dass die uns von der Gemeinde zugewiesenen Personen kaum soziale Kontakte pflegten und über geringe physische und psychische Leistungsfähigkeit verfügten», erläutert Gysel. Er stellte fast ausnahmslos fehlende Schulbildung und abgebrochene Berufsausbildungen fest, nur selten sei berufliche Fachkompetenz vorhanden gewesen.
«Dieser Lebensumstand sorgt bei den Betroffenen für eine grosse psychische Belastung und führt zwangsläufig in die soziale Isolation», erklärt Gysel. Das erschwerte dem Team die Vermittlung für Arbeitseinsätze erheblich. Aus diesem Grund und durch einen Wechsel in der Leitung des Sozialdienstes brachen die Zuweisungen ein. Das Konzept musste entsprechend angepasst werden. Heute ist der Trägerverein auf gemeinnützige Dienstleistungen mit einem für die Betroffenen kleinen Zusatzeinkommen ausgerichtet, womit die Möglichkeit geschaffen wird, im zweiten Arbeitsmarkt eine stundenweise Anstellung zu erhalten.
Unter der Bezeichnung «Dr Dorfgeist» konnte der Trägerverein vor sechs Jahren in Zusammenarbeit mit der «Schweizer Tafel» seine Dienstleistungen mit einer Abgabestelle von Lebensmitteln ausbauen. Die Lebensmittel kommen von Grossverteilern, die ihre Lebensmittel an Einwohnerinnen und Einwohner von Bubendorf, die an der Armutsgrenze leben, weitergeben. In jüngerer Zeit ist die Zahl der Bezügerinnen und Bezüger, auch durch die zusätzliche Versorgung von rund 35 ukrainischen Personen sowie die Einführung eines zweiten Abgabetags, zusammen mit der Lebensmittelmenge massiv gestiegen.
Übermorgen feiert der Verein sein zehnjähriges Bestehen mit einem Apéro riche und einer musikalischen Umrahmung im Gemeindehaus.
Standort Trägerverein
svr. An der Hintergasse 1 in Bubendorf verfügt der Trägerverein über eine 3-Zimmer-Wohnung mit einem kleinen Aufenthaltsraum, einem Büro und einem Sitzungszimmer, das ebenfalls als Ausstellungsraum für selbst gemachte Produkte wie Kerzen und Holzschnitzereien dient.
Ausserdem gehören ein Keller mit Kerzengiesserei, eine kleine Werkstatt und ein Schopf, der das Dach für die Lebensmittelabgabe bietet, zu den Räumlichkeiten.
«Dr Dorfgeist», 061 599 17 87, www.ko-operativ.ch