Beide Basel gehen aufeinander zu
28.11.2023 Region, WirtschaftZweiter Anlauf zur ärztlichen Zulassungssteuerung
Die Regierungen der Kantone Baselland und Basel-Stadt legen neue Gesetzesgrundlagen in der ambulanten Zulassungssteuerung vor und genehmigten gleichlautende Spitallisten in der psychiatrischen Versorgung. Ein Schritt wieder zu mehr ...
Zweiter Anlauf zur ärztlichen Zulassungssteuerung
Die Regierungen der Kantone Baselland und Basel-Stadt legen neue Gesetzesgrundlagen in der ambulanten Zulassungssteuerung vor und genehmigten gleichlautende Spitallisten in der psychiatrischen Versorgung. Ein Schritt wieder zu mehr Zusammenarbeit?
Tobias Gfeller
Die Zusammenarbeit zwischen Baselland und Basel-Stadt im Gesundheitswesen erhält neuen Schwung. Am Montagmorgen präsentierten die beiden Gesundheitsdirektoren Thomi Jourdan (Baselland, EVP) und Lukas Engelberger (Basel-Stadt, «Mitte») an ihrer ersten gemeinsamen Medienkonferenz eine neue Gesetzesgrundlage in der ambulanten Zulassungssteuerung und gleichlautende Spitallisten in der psychiatrischen Versorgung.
In der ambulanten Zulassungssteuerung zur Beschränkung der Anzahl Ärztinnen und Ärzte wurde eine neue Gesetzesgrundlage auf Baselbieter Seite notwendig, weil das Kantonsgericht am 1. April vergangenen Jahres eine Beschwerde der Hirslanden-Klinik Birshof gegen die entsprechende Verordnung des Regierungsrats gutgeheissen hatte. Das Kantonsgericht monierte, der Regierungsrat habe seine Kompetenzen überschritten. Eine solche Zulassungssteuerung brauche eine Gesetzesvorlage durch den Landrat. Diesen Weg will Thomi Jourdan in Absprache mit Lukas Engelberger nun beschreiten, um juristisch auf der sicheren Seite zu sein. Mit der Zulassungssteuerung soll die medizinische Überversorgung in der Region bekämpft werden.
Jourdan und Engelberger nannten konkret acht Fachbereiche, in denen in den beiden Basel eine Überversorgung vorherrsche: Anästhesiologie, Kardiologie, Neurologie, Ophthalmologie, Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparats, Oto-Rhino-Laryngologie, Radiologie und Urologie. Alle bereits zugelassenen Ärzte und Praxen seien davon nicht betroffen, versicherte Thomi Jourdan. Wer aber eine Tätigkeit und eine Praxis eröffnen möchte, kann dies erst tun, wenn jemand anderes aufhört. Jourdan und Engelberger gehen von 7 Millionen Franken aus, die durch die gemeinsame Zulassungssteuerung eingespart werden können. Ziel sei es, dass die Zulassungssteuerung in Baselland ab dem 1. April 2024 wieder in Kraft treten kann, falls der Landrat sie absegnet. In Basel-Stadt lief sie uneingeschränkt weiter. Die ersten Erfahrungen seien positiv, urteilte Engelberger.
Nicht erklärbare Mehrleistungen
Grundlage für sämtliche Planungen ist der gemeinsame Staatsvertrag für die Gesundheitsregion, den die beiden Stimmbevölkerungen im Gegensatz zur Spitalfusion deutlich angenommen haben. Die gemeinsame Spitalliste in der Akutsomatik ist 2021 in Kraft getreten. Ab dem 1. Januar 2024 soll es auch in der Psychiatrie eine gemeinsame Spitalliste geben. Damit verfolgen die beiden Kantone das Ziel einer vermehrten Verlagerung von stationären auf ambulante und intermediäre Angebote wie Tageskliniken und digitale Behandlungen.
Dadurch soll das Kostenwachstum gedämpft werden. Die Region Basel sei nach wie vor die Region mit den höchsten Kosten im Bereich Psychiatrie, mahnte Lukas Engelberger. «20 Prozent der Mehrleistungen sind für uns nicht zu erklären», so der Basler Gesundheitsdirektor. Beide Kantone erwarten bis 2029 knapp 160 zusätzliche Behandlungsplätze, 42 davon in der Alterspsychiatrie.
Ausgenommen von den strengeren Vorgaben an die Leistungserbringer wie die Psychiatrie Baselland ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie, da hier die Nachfrage zurzeit sehr stark wächst und das Angebot der Nachfrage nicht immer gerecht wird. Gemäss Fachleuten würden heute schon viele Behandlungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ambulant vorgenommen, sagte Engelberger.
Thomi Jourdan, der seit dem 1. Juli im Amt ist, deutete an, dass bei künftigen regionalen Planungen bereits darauf geachtet werden soll, dass auch das Oberbaselbiet genügend versorgt sein wird. Aktuell sei das Angebot in der Agglomeration wesentlich dichter. «Wir werden aber nicht mit dem Zweihänder in der Agglomeration dreinschlagen. Aber wir haben ein Augenmerk darauf.»
Die erste gemeinsame Medienkonferenz von Thomi Jourdan und Lukas Engelberger fiel ausgerechnet in eine Zeit, in der in beiden Kantonsparlamenten mehrere Vorstösse für eine vertiefte Zusammenarbeit – ja sogar eine Wiederbelebung der Fusionsgespräche – hängig sind. Die beiden Gesundheitsdirektoren liessen sich diesbezüglich nur geringfügig in die Karten schauen. Es machte aber den Eindruck, dass Engelberger einer stärkeren Zusammenarbeit offener gegenübersteht als Jourdan. Für den Baselbieter ist klar: «Nur weil man mehr zusammenarbeitet, heisst das nicht, dass es günstiger wird. Eine Kooperation per se macht noch nichts günstiger oder besser.»