«Die Heiligen Drei Könige waren Sterndeuter»
Am kommenden Montag ist das Fest der Heiligen Drei Könige. Dazu gibt es viele religiöse und Volksbräuche. Wie es dazu kam, erzählt Pater Ludwig Ziegerer, Leiter der Wallfahrt des Klosters ...
«Die Heiligen Drei Könige waren Sterndeuter»
Am kommenden Montag ist das Fest der Heiligen Drei Könige. Dazu gibt es viele religiöse und Volksbräuche. Wie es dazu kam, erzählt Pater Ludwig Ziegerer, Leiter der Wallfahrt des Klosters Mariastein.
Thomas Immoos
Pater Ludwig, am kommenden Montag gibt es in vielen Schweizer Haushalten den Dreikönigskuchen. Welche Bedeutung hat das Fest der Heiligen Drei Könige?
Pater Ludwig: Auf den ersten Blick scheint dies eine einfache Frage zu sein. Aber es handelt sich, genau betrachtet, um eine komplexe Angelegenheit. Auf der einen Seite steht die Volksfrömmigkeit rund um die Geschichte mit den Heiligen Drei Königen und den damit verbundenen Bräuchen wie das Sternsingen, das Sammeln für einen guten Zweck oder der Dreikönigskuchen. Diese Bräuche sind tief verwurzelt und nach wie vor sehr beliebt.
Auf der anderen Seite …?
… ist der 6. Januar im Kirchenjahr das Fest der Epiphanie, also das Fest der Erscheinung des Herrn. Es ist der Tag, an dem – durch die Heiligen Drei Könige, die ihn aufgesucht haben – erkannt worden ist, dass Christus wirklich als Heiland und Erlöser erschienen ist.
In den Legenden ist die Rede von drei Königen, manchmal auch von drei Weisen. Wie steht es damit?
Im Matthäusevangelium, das die Weihnachtsgeschichte wiedergibt, ist die Zahl der Weisen nicht genannt. Es wird nur gesagt, dass Weise dem Stern gefolgt sind, um den neuen König aufzusuchen. Dass später daraus drei Weise wurden, hat wohl mit der heiligen Zahl 3 zu tun (Dreifaltigkeit und Ähnliches). Aber in erster Linie wurde die Zahl der Magier auf drei begrenzt, weil man sich an den drei Gaben – Gold, Weihrauch und Myrrhe – orientierte. Ausserdem repräsentierten die drei Weisen die damals drei bekannten Kontinente Afrika, Asien und Europa.
Wie kamen die drei Könige zu ihren Namen?
Das geht zurück auf den Brauch der Haussegnung, bei der die drei Buchstaben C, M und B an die Türbalken geschrieben wurden. Die drei Buchstaben stehen ja für «Christus mansionem benedicat» für «Christus segne dieses Haus». In der Volksfrömmigkeit merkte man sich diese Abkürzung, indem man sie den drei Weisen zuordnete und ihnen die Namen Caspar, Melchior und Balthasar gab.
Warum schenkten die drei Weisen Gold, Weihrauch und Myrrhe – und nicht «nützliche» Dinge wie Essen, Getränke, ein Schaf oder Kleider für das Kind?
Diese drei Geschenke sind symbolisch zu verstehen. Das Lied 358 im katholischen Kirchengesangbuch – «Ein Stern ist aufgegangen» – gibt die Bedeutung gut wieder: Das Gold steht dem Königskind Jesus zu, Weihrauch steht für Jesus als den Erben Gottes und Myrrhe weist auf das Schicksal Jesu hin, nämlich auf den Tod am Kreuz.
Gold kennt jeder. Worum handelt es sich bei Weihrauch und Myrrhe?
Myrrhe ist aromatisches Gummiharz von Sträuchern der Gattung Balsambäume. Myrrhe soll Wohlgeruch verbreiten, wie übrigens auch Weihrauch. Auch dabei handelt es sich um ein Baumharz, das beim Abbrennen Wohlgerüche verbreitet. Die Wahl der Geschenke weist übrigens auch auf die orientalische Herkunft der Legende hin.
War dies nötig, weil es in dem Stall von Bethlehem mit Esel und Ochse dermassen gestunken hat?
Nein. Die Verwendung von Weihrauch orientiert sich an der römischen Tradition: Besuchte ein Kaiser eine Stadt, so gingen ihm auf der Strasse Weihrauch- und Myrrheträger voraus, um Wohlgeruch zu verbreiten. Denn man muss sich in Erinnerung halten, dass damals die Exkremente in Strassengräben landeten. In Städten stank es damals fürchterlich. Vor solchem Gestank sollte der Kaiser bewahrt werden. Gleiche Wohltaten sollte auch Christus als dem neuen König, aber König nicht von dieser Welt, zugutekommen. Weihrauch erinnert übrigens auch an die Rauchopfer, wie sie in vielen Religionen Göttern dargebracht werden. Auch Abel im Alten Testament ehrt Gott mit einem Rauchopfer.
Weihrauch kommt in den Kirchen kaum mehr zum Einsatz. Gibt es dafür Gründe?
Bei uns in Mariastein wird in den Gottesdiensten regelmässig Weihrauch verwendet. Wir wissen, dass Ministrierende gerne den Weihrauchkessel schwenken. Aber das wird in den Pfarreien unterschiedlich gehandhabt. Es besteht keine Pflicht, in den Gottesdiensten Weihrauch einzusetzen.
Zu den Krippen stellt man bei uns neben der heiligen Familie Hirten, Schafe, Engel, auch einen Ochsen und einen Esel und natürlich die drei Könige. Ist diese Aufstellung komplett?
Ja. Doch gehört eigentlich nicht alles von Anfang an in die Krippe. Das Arrangement sollte nach und nach komplettiert werden. Anfangs sollten nur Engel, Hirten und Schafe die Krippe zieren. Am Weihnachtstag kommt die heilige Familie mit dem Jesuskindlein in der Krippe dazu. Als letztes, und dies erst am 6. Januar, sollten die drei Könige zur Krippe gestellt werden.
Gibt es das Dreikönigsfest bereits seit Beginn des Christentums?
Lange Zeit waren die christlichen Gemeinden unabhängig und nicht zentral – von Rom aus – geführt. Das Epiphaniefest kam in den Ostkirchen im dritten Jahrhundert auf und wurde von der Westkirche im vierten Jahrhundert übernommen. Die heutige Zeitrechnung «nach Christus» kam ja erst nach 525 durch den Gelehrten Diogenes Exiguus. Er legte Christi Geburt auf das Jahr 754 nach der Gründung Roms. Kaiser Justinian legte dies dann einige Jahre später rechtsverbindlich fest.
Wird das Dreikönigsfest Bestand haben?
Auch in Zeiten, in denen die Bindung an die Kirche abnimmt, werden die alten Bräuche gerne gepflegt. In den Familien will man doch wissen, wer am 6. Januar der König, die Königin ist und die Krone tragen darf. Auch ist festzustellen, dass traditionelle Bräuche wieder an Beliebtheit zunehmen. Und diese Bräuche sind eine gute Gelegenheit, den Kindern die biblischen Geschichten zu erzählen und zu erklären, was im Gottesdienst gefeiert wird. Das zeigt sich ja auch in anderen Bereichen, ist doch Jodeln und Schwingen auch wieder sehr populär geworden.