AUSGEFRAGT | LINA FERRARI, CO-PRÄSIDENTIN AGNHS
25.10.2024 Baselbiet«Jede neu angelegte Hecke ist ein Erfolg»
Morgen findet der 30. Baselbieter Naturschutztag in vielen Gemeinden mit Einsätzen zugunsten der Natur statt. Zusammen mit der Landschaftskommission der Gemeinde Sissach wird dieser vom Verein Arbeitsgemeinschaft ...
«Jede neu angelegte Hecke ist ein Erfolg»
Morgen findet der 30. Baselbieter Naturschutztag in vielen Gemeinden mit Einsätzen zugunsten der Natur statt. Zusammen mit der Landschaftskommission der Gemeinde Sissach wird dieser vom Verein Arbeitsgemeinschaft für Natur und Heimatschutz Sissach AGNHS mit ihrer Co-Präsidentin Lina Ferrari organisiert.
Sander van Riemsdijk
Frau Ferrari, inwiefern setzt sich Ihre Arbeitsgemeinschaft für Naturund Heimatschutz (AGNHS) für die ein?
Lina Ferrari: Wir engagieren uns für mehr Naturschutz in und um Sissach.Wir legen verschiedene Pflegegebiete an und unterhalten zum Beispiel Weiher, Hecken oder Magerwiesen. Die von uns betreuten Gebiete weisen einen hohen ökologischen Wert auf. Die AGNHS hat aber auch eine sensibilisierende Rolle für ihre Mitglieder und andere Interessierte. Mit Exkursionen machen wir auf Schwierigkeiten und Lösungsansätze aufmerksam. Durch eine gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde Sissach können wir unsere Anliegen konstruktiv in das Dorfleben einbringen.
Und beim Heimatschutz?
Dort setzen wir uns ein, wenn es darum geht, alte Bauten zu erhalten oder auch Wissen zu sichern, das verloren zu gehen droht. Zudem verwaltet die AGNHS eine Fotosammlung mit historischen Bildern von Sissach, die sogenannte «Hodel-Sammlung».
Welches waren die grössten Erfolge der AGNHS in den vergangenen Jahren?
Dazu zählen verschiedene kleinere Erfolge. Jede neu angelegte Hecke oder etwas Ähnliches ist ein Erfolg. Im vergangenen Jahr feierte unser Verein sein 75-jähriges Bestehen. Dies ist ein nennenswerter Meilenstein. Zum Jubiläum veröffentlichten wir eine Schrift, in der unsere Vereinsgeschichte aufgearbeitet wurde.
Am 26. Oktober findet der Baselbieter Naturschutztag statt, den Ihr Verein mitorganisiert. Was ist der Gedanke hinter diesem Tag?
Naturschutztage haben das Ziel der Sensibilisierung und der Beteiligung der Bevölkerung, die Förderung von Naturschutzprojekten und des sozialen Austausches.
Was hat Ihr Verein morgen geplant?
Dieses Jahr werden wir uns in Gruppen aufteilen und einen halben Tag an verschiedenen Standorten arbeiten. Es werden einige Obstbäume am Rebberg gepflanzt, eine Hecke wird ergänzt und ein nicht mehr benötigter Zaun am Waldrand wird entfernt. Anschliessend gibt es ein gemeinsames Mittagessen. Für uns als Verein ist es wichtig, daran teilzunehmen, um Präsenz zu zeigen und die tolle Initiative zu unterstützen. Die AGNHS organisiert den Naturschutztag nun schon zum zweiten Mal in Folge in Kooperation mit der Landschaftskommission der Gemeinde Sissach, eine Zusammenarbeit, die wir sehr schätzen.
Wie viel bringt ein eintägiger Einsatz mit «Laien» aus der Bevölkerung?
Das ist eine Frage der Perspektive. Ein eintägiger Einsatz, isoliert betrachtet, bringt der Natur selbst langfristig gesehen wenig, denn eine Wildhecke oder ein Weiher müssen regelmässig gepflegt werden. Wenn man aber bedenkt, dass dieser Einsatz am Naturschutztag jedes Jahr stattfindet und jedes Jahr ein Beitrag investiert wird, bringt das der Natur schon etwas. Wenn dann auch noch jeder Laie, der an diesem Tag dabei ist, etwas lernt und auf ein bestimmtes Thema sensibilisiert wird, vervielfacht sich der Effekt. Vielleicht legt er oder sie dann auch bei sich zu Hause eine Wildhecke an oder ist motiviert, sich sonst irgendwie weiter am Naturschutz zu beteiligen. Und so wird aus einem eintägigen Arbeitseinsatz mehr als nur das.
Welche Schwerpunkte verfolgen Sie in Ihrer Funktion als Co-Präsidentin im Verein?
Für mich muss Vereinsarbeit Spass machen. Ich versuche, den Vorstandsmitgliedern genügend Freiraum zu geben die Projekte umzusetzen, bei welchen sie eine intrinsische Motivation haben. Natürlich gibt es daneben auch einige Aufgaben, die einfach erledigt werden müssen. Aber da finden wir in der Regel auch immer eine Person. Ansonsten ist mir die Beziehung zur Gemeinde wichtig. Ich finde es essenziell, dass eine gute und konstruktive Zusammenarbeit bestehen bleibt.
Was sind die aktuellen Herausforderungen im Natur- und Heimatschutz?
Ich sehe die fortlaufende Naturzerstörung, die Klimakrise und weitere mehrheitlich globale Entwicklungen als problematisch an. Der Kapitalismus strebt nach immer mehr und das unabhängig von den Bedürfnissen unserer Lebensgrundlage. Darin sehe ich die grösste Gefahr und auch die grösste Herausforderung, weil wir nur begrenzt Einfluss nehmen können. Das anzunehmen und sich trotzdem im kleinen Rahmen für die Dinge zu engagieren, ist nicht einfach. Für den Heimatschutz sehe ich übrigens dieselbe Herausforderung. Wenn unsere Lebensgrundlage gefährdet ist, sind es auch unsere Traditionen und vieles, was aus vergangenen Generationen erhalten ist.
Was ist jetzt zu tun, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels im Rahmen des Natur- und Heimatschutzes zu mildern?
Es gibt viele Ansätze in verschiedenen Bereichen. Das Wichtigste ist, dass alle Ebenen – die Bevölkerung, die Wirtschaft und die Politik – verstehen, dass es das Handeln aller benötigt, um den künftigen Herausforderungen standzuhalten. Wir sollten aufhören, Alibi-Übungen zu machen, Greenwashing zu betreiben und uns gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben. Nur gemeinsam können wir Lösungsansätze umsetzen.
Zur Person
svr. Lina Ferrari ist 24 Jahre alt. Aufgewachsen in Sissach, ist sie momentan wohnhaft in Liestal. Sie arbeitet als Projektleiterin im Bereich Prävention und Gesundheitsförderung. So ist sie Programmleiterin «Voilà» bei der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände SAJV. Ihre Hobbys sind Naturschutz, Wandern, Draussensein und Lesen.