AUSGEFRAGT | BENNO KOLLER, KAMINFEGERMEISTER, HÖLSTEIN
28.12.2024 Baselbiet«Wir bringen Glück, Sicherheit und Wärme»
Zum Jahresende wollen ihm alle nochmals die Hand schütteln: Kaminfegermeister Benno Koller geniesst das Image als Glücksbringer. Er sieht sich aber vor allem als Experte für Verbrennungsanlagen ...
«Wir bringen Glück, Sicherheit und Wärme»
Zum Jahresende wollen ihm alle nochmals die Hand schütteln: Kaminfegermeister Benno Koller geniesst das Image als Glücksbringer. Er sieht sich aber vor allem als Experte für Verbrennungsanlagen und Feuer. Und immer mehr für Heizungen jeder Art.
Peter Sennhauser
Zum Jahreswechsel wollen wir Sie alle berühren. Sie bringen Glück, stimmt das?
Benno Koller: Aber ja – historisch gesehen haben wir den Menschen Glück gebracht. Als man in den Städten Rauchgaszüge zu bauen begann, lagerten sich darin höchst brennbare Russrückstände ab. Wenn der Glanzruss Feuer fing, kam es zu verheerenden Bränden, denen ganze Strassenzüge oder sogar Städte zum Opfer fielen. Mit der regelmässigen Reinigung der Kamine bekam man das Problem in den Griff. Also brachte der Kaminfeger wortwörtlich Glück: Im Sinne von Sicherheit und Lebenserhaltung.
Also ganz anders als das vierblättrige Kleeblatt, das einfach nur selten ist …
Richtig: Der Ursprung unseres guten Rufs liegt darin, dass wir Brände, Unglück und Rauchvergiftung verhinderten. Und das ist mehr als eine historische Tatsache: Auch heute leisten wir in Sachen Sicherheit und Umwelt noch viel.
War Ihr ursprünglicher Berufswunsch «Glücksbringer»?
(lacht) Tatsächlich habe ich mich wegen der Vielseitigkeit und dem menschlichen Kontakt für den Beruf begeistert. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen. Der Kaminfeger kam regelmässig, das hat mich fasziniert: Der hat jeden Tag mehrere verschiedene Familien und Häuser besucht, hatte Einblicke in das Leben im Dorf … – Daneben war da noch der Umgang mit dem Feuer, das mich immer schon begeistert hat.
Heute seid Ihr aber bald so rar wie das vierblättrige Kleeblatt?
Die Technologie in der Verbrennung hat sich stark verbessert. Moderne Anlagen arbeiten nahezu rückstandsfrei, weshalb sie seltener gewartet werden müssen. Früher haben wir bis zu viermal im Jahr einen Haushalt besucht, heute ist es bei Öl und Gas in der Regel einmal, bei Holzfeuerungen zweimal der Fall. Das hat unseren Beruf stark verändert – weg von der traditionellen Russentfernung hin zu Service, Unterhalt und Optimierungen.
Sind die Wärmepumpen der Untergang der Kaminfeger?
(lacht) Uns wird die Arbeit nicht ausgehen, aber sie verändert sich stark. Natürlich spüren wir den politischen Willen, von fossilen Brennstofen wegzukommen. Vor allem im Neubausektor sind Ölund Gasheizungen kaum mehr gefragt. Allerdings erleben wir eine hohe Nachfrage nach Holzheizungen, insbesondere Pellets. Sie sind CO2-neutral, basieren auf einheimischer Energie und sind nicht leitungsgebunden. Diese Unabhängigkeit schätzen viele.
Sie sagen, Ihnen werde die Arbeit nicht ausgehen. Was sichert Ihnen und den sechs Mitarbeitenden das Einkommen?
Wir integrieren zusehends Serviceleistungen für alternative Heizsysteme wie Wärmepumpen oder die Reinigung von Solaranlagen. Und wir erhalten neue Aufgaben durch Vorschriften wie die periodische Reinigung von Lüftungsanlagen in Minergie-Häusern oder die Kontrolle von Holzfeuerungen, die seit September gemäss Luftreinhalteverordnung regelmässig stattfinden muss.
Statt Kamine zu fegen prüfen Sie jetzt Cheminées?
Schweden- und Specksteinöfen oder Cheminées, jede Form von Holzheizung. Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, wie man diese Anlagen sauber und effizient betreiben kann, und wir sorgen dafür, dass das passiert.
… aber was lässt sich an meinem offenen Cheminée optimieren?
Ziemlich viel, von der Luftzufuhr bis zur Art der Feuerung. Abgesehen davon, dass es diese offenen, eher ästhetisch motivierten Feuerstellen immer seltener gibt oder sie durch bessere Systeme ersetzt werden, zeigen wir den Besitzern aber auch gerne, wie man ein Feuer richtig aufbaut.
Ich dachte, das hätten wir in der Pfadi gelernt.
Eben, dabei legte man damals im Wald das Feuer von unten nach oben an, heute machen wir es umgekehrt. Feuer ist eine unglaublich spannende und vielseitige Sache.
Das heisst, Sie sind auch Feuerwehrmann?
Ich war vier Jahre in der Feuerwehr, heute leiste ich Dienst auf Abruf bei Kaminbränden: Die werden mit Temperaturen bis zu 1200 Grad zur Herausforderung für die Feuerwehr und sind sehr komplex. Da hilft es, wenn man die Anlagen kennt und weiss, wie man vorgehen muss. Darüber hinaus darf ich der Kriminalpolizei als Forensiker für Brandverläufe oder bei Unfällen mit Rauchgas helfen – das ist äusserst spannend.
Was war der schönste Moment in Ihrer Laufbahn?
Jede Gelegenheit, jemandem zu helfen, seine Heizung wieder in Gang zu bringen, die nicht mehr richtig wollte. Und wenn mir die Kinder nachlaufen, weil sie die Glücksbringerknöpfe anfassen wollen. Das gibt es noch, und es macht immer wieder Freude.
Und der schwärzeste Tag?
All jene, an denen ich in die Räucheranlage einer alten Metzgerei oder in das Heizwerk von Industriebetrieben wie Kaffeeröstereien einsteigen muss: Da ist man trotz Schutzanzug und Maske am Abend rabenschwarz.
Bleibt der Kaminfeger ein Glücksbringer?
Die Symbolik bleibt, auch wenn sich der Beruf stark verändert. Wir bringen weiterhin Glück – sei es durch Sicherheit, saubere Luft oder einfach ein wärmendes Feuer an kalten Tagen.
Zur Person
sep. Benno Koller ist seit 18 Jahren Kaminfegermeister in der Region oberes Baselbiet. Der 48-Jährige ehemalige Luzerner lebt mit seiner vierköpfigen Familie in Hölstein, wo er auch sein Geschäft betreibt: Das Unternehmen ist seit seiner Gründung im Jahr 2006 stetig gewachsen und beschäftigt heute 4 Mitarbeitende und aktuell 2 Lernende.