August – Krönung des Sommers
31.07.2025 BaselbietVon kürzer werdenden Tagen und alten Erntebräuchen
Der August ist der Monat der stillen Fülle. Felder, Gärten und Obstbäume stehen in voller Reife, die Luft flimmert, die Sonne ist hoch und stark – und doch liegt in den kürzer werdenden Tagen bereits ...
Von kürzer werdenden Tagen und alten Erntebräuchen
Der August ist der Monat der stillen Fülle. Felder, Gärten und Obstbäume stehen in voller Reife, die Luft flimmert, die Sonne ist hoch und stark – und doch liegt in den kürzer werdenden Tagen bereits der leise Ruf des Herbstes.
Hanspeter Gautschin
Benannt wurde dieser Monat im Jahr 8 v. Chr. nach Kaiser Augustus – zuvor hiess er schlicht «Sextilis». Dieser Name leitete sich von seiner ursprünglichen Stellung im alten römischen Kalender ab, der das Jahr im März beginnen liess und den August somit als sechsten Monat zählte. Mit der Umbenennung ehrte man die Erfolge des Kaisers, die man mit dieser Jahreszeit verband.
Auch sprachlich trägt der August das Versprechen der Fülle in sich: Das lateinische «augere» bedeutet «vermehren, wachsen lassen, sich erfüllen».
Jetzt reifen Himbeeren, Johannisbeeren und Stachelbeeren – begehrt nicht nur von uns Menschen, sondern auch von den Vögeln. Wer ernten will, sollte Netze über die Sträucher spannen. Auf den Feldern neigt sich das Getreide, die ersten Äpfel fallen, in den Gärten leuchten Kürbisse, Tomaten und Sonnenblumen. Der Sommer trägt schwer – und schenkt reich.
Feurige Kraft
«Was der August nicht kocht, kann der September nicht braten.» So sagt es die überlieferte Bauernregel – und trifft den Kern: Der August muss warm und trocken sein, damit die Reife gelingt.
Bereits lange vor dem morgiggen Nationalfeiertag feierten keltische Völker rund um den Augustbeginn das Fest Lughnasadh, gewidmet dem Licht- und Fruchtbarkeitsgott Lugh. Seine feurige Kraft galt als Ursprung der Reifung: Sie trieb den Saft ins Korn, füllte die Kräuter mit duftenden Ölen und liess Obst und Gemüse zur vollen Entfaltung gelangen. Ob Lughnasadh auch im Raum des heutigen Oberbaselbiets gefeiert wurde, lässt sich historisch nicht eindeutig belegen
– doch bei den hier ansässigen Kelten, insbesondere den Raurachern, erscheint es zumindest denkbar.
Im Kontrast dazu wirken die zunehmend seltener gewordenen 1.-August-Feiern im Oberbaselbiet wie ein stiller Verlust – nicht nur an Gemeinschaft, sondern auch an innerem Feuer. Wo früher Höhenfeuer brannten, Musik erklang und Reden gehalten wurden, herrscht heute vielerorts Schweigen.
Dank nach harter Arbeit
Nach der letzten Garbe folgte einst die «Sichellegi» – das bäuerliche Fest des Ernteabschlusses. In Reigoldswil und Oberdorf ist dieses Dankfest bis ins frühe 20. Jahrhundert belegt. Man legte die Sichel weg, setzte sich an einen langen Tisch, ass, trank, lachte – ein Moment des Innehaltens nach harter Arbeit, getragen von Musik, Gemeinschaft und einem Gefühl des Genug.
Am Bartholomäustag (24. August) endet traditionell die Zeit der Hundstage. Die Bauernregel sagt: «Sankt Bartholomä bringt Regen oder Schnee – oder den letzten Sommertag.» Und tatsächlich: Zugvögel wie Kuckuck, Mauersegler und Störche verlassen nun allmählich die Region. Der Himmel wird leerer. Der Sommer macht sich auf den Weg.
Rituale heute:
– Sternschnuppennacht (10. August): In der Laurentiusnacht still in den Himmel blicken – ein Wunsch, ein Gedanke, eine Erinnerung dem Licht übergeben.
– Erntedank im Kleinen: Eine einfache Mahlzeit aus Garten oder Region zubereiten – und sie mit Achtsamkeit geniessen. Dankbarkeit wächst dort, wo wir uns Zeit nehmen.
– Sommerfeuer oder Kerzenritual: Noch einmal das Licht ehren – mit Feuer, Glut oder einem stillen Kerzenschein. Vielleicht als Abschied von einem Lebensabschnitt. Vielleicht als Einladung an das Kommende.
Der August ist das stille Herz des Sommers. Ein Monat, in dem sich die Welt zur Vollendung rundet – nicht in Lärm, sondern in reifer Tiefe. Er zeigt uns: Alles, was zur Fülle gelangt, darf sich auch wandeln. Im Vergehen liegt keine Trauer – sondern eine leise Form von Weisheit.