Angespannte Situation im KSBL
15.12.2023 BaselbietDas Spital steht finanziell unter Druck – Streit mit Pflegepersonal über Lohnerhöhung
Die Lohnverhandlungen im Kantonsspital Baselland sind vorerst gescheitert. Der Berufsverband der Pflegefachfrauen und -männer hofft nun, für seine Mitglieder vor einem ...
Das Spital steht finanziell unter Druck – Streit mit Pflegepersonal über Lohnerhöhung
Die Lohnverhandlungen im Kantonsspital Baselland sind vorerst gescheitert. Der Berufsverband der Pflegefachfrauen und -männer hofft nun, für seine Mitglieder vor einem Schiedsgericht einen Teuerungsausgleich herausholen zu können. Das Spital weist auf den «grossen Kostendruck» hin.
André Frauchiger
Daniel Simon vom regionalen Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) ist skeptisch: «Das Kantonsspital Baselland ist in einer sehr schwierigen finanziellen Situation.» Das sei wohl einer der Hauptgründe, weshalb es bei den jüngsten Lohnverhandlungen mit der Spitalleitung zu keiner Einigung gekommen ist. Simon zum weiteren Vorgehen: «Nun soll ein Schiedsgericht angerufen werden. Doch zuerst müssen wir mit der Spitalleitung einig werden, wie sich dieses zusammensetzt.» Nur so werde es von allen Sozialpartnern respektiert. Die Mediensprecherin des Kantonsspitals Baselland (KSBL), Anita Kuoni, sagt dazu: «Es ist der reguläre Prozess gemäss Gesamtarbeitsvertrag, dass bei Nichteinigung ein Schiedsgericht angerufen werden kann.»
Klar ist: Das Pflegepersonal besteht auf seiner Forderung, den vollen Teuerungsausgleich zu erhalten. Im vergangenen Jahr betrug die Teuerung laut Bund 2,8 Prozent. Das KSBL als Arbeitgeber habe dieses Jahr aber nur eine Lohnerhöhung von 1,8 Prozent gewähren wollen, so Simon. Damit habe alleine das Jahr 2022 für einen Kaufkraftverlust von 1 Prozent gesorgt, wie er vorrechnet. Die Teuerung im laufenden Jahr schenke nochmals ein.
Sollte der volle Teuerungsausgleich jetzt nicht gewährt werden, hätten auch die einzelnen Lohnerhöhungen in den vergangenen Jahren «real gesehen» nicht viel oder gar nichts gebracht, so Simon. Das müsse vermieden werden. Bis über den Teuerungsausgleich vor einem Schiedsgericht entschieden und das Geld rückwirkend ausbezahlt werde, könnte es noch Monate dauern, bedauert Simon.
«Individuelle Anpassungen»
Das KSBL vertritt eine andere Sicht der Dinge. Der Vorwurf, das Spital richte keinen Teuerungsausgleich aus, sei «die Darstellung der Gewerkschaften», erklärt Sprecherin Anita Kuoni. Und: «Selbstverständlich gewähren wir unseren Mitarbeitenden eine Lohnentwicklung.» Sie könne zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht kommuniziert werden, da der Beschluss des Verwaltungsrats noch ausstehe.
Für das laufende Jahr hätten die Lohnerhöhungen der dem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterstellten Mitarbeitenden «gesamthaft durchschnittlich 2,5 Prozent» betragen, so Kuoni. Neben einer «generellen Lohnentwicklung» seien individuelle Massnahmen, darunter eine Verbesserung der Lohnnebenleistungen und eine Anhebung der Saläre für jüngere Mitarbeitende, umgesetzt worden. Ferner hätten Mitarbeitende mit niedrigerem Einkommen eine Lohnerhöhung von bis zu 4,5 Prozent erhalten. Besserverdienende hätten dagegen «mit steigendem Salär eine immer kleinere Lohnerhöhung bekommen»; die höchste berücksichtigte Lohnstufe habe gar keine Entwicklung erfahren, sagt Kuoni.
Die Leitung des KSBL ist der Meinung, dass ein genereller Teuerungsausgleich und eine Lohnentwicklung gemäss den Vorstellungen der Gewerkschaften zur Folge hätten, dass alle GAV-Mitarbeitenden, also auch diejenigen in höheren Lohnklassen, denselben Prozentanteil erhielten. Sprecherin Kuoni: «Das scheint uns nicht fair.» Bei den Lohnverhandlungen mit den Gewerkschaften, die jeweils im Spätherbst stattfinden, hätten sich «unterschiedliche Überzeugungen» ergeben. Die Mediensprecherin weiter: «Während die Gewerkschaften sich nur auf den Grundlohn fokussieren, beziehen wir in die Lohnentwicklung auch weitere Bestandteile wie Pikett-/Schichtzulagen oder Zuschläge für kurzfristige Aufgebote sowie strukturelle Lohnanpassungen mit ein.»
Entlassungen befürchtet
Der Hauptgrund für das Scheitern der Verhandlungen seien die unterschiedlichen Positionen der Spitalleitung und der Gewerkschaften. Mit am Verhandlungstisch sitzen neben dem SBK auch die Gewerkschaften VPOD, VSAO und Syna. Anita Kuoni räumt aber ein, dass die Spitäler, darunter auch das KSBL, unter einem «enormen Kostendruck» litten. Denn sie hätten bei «gleichbleibenden Tarifen einen sehr eingeschränkten finanziellen Spielraum».
Die Verwaltungsratspräsidentin des KSBL, Madeleine Stöckli, hat kürzlich in einem Interview in der bz unterstrichen, dass es trotz Kostendruck nicht zu Massenentlassungen kommen werde. Die Befürchtung, dass beim Personal gespart wird, hegt aber Daniel Simon vom SBK. Er hält gegenüber der «Volksstimme» fest, dass seiner Einschätzung nach «bis zu 150» im KSBL beschäftigte Personen im kommenden Jahr von einer Kündigung betroffen sein könnten.
KSBL-Sprecherin Kuoni weist darauf hin, dass das Krankenversicherungsgesetz die Spitäler verpflichte, ihre Leistungen wirtschaftlich zu erbringen. Bei jeder natürlichen Fluktuation werde geprüft, ob die Stelle wirklich neu besetzt werden muss. Und: «Diese Praxis pflegen wir seit Jahren. Wir überprüfen kontinuierlich, ob wir richtig aufgestellt sind. Die Kriterien sind dabei klar: Wird eine Leistung nachgefragt? Kann sie wirtschaftlich erbracht werden? Ist sie versorgungsrelevant?» Im Gegensatz zu anderen Unternehmen könnten Spitäler die Preise für ihre Dienstleistungen nicht einfach erhöhen. Kuonis Fazit: «Die Schere zwischen Kosten und Erträgen geht immer weiter auseinander.» Ein grösserer Personalabbau sei 2024 oder zu einem späteren Zeitpunkt also nicht auszuschliessen.
Doch welche Massnahmen sieht das KSBL vor, um seine Gesamtsituation zu verbessern? Anita Kuoni erklärt, dass «Korrekturen am Sollstellenplan» vorgenommen würden. Denn der aktuelle Plan basiere auf zu hohen Budgetannahmen. Klar sei: Wenn sich die budgetierten Zahlen nicht einstellen, müsse auch der Sollstellenplan korrigiert werden. Zudem würden «sukzessive Doppelspurigkeiten abgebaut» sowie «Prozesse vereinheitlicht und effizienter gestaltet». Kuoni sagt mit Nachdruck: «Wenn sich die Tarifsituation nicht nachhaltig verbessert, wird sich auch unser Kostendruck nicht verändern.» Gesundheitspolitische Diskussionen dürften folgen.