Ambulante Pflege als mögliche Kostensenkung
02.07.2024 Basel, Gesundheit, Gemeinden, GesellschaftPodiumsdiskussion zum Thema «Spitalplanung in der Grenzregion»
Die Gesundheitsdirektoren beider Basel, Thomi Jourdan und Lukas Engelberger, machen klar, dass die interkantonale Spitalplanung in der Grenzregion weiterhin Herausforderungen birgt: Trotz bestehender Kooperation ...
Podiumsdiskussion zum Thema «Spitalplanung in der Grenzregion»
Die Gesundheitsdirektoren beider Basel, Thomi Jourdan und Lukas Engelberger, machen klar, dass die interkantonale Spitalplanung in der Grenzregion weiterhin Herausforderungen birgt: Trotz bestehender Kooperation zwischen den beiden Basel bleibt die umfassende Zusammenarbeit schwierig.
André Frauchiger
Können die Spitalkosten, die rund 35 Prozent der Gesamtkosten im Gesundheitswesen ausmachen, durch den Ausbau und die Verbesserung der ambulanten Pflege gesenkt werden? Über diese Frage diskutierten die Gesundheitsdirektoren der Region auf Einladung der Regio Basiliensis und der Vereinigung Starke Region Basel/ Nordwestschweiz.
Die Gesundheitsdirektoren Thomi Jourdan (Baselland) und Lukas Engelberger (Basel-Stadt) wiesen darauf hin, dass ihre Kantone seit Jahren eine gemeinsame Spitalliste haben. Die enge Zusammenarbeit sei grundsätzlich gegeben. Dennoch ist nach der Ablehnung der Zusammenführung der staatlichen Spitäler der beiden Basler Halbkantone 2019 weiterhin der jeweilige Standortkanton allein für die Spital- und Bettenplanung zuständig. Dies sei auf Kostenseite meist kein Vorteil, darin waren sich beide Gesundheitsdirektoren einig.
Lukas Engelberger verwies auf die bisherigen Erfolge der interkantonalen Zusammenarbeit: Neben der gemeinsamen Spitalliste mit Baselland seien weitere Ziele, wie die Psychiatrie-Planung, in Angriff genommen und teilweise bereits umgesetzt worden. Er wandte sich aber grundsätzlich gegen eine «Planwirtschaft im Gesundheitswesen»: Die Patientinnen und Patienten könnten nicht mehr selber bestimmen, wo sie betreut werden – sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich.
Thomi Jourdan sprach sich für neue Krankenkassenangebote aus, die den ambulanten Bereich gezielt fördern sollen, um Kosten im stationären Bereich zu senken. Auch Behandlungen in süddeutschen Kliniken mit geringeren Kosten sollten in Betracht gezogen werden. Schweizer Krankenkassen müssten ihren Versicherten Angebote für kostengünstigere Behandlungen in Deutschland machen.
Grenzüberschreitend
Engelberger hielt es für möglich, dass Schweizer Patienten in ausländischen Kliniken behandelt werden, vorausgesetzt, die Schweizer Krankenkassen übernehmen die Kosten, wie sie es im Inland tun. Wenn dies umgekehrt funktionieren würde, kämen sofort Tausende von Franzosen und Deutschen zur Behandlung in die Schweiz, zeigte er sich überzeugt. Umgekehrt wären es seiner Meinung nach nur wenige Schweizer Patienten, die nach Deutschland zur Behandlung gingen.
Ohne die Krankenkassen, die heute Behandlungen im Ausland meist nicht bezahlen, gäbe es keine grenzüberschreitenden Patientenströme, bestätigte auch Martin Kistler, Landrat im Landkreis Waldshut (D).
Wie schwierig selbst eine enge interkantonale Zusammenarbeit mit den Kantonen Solothurn und Jura ist, zeigten die Voten der Solothurner Regierungsrätin Susanne Schaffner und des jurassischen Regierungsrats Jacques Gerber. Diese Kantone haben sich in mehrere Gesundheitsregionen aufgeteilt, wo die Grundversorgung sichergestellt ist. Für spezialisierte medizinische Leistungen müssen jedoch ausserkantonale Angebote genutzt werden.
Erschreckend waren die Schilderungen von Isabelle Trendel, Maire von Village-Neuf und Vizepräsidentin des südelsässischen Gemeindeverbands St-Louis Agglomeration. Im Südelsass ist die zeitgerechte Grundversorgung der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet. Patienten müssen für dringend notwendige Untersuchungen bis zu einem halben Jahr warten. Modern ausgestattete Spitäler gibt es nur wenige, etwa in Mulhouse, Colmar und Strassburg. Besonders gravierend ist die Situation in der Kinderheilkunde. Doch auch elsässische Patienten kommen nicht zur Behandlung in die Nordwestschweiz, da die französischen und deutschen Krankenkassen die höheren Kosten in der Schweiz nicht übernehmen.
Die Schilderung der schlechten medizinischen Versorgung im Südelsass liess die anwesenden Gesundheitspolitiker aufhorchen. Zwar muss die interkantonale Zusammenarbeit in der Schweiz weiterhin verbessert werden, aber die Gesundheitsversorgung funktioniere dennoch auf hohem Niveau. Der Vorschlag, mit dem Elsass ein Pilotprojekt im Bereich der Pädiatrie zu prüfen, um die Situation zu verbessern, blieb unwidersprochen.