Alles andere als ein Auslaufmodell
12.09.2024 Bezirk LiestalBürgergemeinden wollen Traditionen und Brauchtum fördern
Die Bürgergemeinden wollen im Volk besser wahrgenommen werden. Deshalb führen sie am Samstag landesweit den Nationalen Tag der Bürgergemeinden und Korporationen durch. Im Baselbiet wirken zwölf ...
Bürgergemeinden wollen Traditionen und Brauchtum fördern
Die Bürgergemeinden wollen im Volk besser wahrgenommen werden. Deshalb führen sie am Samstag landesweit den Nationalen Tag der Bürgergemeinden und Korporationen durch. Im Baselbiet wirken zwölf Bürger- und Burgergemeinden mit und laden die Bevölkerung zum Mitmachen ein.
Otto Graf
Grosse Ereignisse werfen lange Schatten voraus. Dies trifft auch auf den Nationalen Tag der Bürgergemeinden und Korporationen zu, der übermorgen Samstag landesweit erstmals ausgetragen wird. Der Verband Basellandschaftlicher Bürgergemeinden (VBLBG) liess es sich nicht nehmen, im Restaurant Sichternhof in Liestal vor den Medien für den Anlass gehörig die Werbetrommel zu rühren.
Verbandspräsident Georges Thüring unterstrich dabei die grosse Bedeutung der Bürgergemeinde innerhalb unseres Staatswesens. Im Jahr 1954, berichtete er, sei der VBLBG in Münchenstein mit der Absicht gegründet worden, die Existenzberechtigung der Bürgergemeinden angesichts des schwindenden Bevölkerungsanteils der Ortsbürgerinnen und -bürger zu sichern. Man habe sich damals auch die geistige Abwehr gegen die Verstädterung oder das Werben für die Verbundenheit mit dem heimatlichen Boden bei der Jugend auf die Fahne geschrieben.
Heute sind die Aufgaben und Befugnisse der Bürgergemeinden weniger patriotisch, aber umso bedeutsamer im kantonalen Gemeindegesetz geregelt. Dort steht unter anderem: «Die Bürgergemeinde erteilt das Gemeindebürgerrecht. Sie fördert die Heimatverbundenheit und unterstützt kulturelle Bestrebungen. Sie bewirtschaftet ihren Wald nach fachmännischen Grundsätzen. Sie hält ihren Grundbesitz gegen angemessene Entschädigung für öffentliche Zwecke zur Verfügung.»
Dienste für die Allgemeinheit
Wie Thüring vorrechnete, gehört der Wald im Baselbiet zu 75 Prozent den Bürgergemeinden. Diese, beziehungsweise die Forstzweckverbände, erbringen jedes Jahr zugunsten der Allgemeinheit zahlreiche Dienstleistungen, die von den Einwohnergemeinden abzugelten sind, wie es im Waldgesetz geregelt ist. Denn der Wald ist öffentlich, aber er gehört jemandem. Die Bürgergemeinde organisiert zudem vielerorts den Banntag, die 1.-August-Feier, die Waldputzete oder die Holzgant und leistet auf diese Art einen wichtigen Beitrag im kulturellen Bereich unserer Gesellschaft.
Zudem schaffen die Bürgergemeinden die Voraussetzungen, dass der Wald seine vielfältigen Funktionen als Gebilde der Natur oder als Erholungs und Freizeitgebiet überhaupt erfüllen kann, ohne dabei Schaden zu nehmen. Grössere Bürgergemeinden betreiben auch Alters- und Pflegeheime und weitere soziale Einrichtungen. «Alle Aktivitäten sind nicht Selbstzweck. Sie erfolgen im öffentlichen Interesse», so Thüring.
Marcel W. Buess, Geschäftsführer des VBLBG, verwies getreu dem Motto «Wurzeln – Werte – Weitsicht» auf die seit Jahrhunderten geltenden Begriffe der Bürgergemeinden und Korporationen. Die Unterscheidung zwischen Einwohner- und Bürgergemeinde, so Buess, existiere jedoch erst seit der Helvetik. Obwohl die Körperschaften, ausgenommen im Kanton Zug, keine Steuern erheben, sind sie dank der Erträge aus Grundeigentum, wie etwa Miet- und Pachtzinsen, Baurechtszinsen oder Deponiegebühren, in der Lage, sich an Projekten und Arealentwicklungen der Städte und Gemeinden zu beteiligen. Die Bürgergemeinden sind zweifellos tief verwurzelt im Volk.
400 Aktionen landesweit
Über 400 der insgesamt 1600 Bürgergemeinden und Korporationen in der Schweiz beteiligen sich auf unterschiedlichste Art am Samstag an den Aktivitäten. Im Baselbiet sind zwölf Körperschaften dabei. Niggi Bärtschi, Bürgerrat und Waldchef von Sissach, sowie Franz Kaufman und Andreas Jeppesen, die Bürgergemeindepräsidenten von Liestal und Reinach, stellten einige Events vor. So hat Gelterkinden mit befreundeten Organisationen einen Parcours mit Posten eingerichtet. In Sissach ist das Heimatmuseum geöffnet, verbunden mit einem historischen Dorfrundgang und Apéro für die Bevölkerung.
Der nationale Aktionstag, betonte Verbandspräsident Georges Thüring, bezwecke, die Bedeutung und die Wahrnehmung der Bürgergemeinde im Bewusstsein der Bevölkerung besser zu verankern. Er würdigte insbesondere das mit viel Herzblut verbundene Wirken der Leute, die sich uneigennützig, aber mit viel Idealismus für ihre Bürgergemeinde einsetzen und so ihren Beitrag dazu leisten, dass sich das Gemeinwesen als unverzichtbarer Teil unserer Gesellschaft weiterentwickeln kann.