Algerier muss ins Gefängnis
08.05.2025 BaselbietDer heute 28-jährige Asylbewerber stach in Buus auf einen Landsmann ein
Im Januar 2024 eskalierte eine Auseinandersetzung vor dem Asylheim in Buus. Wegen dieser Messerstecherei, aber auch aufgrund weiterer Delikte muss ein mittlerweile 28-jähriger Algerier für vier Jahre ...
Der heute 28-jährige Asylbewerber stach in Buus auf einen Landsmann ein
Im Januar 2024 eskalierte eine Auseinandersetzung vor dem Asylheim in Buus. Wegen dieser Messerstecherei, aber auch aufgrund weiterer Delikte muss ein mittlerweile 28-jähriger Algerier für vier Jahre und zwei Monate ins Gefängnis – zudem wird er des Landes verwiesen.
Thomas Immoos
Einige Taten sind mit Videoaufnahmen belegt. Das erleichterte dem Baselbieter Strafgericht in Muttenz, das umstrittene Tatgeschehen zu rekonstruieren. Vor allem konnten die Richter widerlegen, dass der mittlerweile 28-jährige Algerier nicht Opfer, sondern Täter war und seinen Kontrahenten am Kopf, am Bauch und an den Beinen verletzte. «Nur mit Glück», so der Gerichtspräsident an der Verhandlung am Montag, «kam es nicht zu lebensgefährlichen Verletzungen.»
Deshalb sah es das Strafgericht als erwiesen, dass Ali* vorsätzlich versucht hatte, seinen Landsmann Mehmet* zu töten. Denn er hatte gleich zwei Messer behändigt, mit denen er auf seinen Kontrahenten losging und von oben herab kräftig auf diesen einstach. Er liess auch nicht von ihm ab, als das Opfer zu Boden ging. Nicht nur Videokameras bewiesen die Tat, auch ein Zeuge schilderte das Tatgeschehen glaubhaft, wie das Gericht festhielt. Die Tat sei bei vollem Bewusstsein geschehen und nicht etwa infolge einer durch Drogenkonsum beeinflussten Psychose.
Angriff aus Rache
Vorausgegangen war dem blutigen Kampf eine Auseinandersetzung Stunden zuvor. Das spätere Opfer hatte Ali im Asylheim in Buus gemeinsam mit einem Kollegen aus dem Schlaf gerissen, die Treppe heruntergezogen und heftig gegen den Kopf getreten. Zum Einsatz kam auch hier ein Messer, mit dem Ali an der linken Augenbraue eine zehn Zentimeter lange Schnittwunde zugefügt wurde. Diese liess er sich im Kantonsspital Liestal verarzten. Und er beschloss, für den Angriff – dessen Ursache das Gericht nicht klären konnte – Rache zu üben. Er forderte Mehmet zum Messerkampf auf, der blutig, aber glimpflich ablief.
Alleine schon der Einsatz von Messern lasse auf den Vorsatz schliessen, seinen Gegner zu verletzen, bemerkte der Gerichtspräsident. Er zitierte einen Bundesgerichtsentscheid: Demnach sei «keine besondere Intelligenz nötig, um die Gefährlichkeit von Stichen in den Bauch zu erkennen». Der Täter musste mit tödlichen Folgen seines Handelns rechnen. Zumindest habe er schwere Verletzungen in Kauf genommen, womit der Vorsatz erwiesen sei. «Es war Glück, dass Mehmet nicht schwer verletzt wurde.»
Mehmet hat für die Verletzungen eine Genugtuung von 8000 Franken gefordert. Diese verweigerte ihm das Gericht. Dies, weil er den Streit begonnen hatte und er derzeit untergetaucht ist.
Nebst diesem Hauptdelikt sprach das Gericht Ali weiterer Delikte schuldig. In einem Zeitraum von anderthalb Jahren hat er mehrere Diebstähle in Migros- und Manor-Läden begangen und mehrere Autos auf der Suche nach Diebesgut aufgebrochen. Der Staatsanwalt hatte auf gewerbsmässiges Vorgehen plädiert, eine Auffassung, die vom Gericht geteilt wurde: Denn die Diebstähle hätten einen «namhaften Beitrag zum Lebensunterhalt» des Täters ausgemacht; im Durchschnitt 450 Franken im Monat.
Auch treffe nicht zu, dass Ali nur Mittäter gewesen sei, während die Diebstähle vom Haupttäter begangen worden seien. Das sei eine Schutzbehauptung, befand das Gericht. Denn Ali habe in mindestens einem Fall – gemeinsam mit dem Mittäter – die Läden mit dem Diebesgut verlassen. Für die Gewerbsmässigkeit spreche auch das planmässige Vorgehen und der Umstand, dass er sich über Hausverbote in den Läden hinweggesetzt habe.
Freigesprochen wurde der Beschuldigte des mehrfachen Zugfahrens ohne gültiges Ticket; der Freispruch erfolgte jedoch nicht aufgrund mangelnder Beweise, sondern weil diese Delikte inzwischen verjährt sind. Weil eine weitere Tat, der Einsatz von Pfefferspray gegen einen Landsmann, nicht eindeutig zu beweisen war, erfolgte auch hier ein Freispruch. Im Weiteren ist der Mann mehrfach illegal in die Schweiz ein- und wieder ausgereist.
Kein Härtefall
Für all die aufgezählten Delikte verurteilte ihn das Gericht zu einer Gefängnisstrafe von 4 Jahren und 2 Monaten; davon abgezogen werden die knapp 500 Tage, die Ali seit der Verhaftung in Haft verbracht hat. Strafverschärfend wirkte, dass dem Algerier keine gute Prognose gestellt werden kann. Auch zeige er kaum Reue, sondern «sieht sich nach wie vor in der Opferrolle».
Bei vorsätzlichen Tötungsdelikten muss bei Ausländern ein Landesverweis ausgesprochen werden. Das Strafgericht legte ihn für Ali auf zehn Jahre fest. Ausserdem wird der Landesverweis dem Schengen-Informationssystem gemeldet. Das Gericht sah keinen Härtefall vor, der ermöglicht hätte, von einem Landesverweis abzusehen. Denn weder zu Frau und Kind in Italien noch zu seiner Grossmutter in Frankreich pflege Ali enge Kontakte.