In einer Auszeit von knapp 4 Wochen fuhr ich über Wien und Budapest nach Plojesti, 50 Kilometer nördlich von Bukarest. Beim ersten Blick aus dem Zug auf die Dörfer der Karpaten wuchs in mir die Vorfreude und Neugier auf dieses Land. Über die Plattform «workaway» ...
In einer Auszeit von knapp 4 Wochen fuhr ich über Wien und Budapest nach Plojesti, 50 Kilometer nördlich von Bukarest. Beim ersten Blick aus dem Zug auf die Dörfer der Karpaten wuchs in mir die Vorfreude und Neugier auf dieses Land. Über die Plattform «workaway» kam ich für zweieinhalb Wochen zum freiwilligen Einsatz auf einem Permakultur-Gemüsehof. Im Zelt, in dem ich schlief, musste ich mir wegen des Fluglärms die Ohren zustopfen. Am Wochenende in Bukarest war mir dann klar, dass die grosse Menge der Kurztrip-Touristen nachts landet und abfliegt. Zu den Kurztrips ist mir aufgefallen: Die Leute lassen sich in Gruppenreisen im Eiltempo durch die Gassen und Museen führen. Im Draculaschloss warten sie eine Stunde für ein Eintrittsbillett, um sich danach auf den Füssen herumzustehen. In einem touristischen Karpatendorf lief ich einen sehr schönen Weg in 1,5 Stunden zu einem Aussichtspunkt hinauf. Ein anderer Tourist, der mit der Gondelbahn dort ankam, meinte, für den Weg zu Fuss hätte er keine Zeit. Ich kam ins Grübeln: Zeit fürs Reisen, und dennoch keine Zeit?
Ein Neffe von mir kam für 29 Franken von Basel nach Bukarest geflogen. Er war froh, die ersten zwei Tage im unbekannten Land mit mir zu verbringen. Danach gingen wir getrennte Wege. Er mietete sich für eine Woche ein Auto, ich fuhr mit Bus und Autostopp an die Orte, die mich interessierten. Auf dem Fernweg via Transsilvania begegnete ich Landwirten, schlief bei Leuten privat im Dorf oder erlebte das Verhalten der Hunde bei den Schafherden. Einmal hat mich eine Bäuerin auf dem Weg gestoppt, weil der Durchgang wegen der Bären zu gefährlich sei. In kurzen Hosen und Sandalen konnte ich kleine Flüsse überqueren und wunderschöne Magerwiesen bewundern. Verschwitzt und klebrig bestieg ich am Ende meiner Reise abends den Schlafwagen nach Budapest und Wien. Am Kopf des Schlafwagens gab es eine Dusche, die bestens funktionierte. Erfrischt legte ich mich ins Bett, hoch erfreut über manch herzliche Begegnung, und träumte von Abenteuern, die ich nicht so schnell vergessen werde.
Donat Oberson, Böckten