MEINE WELT
17.01.2025 GesellschaftHarry Schnitzel und die bösen Quallen
Als Harry Schnitzel aus Asien zurückkehrte, er hatte seine Ferien im fernen Vietnam verbracht, war er kaum mehr zu erkennen. Seine Ohren leuchteten rot-blau wie FCB-Ohren vor sich hin. Seine normalerweise blauen Augen hatten ...
Harry Schnitzel und die bösen Quallen
Als Harry Schnitzel aus Asien zurückkehrte, er hatte seine Ferien im fernen Vietnam verbracht, war er kaum mehr zu erkennen. Seine Ohren leuchteten rot-blau wie FCB-Ohren vor sich hin. Seine normalerweise blauen Augen hatten sich in dunkelviolette Höhlen zurückgezogen. Die schwülstigen Lippen waren ganz ohne Botox auf das Doppelte ihrer normalen Grösse angeschwollen und hingen ihm schief im Gesicht. Da er den Mund nicht mehr schliessen konnte, weil ihn die übergrosse Zunge daran hinderte, fiel es nicht auf, dass seine pockennarbige Nase auf das Doppelte der ursprünglichen Masse angewachsen war.
«Was um Himmelsgottswillen ist denn mit dir passiert?», fragte ich ihn.
«Allen – Allen!», nuschelte er mir qualvoll entgegen. Und ergänzte: «’öse Allen!»
«Alain aus Zunzgen hat dich so übel zugerichtet?»
«Nein, ‘öse Allen!»
Natürlich meinte er nicht meinen Freund Alain aus Zunzgen, sondern Quallen aus Vietnam. Komischerweise freute ich mich still und leise, dass es gerade Harry Schnitzel, diesen verblödeten Laut-Sprecher, erwischt hatte. Ich benutzte die Gelegenheit, um seine nicht ganz spontane Sprachlosigkeit zu einem kleinen Exkurs in die Kultur der asiatischen Küche zu nutzen.
«Weisst du, dass man vietnamesische Quallen auch essen kann?», fragte ich ihn. Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr ich weiter. «Schmecken wirklich gut, etwa so wie eine missratene Götterspeise.»
«Mit Allen?», stöhnte Harry Schnitzel entgeistert zurück.
«Nein, mit Quallen!», gab ich völlig emotionslos zur Antwort. «So, wie du einen Wurstsalat machen würdest. Anstelle des ‹Chlöpfers› nimmst du lebende Quallen.»
«Lebende Allen?», krächzte Schnitzel.
«Nein. Lebende Quallen», entgegnete ich. «Aber nur die Sorten Cassiopea und Cephea eignen sich. Am besten jedoch eignen sich Wurzelmund-Quallen. Bevor du das Glibbervieh bei lebendigem Leib in mundgerechte Stücke schneidest, ziehst du dir Handschuhe und eine Tauchermaske an. Du weisst schon warum. Hehe!»
«’eissallen!»
Obwohl ich genau wusste, was Harry
Schnitzel sagen wollte, fuhr ich fröhlich fort.
«Wirklich erfrischend, so ein Quallensalätchen. Eine magenschonende und gesunde Erfrischung für coole Typen wie dich. Aber unbedingt daran denken: Man muss die Viecher gut wässern und über Nacht marinieren. Du weisst schon warum, gell!»
Kari Kochs Rezept: Quallen in dicke Streifen schneiden. Eine Stunde lang in einer grossen Schüssel mit kaltem Wasser einlegen. Das Wasser anschliessend abschütten und den Glibber mit heissem Wasser übergiessen. Wasser wieder abschütten, das Zeug über Nacht stehen lassen. Zwei Teelöffel Zucker hinzu, einen halben Teelöffel Salz, einen Esslöffel Essig und alles gut verrühren. Als Sauce bevorzugt Kari die Geschmacksrichtung «Wurstsalat». Quallen findet man übrigens im Versandhandel und beim gut assortierten Chinesen.
Der Autor, Kolumnist Hanspeter Gsell, lebt seit mehr als 40 Jahren in Sissach.