BRIEFE
03.09.2024 GesellschaftBiodiversitätsinitiative
Abstimmung mit grossem Fragezeichen
Eine grosse Entscheidung zur Biodiversitätsabstimmung steht bevor. Es sollen zu den heute bestehenden 20 Prozent Biodiversitätsfläche zusätzliche 10 Prozent bestes Ackerland ...
Biodiversitätsinitiative
Abstimmung mit grossem Fragezeichen
Eine grosse Entscheidung zur Biodiversitätsabstimmung steht bevor. Es sollen zu den heute bestehenden 20 Prozent Biodiversitätsfläche zusätzliche 10 Prozent bestes Ackerland zu unproduktiven Öko- und Blumenw iesen degradiert werden. Wenn «Pro Natura» und ähnliche Organisationen von einer massiven Aufwertung der Biodiversität sprechen, aber in gleichen Zug den Import von Lebensmitteln um 15 Prozent steigern müssen, ist das Ganze mehr als ein Betrug an unserer Bevölkerung. Es ist bedenklich, wenn man tausende Hektaren bestes Kulturland stilllegen will und die Lebensmittelbeschaffung einfach ins Ausland verlagert (Sankt-Florian-Prinzip). Von Befürworterseite hört man kein Wort über den extrem hohen Bevölkerungszustrom von heute 150 000 Menschen pro Jahr in die Schweiz. Das sind mit Abstand die grössten Schwachpunkte der so hochgelobten Biodiversität. Alle Neuankömmlinge brauchen Nahrung, Wohnungen, Strassen und Freiraum.
Ein regionales Komitee der Biodiversitätsbefürworter in der Nordwestschweiz äusserte sich grossartig unter linksgrüner Leitung: «Wir kämpfen nicht gegen die Landwirtschaft!». Was für eine fragwürdige Äusserung. Zum Glück wehren sich auch sämtliche schweizerischen Energieunternehmen sowie der Waldwirtschaftsverband mit aller Entschlossenheit gegen das Vorgehen der Befürworter.
Langsam taucht auch die Frage auf: Was kann bei den Linksgrünen der Grund sein, sich so vehement gegen eine produzierende Landwirtschaft zu wehren? Wegen ein paar Käfern und Sommervögel wird es bestimmt nicht sein. Sämtliche Initiativen der befürwortenden Organisationen kämpften in den vergangenen Jahren sogar gegen eine IP-produzierende Landwirtschaft. Durchweg alle durchgeführten Umweltschutzinitiativen der vergangenen Jahre hatten das gleiche Ziel: die rigorose Einschränkung einer produzierenden Landwirtschaft.
Der Grossteil der Landwirte fragt sich nun mit Sorge, was die linksgrünen Kreise wohl im Schilde führen. Wollen sie die vorbildlich geführte hiesige Landwirtschaft in die Knie zu zwingen? Aber bitte sehr, was gibt es denn Besseres als die nach schweizerischen Normen produzierende Landwirtschaft?
Darum mein Aufruf an das Schweizer Stimmvolk: Legen Sie am 22. September ein klares und überzeugtes Nein zur Biodiversitätsinitiative in die Urne.
Paul Eschbach, Diegten
Bautätigkeit bedroht die Landwirtschaft
Zum Artikel «Landwirtschaftsbetriebe wären in ihrer Existenz bedroht» in der «Volksstimme» vom 30. August, Seite 5
Der Schweizerische Bauernverband sieht die Versorgungssicherheit der Schweiz durch die Biodiversitätsinitiative gefährdet. Dabei ist es nicht die Schaffung von Biodiversitätsflächen, die unsere Landwirtschaft bedroht, sondern die fortschreitende Bautätigkeit. Zum Beispiel der zunehmende Bau von Lagerhallen und Gewerbeflächen, wie jüngst im SRF-Bericht über den Logistik-Boom beschrieben, zerstört wertvolle Agrarflächen unwiederbringlich. Im Gegensatz dazu tragen Biodiversitätsflächen langfristig zur Stabilität von Ökosystemen bei, die auch der Landwirtschaft zugutekommen. Es ist daher wichtig, den Fokus auf den tatsächlichen Flächenverlust durch Bautätigkeit zu richten, anstatt die Natur zum Sündenbock zu machen.
Lina Ferrari, Liestal
Eine Chance für die Landwirtschaft
Zum Artikel «Landwirtschaftsbetriebe wären in ihrer Existenz bedroht» in der «Volksstimme» vom 30. August, Seite 5
Der Schweizerische Bauernverband (SBV) lehnt die Biodiversitätsinitiative mit der Begründung ab, sie würde die Existenz der Landwirtschaftsbetriebe bedrohen. Dabei wird übersehen, dass die Förderung der Artenvielfalt langfristig die Grundlage für eine nachhaltige Landwirtschaft sichert.
Je mehr verschiedene Pflanzen- und Tierarten in unseren Kulturlandschaften erhalten bleiben, desto widerstandsfähiger wird die Landwirtschaft gegenüber den Herausforderungen des Klimawandels.
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass artenreiche Ökosysteme weniger anfällig für Schädlinge sind, was auch der Landwirtschaft zugutekommt. Im Jahr 2019 hat der SBV selbst gefordert, dass Parkinson als Berufskrankheit anerkannt wird, weil ein Zusammenhang mit Pestiziden nachgewiesen ist. Diese Forderung nach finanzieller Unterstützung verdeutlicht, dass eine Reduktion von Pestiziden – und damit der Erhalt der Biodiversität – nicht nur der Um welt, sondern auch der Gesundheit unserer Landwirtinnen und Landwirten dient.
Katharina Gunzenhauser, Sissach
Unser grösstes Problem ist die Übervölkerung
Warum will man der Realität nicht in die Augen schauen? Die Biodiversitätsinitiative ist eine reine Alibiübung und Realitätsverweigerung unserer Wohlstandsgesellschaft über die wahren Gründe unserer Umweltbelastung. Selbst das Bundesamt für Umwelt (Bafu) ist in diesem Punkt ehrlich, indem es zugibt, dass das grösste Problem für unsere Umwelt der Siedlungsdruck ist. Es ist die Überbevölkerung und somit die Übernutzung der Natur.
Wissen Sie, dass unsere Wohlstandsgesellschaft ein Vielfaches mehr an Chemie und Medikamenten verbraucht als die Landwirtschaft, deren Abbauprodukte – Metaboliten – unsere normalen Kläranlagen gar nicht herausfiltern können und die somit in den Gewässern landen. Schauen Sie die hohen Mengen an Rückständen von perund polyfluorierten Chemikalien (PFAS) in unserem Grundwasser an, welche nichts mit landwirtschaftlichen Pflanzenschutzmitteln zu tun haben, sondern ein zunehmendes Problem unserer Wohlstandsgesellschaft sind. Wissen Sie, dass unsere Ackerböden zunehmend mit Dioxin und anderen chemischen Substanzen belastet sind durch das Verbrennen des Wohlstands-Drecks? Wissen Sie, dass dank unserer Mobilität jedes Jahr über 5000 Tonnen Pneuabrieb auf unseren Böden und in den Gewässern landen, die unterdessen mehr als 20 für die Wasserlebewesen schädliche Substanzen enthalten?
Die Schuld daran gibt man aber den Bauern. Selbst der UNO-Weltrat für biologische Vielfalt zeigt auf, dass 60 Prozent des Insektensterbens durch das Einschleppen von invasiven Schädlingen und Pilzen zurückzuführen sind. Und wir leisten uns noch den Fehler, die Gegenspieler der invasiven Schädlinge hereinzuholen, ohne die langfristigen Auswirkungen auf unsere einheimische Insektenwelt abzuklären.
Wissen Sie, dass diese Initiative schlussendlich bis 30 Prozent der Landesfläche oder 900 000 Hektar unter Schutz stellen will? Das ist verantwortungslos, zerstört zunehmend unsere Lebensmittel-Produktion und fördert durch noch mehr Lebensmittelimporte den Hunger in der Welt. Als alter Bauer bin ich erschrocken über die Oberflächlichkeit und Naivität dieses Befürworter-Komitees in Sachen Biodiversität. Warum löst man die Probleme nicht an den Wurzeln, anstatt sie mit Geld zuzudecken?
Sepp Oetiker, Zunzgen