POSTSKRIPTUM
30.07.2024 GesellschaftAuf dem Schnäpfenflüeli …
Bänz Friedli
Das Emmental! Als schönste der Welt hatte ich die Landschaft meiner Vormütter und Urväter stets gepriesen: «Was willst du in die Ferne schweifen …?» ...
Auf dem Schnäpfenflüeli …
Bänz Friedli
Das Emmental! Als schönste der Welt hatte ich die Landschaft meiner Vormütter und Urväter stets gepriesen: «Was willst du in die Ferne schweifen …?» Einen Vulkan in Indonesion hätte ich erklommen und die Zypressenhaine Umbriens durchwandert; in einem Boot hätte ich die Sümpfe Louisianas erkundet, hoch droben in Maine im Moosehead Lake geschwommen – und rundherum nur schiere Natur … Aber nirgends, pflegte ich zu schwadronieren, nirgends auf der Welt sei es so schön wie im Emmental.
Sogar ein Buch hatte ich geschrieben über jene Sehnsuchtsheimat: «Herz im Emmental». Und am gleichnamigen Dokumentarfilm arbeitete ich mit, der einige Menschen der Region in ihrer liebenswerten Schrulligkeit porträtierte, von der Heimarbeiterin bis zum Hardrockgitarristen.
Nun aber muss ich gestehen: Die sanften Hügel, die grünen «Matten», die Anhöhen und «Chrächen», die Bächlein und Wiesen, die Kieswege und Trampelpfade – sie sind im Baselbiet genauso schön. Mindestens. Wie ich zu der Einsicht kam? Am ersten freien Tag nach der Sommersession lud Florence Brenzikofer, die Nationalrätin aus Oltingen, uns zu einer Wanderung, ausgehend von ihrem Zuhause. Schon die Anfahrt mit dem Velo war atemberaubend. Okay, zunächst raubte die steile Strasse von Tecknau hinauf nach Wenslingen mir den Schnauf – aber sobald ich die Höhe erreicht hatte, war ich von der Natur bezaubert.
Und dann, zu Fuss, der Anstieg aufs Schnäpfenflüeli! Durch Waldstücke und vorbei an Magerwiesen, dicht und wild und buchstäblich unberührt, voller seltener Blüten und nie gesehener Schmetterlinge … Es war der erste warme Sonntag des zuvor so nasskühlen Sommers, und all der Regen hatte die Farben noch praller gemacht, das Wachsen und Wuchern der Pflanzen noch üppiger, das Grün noch grüner. Während Stunden begegneten wir keiner Menschenseele.
Die Sümpfe Louisianas haben schon ihren Reiz. Aber das hier – so wunderschön! Die Hügel, die Lichtungen, die stillen Plätzchen. Und die Weitsicht! Wo im Emmental hat man die schon? Als wir via Geissflue und Schafmatt allmählich wieder Richtung Dorf kamen, war es längst um mich geschehen. Sagen Sie es bitte nicht meiner Berner Verwandtschaft, aber: Ich habe mich ins Oberbaselbiet verliebt.
Als folgte der Traumtag einem Drehbuch, langten wir gegen Abend just dann im «Ochsen» Oltingen an, als auf der Open-Air-Bühne das Trio «Bluescht» seine ureigene Volksmusik zu spielen anhob. «Wilde Wald», heisst eines der Lieder, und aus dem kamen wir gerade. Naturjodel im Ohr, die Sonne im Gesicht, ein kühles Bier und Flammkuchen auf dem Tisch … So begeistert war ich, dass ich «Bluescht» gleich fürs Arosa Mundartfestival verpflichtete, dessen Programm ich Jahr für Jahr gestalten darf. Und welchem Kanton haben wir dort letztes Jahr einen Abend lang gehuldigt? Dem Baselbiet.
Einen Berner Abend hingegen gab es noch nie.
Mit dem gemeinsamen Programm «Songs und Gschichtä» gastiert der Autor und Kabarettist Bänz Friedli am 15. September zusammen mit Sina und Ralf Schlatter im «Marabu» Gelterkinden.