MEINE WELT
19.04.2024 GesellschaftAb an die Sonne
Flughafen Zürich. Sie haben das korrekte Terminal gefunden und begeben sich zum Check-in. Möglicherweise wird der Schalterbeamte Sie nur mit grossen Augen anschauen und Sie zu einem futuristisch aussehenden Gerät schicken.
...Ab an die Sonne
Flughafen Zürich. Sie haben das korrekte Terminal gefunden und begeben sich zum Check-in. Möglicherweise wird der Schalterbeamte Sie nur mit grossen Augen anschauen und Sie zu einem futuristisch aussehenden Gerät schicken.
«Jemand wird Ihnen dort behilflich sein», hat er zu Ihnen gesagt. Der Mann an der Maschine wird auch behilflich sein, keine Frage. Er wird wie wild auf die Maschine einschlagen, diese gotteslästerlich verfluchen und ihr nach einer Weile diverse Zettel entlocken. Da Sie die Origami-Anleitungen auf dem Ausdruck nicht interpretieren können, wird der Maschinen-Mensch Ihnen diese in die Hand drücken und Sie wieder zurück zum Schalter-Menschen schicken. Dort erhalten Sie Ihre persönliche Einsteige-Karte.
Unter Vorweisung dieser Karte und Ihres Passes lässt man Sie nun zur Sicherheitskontrolle. Dort wird man Ihnen alles abnehmen, das an diesem Tag gerade verboten ist. Da sich diese Vorschriften beinahe stündlich ändern, verzichte ich auf eine Aufzählung.
Reisen Sie in ein Land hinter die Regenbögen, wird Ihr Pass noch einmal kontrolliert. Leider wird die Kontrolle durch die Grenzpolizei immer mehr und mehr durch automatische Systeme ersetzt. Pass auf einen Bildschirm legen, Türe zur Schleuse geht auf und danach wieder zu. Hände erheben, Sie werden nun polizeilich erfasst und fotografiert. Irgendwo im Hinterzimmer vergleicht ein Männchen den eben eingelesenen Pass mit der Person in der Schleuse, also mit Ihnen. Wenn es meint, dass Sie auch so aussehen wie auf dem Foto, dann zieht es an einem grünen Hebel und die Türe geht auf. Drückt es auf einen roten Knopf, dann haben Sie Pech gehabt und man wird Sie grenzpolizeilich grillen.
Jetzt begeben Sie sich auf die Suche nach dem Gate, der Pforte. Unterwegs dorthin prägen Sie sich den Standort der letzten Toiletten ein. Wenn Sie das Gate gefunden haben, setzen Sie sich in einen der Sessel und gehen Ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Warten, nach. Es gibt keinen Grund, sich beim Einsteigen zu beeilen. Erst wenn sich die Schlange in Bewegung setzt, wird es Zeit zum Einsteigen. Manchmal lässt man die Passagiere blockweise einsteigen. Beachten Sie die Hinweise auf den farbigen Tafeln. Wehe, Sie halten sich nicht daran! Aber keine Angst: Niemand wird Ihnen den Sitz wegschnappen. Sollte bereits ein anderer Reisender auf Ihrem Sitz Platz genommen haben, wedeln Sie so lange mit Ihrer Karte vor seinem Gesicht herum, bis er diesen freigibt. Oder bis ein Mitglied der Crew eingreift.
Da Sie vielleicht als letzter Passagier zugestiegen sind, sind die Fächer für das Handgepäck bereits mit allerhand Tand vollgestopft. Ganze Orchideenfelder und überdimensionierte Handtaschen belegen bereits die Plätze in Ihrem Gepäckfach. Erwarten Sie nicht, dass man Ihnen beim Verstauen des Handgepäcks hilft. Sollten Sie vom Alter gezeichnet sein – Ihr Rücken ist krumm und schmerzt –, wird man Sie mit einer schnippischen Bemerkung abfinden.
Guten Flug, grüssen Sie mir die Sonne.
Der Autor, Kolumnist Hanspeter Gsell, lebt seit mehr als 40 Jahren in Sissach.