AHNIG VO BOTANIK
19.04.2024 BaselbietVW oder Opel
Andres Klein
Manchmal sassen wir am Sonntag am Strassenrand und spielten «VW gegen Opel». So konnten wir den langweiligen Sonntagsspaziergängen ausweichen. Jeder entschied sich für eine der beiden Marken. Derjenige ...
VW oder Opel
Andres Klein
Manchmal sassen wir am Sonntag am Strassenrand und spielten «VW gegen Opel». So konnten wir den langweiligen Sonntagsspaziergängen ausweichen. Jeder entschied sich für eine der beiden Marken. Derjenige gewann, von dessen Marke mehr Fahrzeuge vorbeifuhren. Das Spannende aus heutiger Sicht war nicht das Gewinnen, sondern dass wir diese beiden Marken aufgrund ihrer Merkmale unterscheiden konnten.
Es wäre wirklich wunderbar, wenn wir die vielen gelb blühenden Frühlingsblumen auch so rasch und sicher unterscheiden und benennen könnten. Ich nehme hier zwei Gattungen heraus: die Hahnenfüsse (Bild) aus der Familie der Hahnenfussgewächse und die Fingerkräuter aus der Familie der Rosengewächse. Die Blüten können an mehreren Achsen gespiegelt werden, was radiär-symetrisch genannt wird. Alle Vertreter der beiden Gattungen haben sowohl Staubblätter als auch Griffel, was sie von anderen Frühlingsblühern wie dem Sonnenröschen unterscheidet.
Betrachtet man die Blüte aus der Nähe, muss man nach kleinen Drüsen am Grund der Blütenblätter suchen. Hat es diese, genannt Honigdrüsen, dann ist es ein Hahnenfuss. Hat es keine, könnte es unter anderem ein Fingerkraut sein. Die Hahnenfuss-Arten haben eher eine glänzende Oberfläche, während die Fingerkräuter nur bei Regen glänzen. Das erste Unterscheidungsmerkmal verlangt genaues Beobachten.
Hat die Pflanze am Ansatz des Blattstiels kleinere oder grössere Blätter, so werden diese Nebenblätter genannt. Solche Nebenblätter gibt es bei den Rosen, bei den Hahnenfüssen fehlen sie. Das Vorhandensein oder Fehlen dieser Nebenblätter ist ein zweites Unterscheidungsmerkmal.
Sehr viele unserer essbaren Kulturpflanzen wie Äpfel, Kirschen, Himbeeren gehören zu den Rosengewächsen. Das traditionelle Beeren- und Früchteangebot wird von den Arten der Rosenfamilie geprägt. Im Gegensatz dazu fehlen in unserem Speisezettel die Vertreterinnen der Hahnenfussgewächse. Dafür kennen wir sie als Gift- und als Heilpflanzen wie den Fingerhut, den Eisenhut, den Rittersporn und die Nieswurz. Die Giftigkeit sieht man dem Äussern der Pflanzen nicht an. Somit ist dies ein Merkmal, das zur Bestimmung nicht geeignet ist.
Wenn Sie nun im April eine gelb blühende Pflanze mit Ausläufern finden, ist es höchstwahrscheinlich ein Kriechender Hahnenfuss, wenn Honigdrüsen zu sehen sind. Hat diese Pflanze aber diese Merkmale nicht, dann sind Sie vermutlich beim Kriechenden Fingerkraut gelandet. Beide sind in Gemüse- und Blumengärten schwer zu jäten. Wachsen die Pflanzen in Magerwiesen oder gar an steinigen Böschungen, gelten ähnliche Merkmale: Ohne Honigdrüsen ist es vermutlich das Frühlings-Fingerkraut, mit diesen wäre es der Knollige Hahnenfuss.
Ich würde Ihnen empfehlen, beim nächsten Spaziergang auf die Entdeckung von Kelch- und Nebenblättern zu achten. Sie können auch mit der Schweizer «FlorApp» ein Foto mit Ihrem Smartphone machen und Sie erhalten meist einen plausiblen Namensvorschlag. So etwas gibt es für Automarken noch nicht!
Andres Klein ist Botaniker. Er lebt in Gelterkinden.