TURNERBLICK
18.04.2024 RegionEhrenamtliche Abstinenz
«Für wen machst du das?» Es ist diese Frage, die man stets dem eigenen Ich vorhalten soll, ehe man sich für ein freiwilliges Engagement entscheidet. Diesen Tipp gab mir vor einiger Zeit Hans mit auf den Weg. Wir hatten uns ...
Ehrenamtliche Abstinenz
«Für wen machst du das?» Es ist diese Frage, die man stets dem eigenen Ich vorhalten soll, ehe man sich für ein freiwilliges Engagement entscheidet. Diesen Tipp gab mir vor einiger Zeit Hans mit auf den Weg. Wir hatten uns damals nach längerer Zeit wieder einmal getroffen und uns bei einem kurzen Gespräch auch über unsere Freizeit und Hobbys unterhalten. Wie er habe auch ich in den vergangenen Jahren immer mal wieder das eine oder andere ehrenamtliche Engagement ausgeübt und den einen oder anderen OK-Posten übernommen.
Angefangen hat es bei mir vor 20 Jahren. Damals bin ich im Turnverein als Leiter der Jugendriege eingestiegen. Weitere verschiedene OK- und Vorstandsämtli folgten in den darauffolgenden Jahren, sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Turnsports. Nach beinahe zwei Jahrzehnten mit stetigen Engagements folgte 2022 mit dem Rücktritt als TV-Präsident bei mir eine erste Zäsur. Ich wurde so quasi ehrenamtabstinent.
Für einige in meinem Umfeld und manchmal auch für mich fast unvorstellbar, dass ich der Vereinsmeierei den Rücken kehren würde. Dennoch hatte das OK-abstinente Leben auch seinen Reiz. Anfragen gab es zwar während dieser Zeit, Zusagen habe ich aber keine erteilt. Immer wieder musste ich bei einer Anfrage an die Worte von Hans denken und nahm mir diese zu Herzen. Auch wenn Ehrenämter für das Vereinswesen und unsere Vereinslandschaft von höchster Bedeutung sind, dürfen solche Pausen für die eigene Psyche nicht unterschätzt werden, um wieder Energie für Neues zu gewinnen.
Meine Abstinenz blieb letztlich nur von kurzer Dauer. Knapp zwei Jahre, um genau zu sein. Vor wenigen Wochen bin ich einem neuen Amt verfallen. Wieder war es eine simple Anfrage, die am Anfang stand. Wieder hatte ich Hans‘ Worte im Ohr. In diesem Fall waren der Reiz, die Motivation und das Drumherum für mich aber im Einklang, sodass ich dieser Anfrage eine Zusage erteilte. Nun bin ich also wieder zurück, zurück in der Ehrenamtlichkeit. Als neues Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaft Baselbieter Sportverbände möchte ich den Sport in unserem Kanton unterstützen.
Einerseits hing meine Zusage mit der Antwort auf die Frage, für wen ich das mache, zusammen. Andererseits könnte sie damit zusammenhängen, dass das ehrenamtliche Feuer in einem drin nicht mehr so schnell zu löschen ist. Von der ehrenamtlichen Tätigkeit profitieren nicht nur die Organisationen. Jeder kann für sich selber aus solchen Ämtern einen Nutzen ziehen. Jedenfalls bin ich davon überzeugt und deshalb auch wieder ehrenamtlich tätig. Die Ehrenamt-Abstinenz ist bei mir somit mindestens vorläufig wieder vorbei.
Thomas Ditzler arbeitet beim Schweizerischen Turnverband und ist ehemaliger «Volksstimme»-Sportredaktor.