Benito

3800 Meter über Meer am Titicacasee. Am Gränzposchte Kasani zwüsche Bolivien und Peru erwartet is euse neue peruanische Reisefüehrer Benito. So Reisefüehrer chönne närvigi Villplapperer sy, aber mit em Benito häi mer ins Schwarze troffe. Är isch en Indigene vom uralte Volk vo den Aymara, e Noochfahr vo de groosse Boumeischter vo Tiwanaku und Puma Punku, wo do ooben uf der Alti-Plano-Ebeni scho sit Tuusige vo Joor läbe. Der Benito cha fliessend Dütsch, Änglisch, Italiänisch und Französisch und natürlig Quechuan, d Sprooch vom Hochland. As Autodidakt het är sich alles sälber bybrocht, sit er scho as Bueb de Tourischte d Köffer gschleppt het, zum e bitzli Gäld für d Familie z verdiene, verzellt er is.

Im Hauptbruef isch er Puur und läbt mit der Familien in ere Kommunen in über 4000 Meter Hööchi. D Ächer gäben ihnen alles, was sii bruuche – Härdöpfel, Anderüebe, Bohne, Quinoa und Haber, der See isch voll Forälle, und rund um s Dorf weiden ihri Alpacas und Lamas, wo Wullen und Fleisch liifere. Für e Winter wird alles gfriertröchnet und in de Lagerhüüser ufbewahrt.

Mit den Inkas wäi d Aymara nüt z tue ha, ihr Volk isch vill elter. Nie häi sii sich mit dene Frömde vermischt oder denen ihri Religion aagnoo. Ebesowenig mit de Spanier und der Katholizismus. Sys Volk läbt, wie sit eh und je, numme die eigeni Naturreligion: Papa, Mama, Chaka-Chaka, WaWaWa … das heisst, Papa und Mama mache Liebi, und drus gits Chinder. Dasch alles. Aber das isch s Heiligscht. Numme d Familie, vo Generation zu Generation. Über ihne der Himmel, wo Rägen und Froscht bringt, under ihne d Ärde, wo sen ernährt und derzwüsche d Aymara für d Duur vom ne Mönscheläbe.

Vo der Mama lehre d Töchtere choche, spinne, wäben und stricke. D Buebe vom Papa d Arbet uf em Fäld, s Fische, s Scheeren und s Schlachte vo de Tier. Drum sy d Mama und der Papa die einzige Götter. Sii häi züggt und s Läbe gschänkt und alles glehrt. Und wenn sii stärbe, wärde sii im Hof hinder em Huus beärdigt. So blyyben alli immer zämme. Im Läbe, im Tood, am Taag und in der Nacht, wenn alli bi der Mama under de Röck schloofe.

Ihrne Fraue säge d Aymaramanne «my Heizig», wil d Wermi s Wichtigscht isch näb em Chaka-Chaka, wo d Mamas chönne spände. Siibe Röck häi sii überenander aa, dermit alli drunder chönne pfuusen und warm häi in de chalte Nächt. Au wenn s dört wenig Luft git. Nit zletscht isch drum au d Chinderstärbligkeit hööch, wil s immer wiider vorchunnt, ass d Buschi in däm Gedränge under de Röck verdruckt wärden und versticke. Au der Benito het soo e chlyni Tochter verlore.

Underwäggs trinkt er immer wiider Tee und verzellt, dä miech ihm d Frau e jede Morgen us em Sud vo der wilde Minze und sym eignen Urin. Chrank syg är drum s ganz Läbe lang no nie gsi.

D Begegnig mit ihm het eus so beyydruckt, dass mer im Benito zum Abschiid es Lama schänke. Und syni Träne vergässe mer nümm.

Florian Schneider wurde 1959 geboren und stammt aus Reigoldswil. Er ist Sänger, Schauspieler und Liederschreiber und lebt mit Tochter Mina in Eptingen.

MUNDART

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