Seid lieb zueinander

Hier in der Schweiz haben wir es so schön: Malerische Seen treffen auf majestätische Berge und grüne Täler. Unser Land ist bekannt für seine sauberen Städte, die effiziente Infrastruktur und eine hohe Lebensqualität. Auch kulturell haben wir viel zu bieten – wie das aktuelle Fasnachtstreiben in Basel zeigt.

Wir haben aber auch unsere Baustellen: So wird zum Beispiel nirgendwo in Europa so viel gemobbt wie an Schweizer Schulen. Liegt das daran, dass es uns einfach zu gut geht und sich die Mobber einfach langweilen? Oder liegt es nicht am Land, sondern daran, dass Kinder grausam sein können? Am Alter wird es nur bedingt liegen, denn auch Erwachsene schikanieren und peinigen sich – am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft oder im Verein.

Um dieser bedenklichen Situation entgegenzuwirken, wurde in Deutschland der Behaupte-Dich-gegen-Mobbing-Tag 2007 von zwei Studierenden ins Leben gerufen, weil ein Mitstudent aufgrund seines pinken Hemds gemobbt wurde. An diesem Tag, dem 22. Februar, wird nun seit 17 Jahren in gewissen Schulen, Unternehmen und Organisationen Pink getragen, um sich gegen Mobbing zu stellen.

Mir hätte so ein Tag in meiner Schulzeit geholfen. Während ich in der Primarschule beliebt war und viele Freundinnen hatte (die ich immer noch zu den mir am nächsten stehenden Menschen zählen darf), begann nach dem Übertritt in die Oberstufe eine schlimme Zeit. Schon vom ersten Tag an wurde ich Opfer von blöden Sprüchen und Beleidigungen – und das nur, weil ich als Einzige in der neu zusammengestellten Klasse niemanden kannte und gewissen «Klassenkameraden» offenbar langweilig war. Nach etwa zwei Jahren hat sich das zum Glück gelegt und die Klasse hat sich ein neues Mädchen als Opfer gesucht.

Offensichtliche Schäden habe ich von diesen unschönen Jahren zum Glück keine davongetragen, und ich geniesse mein Leben sehr: Ich habe eine abgeschlossene Berufslehre und ein Studium absolviert, verzichte auf Alkohol und bin auch nicht vorbestraft. Dennoch gibt es auch jetzt im Erwachsenenalter Momente, in denen ich die Auswirkungen meiner Oberstufen-Zeit immer noch spüre. Ich fühle mich in grossen Gruppen meistens unwohl, denke oft, dass ich störe und unerwünscht bin und kann nur schlecht für mich selber einstehen. Jahr für Jahr werde ich selbstbewusster, was mich stolz macht.

Gleichzeitig macht es mich jedes Mal wütend, wenn ich von Fällen lese oder höre, in denen sich Menschen aufgrund von Mobbing etwas angetan haben oder auf die schiefe Bahn geraten sind, denn so etwas darf einfach nicht passieren. Nicht im Jahr 2024, wo auf so vieles sensibilisiert wird und jede und jeder so akzeptiert sein sollte, wie er oder sie ist. Deshalb bitte ich hiermit alle: Seid lieb zueinander, sprecht Probleme und Meinungsverschiedenheiten an. Aber schreitet auch ein, wenn ihr beobachtet, dass jemand schikaniert und blossgestellt wird. Die Sechstklässlerin Luana wäre dankbar gewesen, wenn nicht alle nur zugeschaut hätten.

Luana Güntert, Sportredaktorin «Volksstimme»

HERZBLUT

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title