HERZBLUT
21.11.2023 GesellschaftZeit für andere Sachen
Der November bringt jeweils trübe, nebelverhangene Tage mit sich. Dazwischen sind hier und da vereinzelte Sonnenstunden zu erhaschen. Wir befinden uns aktuell in einer Art Zwischenphase: Es ist weder Herbst noch Winter. Die Natur ...
Zeit für andere Sachen
Der November bringt jeweils trübe, nebelverhangene Tage mit sich. Dazwischen sind hier und da vereinzelte Sonnenstunden zu erhaschen. Wir befinden uns aktuell in einer Art Zwischenphase: Es ist weder Herbst noch Winter. Die Natur verabschiedet sich endgültig von ihrem bunten Herbstkleid, die Tage werden kürzer, die Temperaturen fallen weiter und der Himmel präsentiert sich häufig in einem undurchdringlichen Grau.
Auch deshalb wird der November von manchen Menschen als ein eher ungeliebter Monat betrachtet, der wenig Aufregendes zu bieten hat. Zum Beispiel auch von mir: Der regionale Fussballbetrieb steht still, für (E)-Bike-Touren ist es häufig zu kalt und auch sonst läuft nicht allzu viel. Doch vielleicht sollten wir dem November die Chance geben, sich einmal von einer anderen Seite zu zeigen.
Denn obwohl das Wetter in diesen Tagen häufig nicht zu ausgedehnten sportlichen Aktivitäten unter freiem Himmel einlädt: Der November hat seinen Reiz. Der Nebel, der die Landschaft einhüllt, verleiht der Natur einen geheimnisvollen Schleier. Die klare Luft lässt uns die Geräusche um uns herum intensiver wahrnehmen: Das Rascheln vertrockneter Blätter unter unseren Schuhen oder das Plätschern des Regens auf der Strasse. Bei Spaziergängen lässt sich dies am besten erfahren.
Der November zwingt uns dazu, einen Gang herunterzuschalten, innezuhalten und uns auf das Wesentliche zu besinnen. Die Gemütlichkeit eines warmen Zimmers wird plötzlich wichtiger als das Streben nach ständiger Aktivität. Es ist die Zeit, in der wir es uns auf dem Sofa gemütlich machen und in einem Buch versinken können, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben, draussen etwas zu verpassen.
Vielleicht entdecken wir in dieser Ruhe sogar die Freude an kleinen Ritualen, die uns im hektischen Treiben des Alltags häufig entgehen. So ist es die Gelegenheit, wieder einmal – oder mehrmals – selber zu kochen. Gerade vor der deftigen Weihnachtszeit kann gesundes, frisches Essen ja nicht schaden …
Betrachten wir den November also nicht nur als grauen Vorboten des Winters, sondern als eine Zeit der Ruhe und der Möglichkeit, sich Dingen zu widmen, die sonst zu kurz kommen. Denn auch in der vermeintlichen Langeweile dieses Monats gibt es einiges zu tun – wie gesagt: Man könnte beispielsweise einen Spaziergang machen, ein Buch lesen oder etwas Feines kochen.
Und wem diese – zugegebenermassen nicht besonders originellen – Vorschläge nicht entsprechen, empfehle ich, etwas Unangenehmes anzupacken, das man in den «schöneren», aktiveren Monaten vor sich hinschiebt. Da im Moment ohnehin nicht viel läuft, hätte man ja Zeit dafür. Deshalb liess ich mir vergangene Woche die Weisheitszähne entfernen. Dank dem November habe ich das jetzt hinter mir – dank der hervorragenden Arbeit meiner Zahnarztpraxis übrigens fast ohne Schmerzen.
Janis Erne, Redaktor «Volksstimme»