«Nur kritisieren bringt nichts»
03.10.2023 NiederdorfAlfredo Kurmann war 23 Jahre lang als Gemeinderat tätig
Alfredo Kurmann hat sein Amt als Niederdörfer Gemeinderat in zwei Etappen ausgeübt und ist Ende September als 77-Jähriger zurückgetreten – nicht wegen des Alters, wie er betont.
Elmar Gächter
Er ...
Alfredo Kurmann war 23 Jahre lang als Gemeinderat tätig
Alfredo Kurmann hat sein Amt als Niederdörfer Gemeinderat in zwei Etappen ausgeübt und ist Ende September als 77-Jähriger zurückgetreten – nicht wegen des Alters, wie er betont.
Elmar Gächter
Er bezeichnet sich selber als «junggebliebener Senior», der sich für vieles interessiere, offen dafür sei, Neues zu erfahren und zu erleben, und keine Zeit für Langeweile habe. «Ich trete von meiner Funktion nicht wegen meines Alters zurück, sondern weil ich spüre, dass mir andere Interessen wichtiger werden und ich zeitlich nicht mehr so gebunden sein will», sagt Alfredo Kurmann. Und um gleich beizufügen, dass er seine Zeit im Gemeinderat von Niederdorf nicht missen möchte.
23 Jahre lang war er – mit einem längeren Unterbruch – Mitglied der Exekutive und bereits vor seinem ersten Amtsantritt 1994 in verschiedenen Bereichen für die Gemeinde tätig. Einsatz und Verantwortung für die Allgemeinheit zu übernehmen, ob in der Baukommission, in der Feuerwehr, als Wohnungsexperte oder als Friedensrichter, waren für ihn schon seit jeher wichtige Triebfedern. «Wenn du etwas bewirken willst, musst du mitarbeiten, nur von aussen kritisieren bringt nichts», beschreibt er sein Credo.
Kurmann ist keiner, der mit seiner Meinung hinter dem Berg hält. «Da und dort wurde ich als Neinsager wahrgenommen, mir ging es bei den Geschäften jedoch stets auch darum, dass sie nicht einfach durchgewinkt wurden. So könnte man mich vielleicht auch als Advocatus Diaboli bezeichnen, aber immer mit dem Ziel, eine gemeinsame Lösung zu finden», sagt der heute 77-Jährige von sich.
Dass ein öffentliches Mandat auch seine Schattenseiten hat, wurde ihm in seiner ersten Phase als Gemeinderat bewusst. Er wurde verschiedentlich angefeindet und von einem Einwohner sogar tätlich angegriffen. «Neben persönlichen Lebensumständen und dem eigenen Geschäft war dies mit ein Grund, weshalb ich damals nach sieben Jahren als Gemeinderat zurückgetreten bin», sagt Kurmann.
«Egoismus hat zugenommen»
Nach weiteren sieben Jahren, in denen er unter anderem als freiwilliger Mitarbeiter für Hilfsprojekte in Brasilien und Russland unterwegs war, lancierte er sein politisches Comeback. «Ich war wieder motiviert, und so habe ich mich auf Anfrage des damaligen Gemeindepräsidenten entschieden, 2008 nochmals zu kandidieren. Dass ich auf Anhieb ein zweites Mal als Gemeinderat gewählt wurde, betrachte ich mit Blick auf Wahlen in anderen Gemeinden alles andere als selbstverständlich», so Kurmann. Mit seinen Vorkenntnissen und Erfahrungen habe er die Arbeit im Gemeinderat wesentlich befreiter angehen können als in seiner ersten Amtszeit.
Als sehr positive Aspekte der Behördentätigkeit nennt Kurmann die vielfältigen Aufgaben und vor allem auch das Kennenlernen verschiedener Arbeitsweisen der Ratsmitglieder, was für ihn persönlich sehr befruchtend gewesen sei. Das ihm übertragene Ressort Bauwesen kam Kurmann als Baufachmann entgegen und als selbstständiger Unternehmer liessen sich Termine auch während des Tages beruflich gut verbinden. «Wenn du deinen beruflichen Hintergrund einbringen kannst, erspart dir dies viel Zeit bei der Prozessabwicklung – in meinem Fall insbesondere beim Gebäudeunterhalt und der Sanierung von Neubauten», ist er überzeugt.
Kurmann hat Niederdorf in seiner 23-jährigen Amtstätigkeit als eine offene und verständnisvolle Gemeinde kennengelernt, «halt mit ihren Sorgen und Nöten», wie er betont. «Die grössten Probleme gibt es meistens, wenn jemand persönlich von einem Vorhaben betroffen ist. Da spürt man in den vergangenen Jahren schon einen zunehmenden Egoismus. Der oder die Einzelne stellt persönliche Forderungen vermehrt vor jene der Allgemeinheit», so Kurmann. Als Gemeinderat, der das Gemeindeinteresse vertreten müsse, sei es nicht immer einfach, an Besprechungen gelassen zu bleiben. «Das Wichtigste dabei ist, die Leute ernst zu nehmen, auch wenn es sich nur um ein kleines Anliegen handelt, sonst sind sie enttäuscht und verletzt.»
Als wesentliche Erkenntnisse aus seinen vielen Jahren Ratsarbeit nimmt Kurmann mit, sich nicht zu wichtig zu nehmen und vorsichtiger zu sein im Kundtun seiner Meinungen. Es brauche einen gesunden Menschenverstand, einen breiten Rücken und nicht zuletzt Verzicht auf viel Freizeit. «Mein Mandat entsprach in etwa einer 20-Prozent-Stelle. Dies geht nur, wenn die Familie oder die Umgebung mit dieser Belastung einverstanden ist», sagt er. Auch wenn die Fülle an Geschäften in den vergangenen Jahren stark zugenommen habe, rät der Niederdörfer auch jüngeren Einwohnerinnen und Einwohnern, sich für den Gemeinderat zu bewerben. «Aber nur, wenn ein entsprechender Wille zur Zusammenarbeit, Interesse und Fähigkeit für den Umgang mit Problemen vorhanden sind.»
Die Atmosphäre im Gemeinderat hat Kurmann als manchmal ein wenig eigenwillig, aber am Ende stets für alle gut erlebt. «Ich verlasse den Rat mit einem guten Gefühl und Dankbarkeit für alles, was ich in diesen 23 Jahren an Erfreulichem und Interessantem erfahren durfte.»
Zur Person
emg. Der seit 1981 in Niederdorf wohnhafte Alfredo Kurmann steht im 77. Altersjahr. Er ist in der Nähe von Dagmarsellen aufgewachsen und bezeichnet sich als Luzerner im Herzen. Nach einer Maurer- und Hochbauzeichnerlehre hat er ein Studium als Tiefbauingenieur abgeschlossen. Er führt als Einmannunternehmen seit vielen Jahren ein Geschäft als Bau-Allrounder (Planung und Ausführung). Zu seinen Hobbys zählt er das Reisen in Europa mit der Bahn und künftig auch vermehrt in der Schweiz. Sehr wichtig ist ihm das Betreuen von Menschen in schwierigen Lebenslagen. Sein langjähriges Amt als Friedensrichter will er noch bis zum Ablauf der jetzigen Amtsperiode weiterführen.