«Man weiss, woran man bei mir ist»
27.10.2023 BaselbietSarah Regez (SVP) aus Sissach ist die Überraschung der Nationalratswahl
Mit ihrer starken Präsenz durch Plakate, die Sozialen Medien sowie provokative Auftritte und Äusserungen erzielte Polit-Neuling Sarah Regez (SVP) auf Anhieb eines der besten Ergebnisse der ...
Sarah Regez (SVP) aus Sissach ist die Überraschung der Nationalratswahl
Mit ihrer starken Präsenz durch Plakate, die Sozialen Medien sowie provokative Auftritte und Äusserungen erzielte Polit-Neuling Sarah Regez (SVP) auf Anhieb eines der besten Ergebnisse der Nationalratswahl. Wie viel davon ist Marketing und wie viel Regez?
Christian Horisberger
Frau Regez, herzliche Gratulation zu Ihrem hervorragenden Ergebnis an der Nationalratswahl. Wie gross ist Ihre Überraschung, dass Sie als Neueinsteigerin Platz 5 erreichten und sogar Ihren Parteipräsidenten schlagen konnten?
Das Ergebnis kam wie für alle anderen auch für mich völlig unerwartet und ich freue mich extrem darüber. Ich konnte damit zum Ziel der SVP beitragen, möglichst viele Stimmen zu holen. Dafür bin ich angetreten. Wir sind nun eine sehr starke Kraft im Kanton.
Was gab eher den Ausschlag für Ihren persönlichen Erfolg? Der Plakatwald oder Ihre teils provokativen Auftritte und Äusserungen?
Bin ich provokativ, wenn ich klar sage, was ich denke? Ich würde eher sagen, man weiss, woran man bei mir ist. Das Ergebnis habe ich noch nicht analysiert. Daher kann ich noch nicht beurteilen, was wie stark gewirkt hat.
Ihre Wahlkampagne war sehr professionell. Wer hat Ihren Wahlkampf gemanagt?
Planung und Organisation lagen grundsätzlich bei mir, und ich wurde von einem recht grossen Wahlkampfteam unterstützt.
Was hat Ihr persönlicher Wahlkampf gekostet?
Ich schätze maximal 10 000 Franken. Das Geld stammt von mir persönlich sowie von Spenden an mich.
Bis zu Ihren Kandidaturen für den Landrat im Frühling und den Nationalrat nun im Herbst waren Sie ein politisch unbeschriebenes Blatt. Was hat Sie in die Politik geführt?
Mein politisches Interesse wurde durch die Corona-Pandemie beziehungsweise die zum Teil übermässigen und nicht immer gerechtfertigten Massnahmen geweckt. Freiheitliche Werte und Eigenverantwortung haben für mich einen sehr hohen Stellenwert. Vieles ging mir während der Pandemie zu weit und ich habe mich dann vertieft mit den Programmen der verschiedenen Parteien befasst. Die Werte der SVP sind in den meisten Punkten deckungsgleich mit dem, was auch mir wichtig ist.
Sie studieren Recht und Politik und sind daneben im Personalmarketing auf Online-Basis tätig. Damit wissen Sie, wie man Aufmerksamkeit erregt. Haben Ihre Wählerinnen und Wähler nun die Marketing-Fachfrau gewählt oder sind Sie tatsächlich die Hardlinerin, auf die Ihre Rhetorik schliessen lässt?
Es ist richtig, dass ich weiss, wie Marketing funktioniert. Aber die Wählerinnen und Wähler sind klug genug, um nicht auf jemanden hereinzufallen, der nicht für das einsteht, was ihnen wichtig ist. Ich vertrete freiheitliche Werte. Ich sage, was ich denke und ich meine, was ich sage. Viele andere getrauen sich das nicht oder nur hinter vorgehaltener Hand. Das sind die Sachen, die gut ankommen, wie mir viele Rückmeldungen zeigen. Für die Positionen stehe ich ein. Die Positionen an die Leute bringen, das ist das Marketing.
Gender-Gaga, Woke-Wahnsinn, Klimaterroristen, sozialistische Enteignungsfantasien, Massenmigration: Ihr Ton kommt nicht überall in der Partei gut an. Der Präsident scheint von Ihrer Forschheit nicht sonderlich angetan zu sein, während der Fraktionschef Sie als grosses Polit-Talent rühmt und Ihnen als Junge Wilde Freiraum zugesteht. Was für Töne werden Sie in Zukunft anschlagen?
Die SVP ist eine Partei, die – wie der Name sagt – ein breites Spektrum an Meinungen und Mitgliedern aufweist. Dass meine klare Meinung bei unseren Wählern ankommt, zeigt das sonntägliche Wahlresultat. Ich sehe deshalb keinen Grund, meine klare Meinung nicht mehr zu äussern. Ich werde weiterhin sagen, was ich denke. Ich möchte nicht in einem Land leben müssen, in dem es nicht mehr möglich ist, Wahrheiten auszusprechen, die gewisse Menschen nicht hören möchten, weil sie weh tun.
Man kann «Wahrheiten» provokativ, aber auch moderat aussprechen.
Das ist so. Aber kommt es wirklich so sehr auf die Art und Weise an? Sollte man nicht vielmehr über Inhalte diskutieren, anstatt sich Gedanken darüber machen zu müssen, wie man etwas rüberbringt? Das Wahlergebnis zeigt doch: Die Menschen unterstützen die Inhalte der SVP, und ich spreche genau diese Inhalte an.
Die Inhalte aktiv umsetzen können Sie nicht. Sie sind sowohl für Liestal als auch für Bern «nur» Nachrückende. Und nichts deutet auf einen Rücktritt der Amtsträgerinnen und Amtsträger hin. Wie frustrierend ist das?
Überhaupt nicht. Für einen dritten Sitz hat es uns leider nicht gereicht, aber wir haben zwei wunderbare Nationalräte. Für mich stimmt das. Ich konzentriere mich jetzt auf die kantonale Kinderschutz-Initiative gegen «Gender-Sprache» an Schulen, deren Unterschriftensammlung bald starten wird.
Wir hätten Sie gerne gefragt, ob Sie an der Kesb-Mahnwache in Sissach teilnehmen wollen, doch die ist nach Bern abgezogen. Aufgrund eines Online-Posts solidarisieren Sie sich mit der Gruppe …
Es geht mir hier nicht um eine Gruppe, sondern um die Sache: Ich bin besorgt über das Bundesgerichtsurteil, das dem Konflikt zugrunde liegt. Ich bin der Meinung, dass man die körperliche Integrität des Menschen so weit als möglich schützen muss. Die Menschen sind aufgrund der Corona-Massnahmen auf solche Themen stark sensibilisiert. Wenn sie sich jetzt Sorgen machen und auf die Strasse gehen, dann müssen Politiker das ernst nehmen, anstatt sich zu distanzieren. Politikerinnen oder Politiker müssen mit Menschen zu tun haben wollen und sich mit deren Sorgen und Anliegen beschäftigen. Dahingehend habe ich mich auf Instagram auch geäussert.
In etwa drei Jahren geht es wieder los mit dem Wahlkampf – für den Landrat. Ist mit Ihnen zu rechnen?
Das kann ich jetzt noch nicht mit Sicherheit sagen. Es wird darauf ankommen, wo ich stehe. In drei Jahren kann viel passieren. Und dann müsste ich von der Parteibasis auch wieder nominiert werden.
Welche politischen Ämter könnten Sie «gluschten»?
Schwer zu sagen. Das ist einerseits von meinen beruflichen und persönlichen Umständen abhängig und andererseits vom parteipolitischen Umfeld.
Das ist klar. Aber worauf hätten Sie Lust? Eher Exekutive oder Legislative?
Jetzt habe ich mich für ein Legislativamt beworben. Ich denke, dass dies ein guter Einstieg wäre. Wobei natürlich auch ein Exekutivamt seinen Reiz hat.
Ist allenfalls der Sissacher Gemeinderat eine Option? Drei Amtsinhaber werden im Frühling nicht mehr zur Wahl antreten.
Grundsätzlich bin ich da nicht abgeneigt, aber ich habe vor so einem Amt Respekt und es ist auch eine Frage der zeitlichen Ressourcen. Ich werde mich damit noch vertieft auseinandersetzen.