Craft-Bier-Brauerei «GibbonBräu» hört Ende Jahr auf
Nachdem die Brauerei «Kraftstoff» in Sissach vor zwei Monaten ihre Türen für immer geschlossen hat, stellt mit «GibbonBräu» abermals eine regionale Brauerei ihre Produktion ein.
Sander van Riemsdijk
«Nein, der Grund, dass wir den Betrieb nach sieben überaus erfolgreichen Jahren einstellen, hat nichts mit den gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen am Hut», sagt Mitinhaber Raphael Koch von der Craft-Bier-Brauerei «GibbonBräu», die an der Hauptstrasse 33 in Tecknau beheimatet ist. Als Folge des Ukraine-Kriegs hat sich der Brauprozess der Craft-Biere nämlich massiv verteuert. «Wir als Brauereiteam stehen an einem anderen Punkt als vor sieben Jahren. Es sind private und berufliche Veränderungen bei uns vier Mitinhabern, die für alle einen grossen zeitlichen Mehraufwand bedeuten.» Da bleibt künftig kaum noch Zeit für das Bierbrauen, wie Koch weiter ausführt. Synergien zu bündeln und eine Partnerschaft mit einer anderen Brauerei einzugehen, war für das Team von Anfang an kein Thema. «Wenn wir eine solche Partnerschaft eingehen, sind wir ja immer noch dabei, und wenn andere unser Bier brauen, ist das nicht das Gleiche», sagt Koch.
Die fehlende Leidenschaft
In einem Rundmail an Freunde und Unterstützer der Brauerei, in welchem das «GibbonBräu»-Team – das sich aus Raphael Koch, Yvonne Schweizer, Adrian Michel und Michael Kaufmann zusammensetzt – die Schliessung der Brauerei verkündet, lässt das Team ebenso verlauten, dass nicht nur die Komponente Zeit ausschlaggebend für die Entscheidung war, sondern auch das allmählich nachlassende Engagement und ein schleichender Mangel an Leidenschaft. «Wir alle spürten, dass wir mit dem Herz nicht mehr dabei sind», so Koch.
Mit einem Hauch von Prosa gibt das Brauereiteam in gleichen E-Mail einen Einblick in seine momentane Gefühlslage: «Es ist mit einem weinenden und lachenden Auge an der Zeit, neue Wege zu gehen und Raum für andere Abenteuer in unserem Leben zu schaffen.»
Aufstrebendes Brauereiteam
Eine Brauerei zu gründen war vor sieben Jahren tatsächlich ein Abenteuer. Angefangen in einem Keller eines Reiheneinfamilienhauses in Sissach mit Pfannensets als Braukessel, ist es dem Team mit dem Bezug der Räumlichkeiten im ehemaligen Volg-Laden in Tecknau in den folgenden Jahren gelungen, eine namhafte und in der regionalen Bierszene anerkannte Brauerei aufzubauen, die mit einer zeitgemässen Anlage jährlich bis zu 14 000 Liter Craft-Bier produzierte.
Dank der guten Qualität mit hochwertigen Zutaten, ihren kreativen Rezeptideen und als aufstrebende Brauerin und Brauer durften sie viele Restaurants, Beizen und Pubs mit ihren Craft-Bieren beliefern und konnten so mühelos auf dem hart umkämpften Markt bestehen. Koch blickt dann auch mit Genugtuung und Freude auf diese Zeit zurück: «Es war ein tolles Hobby und wir durften mit vielen zufriedenen Kunden, mit unseren Gästen und Freunden ganz schöne Feste und Anlässe erleben. Wir werden die Welt des Brauens nicht vergessen.»
Die Möglichkeit einer Übernahme der Location durch eine andere Brauerei schätzt Koch als unrealistisch ein. Die Produktion des Craft-Biers wird allmählich eingestellt, der Mietvertrag ist gekündigt worden und die Infrastruktur wird in der nächsten Zeit an andere Brauereien veräussert. An den restlichen Rampenverkäufen wird das Bier zum reduzierten Preis erhältlich sein und mit einer Prise Nostalgie kann mit einem «GibbonBräu»-Glas auch ein Stück Baselbieter Brauereigeschichte mit nach Hause genommen werden, bevor Ende Jahr dann definitiv der Vorhang fällt.