AHNIG VO BOTANIK
27.10.2023 BaselbietSchwarz, dornig und blau
Andres Klein
Wenn man an so einem schönen Herbsttag am schattigen Waldrand oder Bachufer am Pflücken von Schwarzdorn-Früchten ist, dann hat man viel Zeit, über Wichtiges und Unwichtiges zu sinnieren und so ...
Schwarz, dornig und blau
Andres Klein
Wenn man an so einem schönen Herbsttag am schattigen Waldrand oder Bachufer am Pflücken von Schwarzdorn-Früchten ist, dann hat man viel Zeit, über Wichtiges und Unwichtiges zu sinnieren und so auf allerlei geniale oder dumme Gedanken zu kommen. Aber bevor das möglich ist, muss man den
Schwarzdorn kennen.
Der Schwarzdorn, auch Schlehdorn genannt, ist ein Vertreter der Rosengewächse und mit Zwetschgen, Kirschen und Pflaumen verwandt. Er bildet also Steinfrüchte aus, deren Samen von einem verholzten Kern umgeben sind. Über diesem harten Kern findet sich eine fleischige Schicht, die bei den meisten Schwarzdorn-Verwandten gegessen werden kann. Der Schwarzdorn hat bis 5 Zentimeter lange ovale, leicht gezähnte Blätter. Auffallend ist die dunkle Rinde dieses Strauches mit seinen vielen geraden, sehr spitzen Dornen. Diese beiden Eigenschaften haben zu seinem Namen geführt.
Diese Dornen befinden sich immer am Ende von Kurztrieben. Die Beeren-Früchte sind blau wie bei der Hauszwetschge, aber mit einem Durchmesser von 6 bis 18 Millimetern deutlich kleiner. Der Strauch bildet sehr viele Wurzeltriebe und kann sich so rasch ausdehnen, wenn nicht regelmässig gemäht oder gepflügt wird.
Im Frühling ist der Schlehdorn einer der ersten blühenden Blütensträucher und ist mit seinen schneeweissen Blüten sehr auffällig, weil die Blätter erst später spriessen wie beim Kirschbaum. Die Blüten haben fünf Kron- und fünf Kelchblätter und mehrere Staubfäden. Bei allen Arten dieser Gattung ist der einzige Fruchtknoten in der Blüte etwas abgesenkt und nicht mit dem Fruchtboden verwachsen und ist somit mittelständig.
Die Ernte der Früchte muss sehr sorgsam geschehen, da man die Früchte zwischen den unzähligen Dornen hervorklauben muss. Die Früchte sind relativ bitter und sauer. Die Lagerung in der Tiefkühltruhe kann einen Teil der Bitterstoffe abbauen, sodass Konfitüre oder Saft hergestellt werden kann. Verbreitet wird auch Schlehenlikör hergestellt oder Schwarzdornschnaps gebrannt. Für Edelbrände werden bis zu 300 Euro pro Liter bezahlt.
An Waldrändern, in Hecken und in Feldgehölzen finden sich im Herbst viele andere Gehölze, deren Früchte genossen werden können. Die Hundsrose und ihre Verwandten liefern den Rohstoff für den Buttenmost, der zu wunderbaren Konfitüren verarbeitet werden kann. Die Weissdornfrüchte eignen sich als Ausgangsstoff für Heilmittel bei Herzerkrankungen oder zum Brennen. Der Sauerdorn mit seinen roten kleinen Früchten ist im Iran und im Libanon eine willkommene Frucht zum Würzen und Dekorieren der Speisen. All diese Heckenfrüchte bereichern unsere kulinarische Vielfalt.
Wenn ich dann so am Herausklauben der Früchte bin, kommen so Fragen und Gedanken wie: «Warum werden diese Geschenke der Natur so wenig genutzt? Warum nimmt sich kaum jemand Zeit, diese wunderbaren Lebensräume sorgfältig zu pflegen?» Auf jeden Fall freue ich mich schon beim Pflücken an der Sonne auf den Schlehenschnaps, die Hagenbuttenkonfitüre und auf ein gutes Nachtessen, dekoriert mit Sauerdornbeeren.
Andres Klein ist Botaniker. Er lebt in Gelterkinden.