Graf legt Budget offen – Inäbnit bleibt etwas vage
29.09.2023 Baselbiet, Wahlen, PolitikTransparenzpflicht gibt es während des Ständeratswahlkampfs nicht
Frau Graf, Herr Inäbnit, ist der Wahlkampf nicht überbordend? Ist dieses Werben mit den unzähligen Plakaten nicht eine Zumutung?
Maya Graf: Eindeutig. Ich meine, hier sollten Änderungen erfolgen. ...
Transparenzpflicht gibt es während des Ständeratswahlkampfs nicht
Frau Graf, Herr Inäbnit, ist der Wahlkampf nicht überbordend? Ist dieses Werben mit den unzähligen Plakaten nicht eine Zumutung?
Maya Graf: Eindeutig. Ich meine, hier sollten Änderungen erfolgen. Im Unterbaselbiet stellen einzelne Gemeinden Plakatwände zur Verfügung, für welche die Parteien Plakate liefern können – und nur für dort. Damit kann die riesige Plakatflut, die wir jetzt im Kanton erleben, verhindert werden. Die Bürgerlichen haben nun sogar nochmals mehr Plakate aufgehängt, wie mir aufgefallen ist. Offenbar ist da zu viel Geld vorhanden …
Herr Inäbnit, Plakate nur noch konzentriert an definierten Orten?
Sven Inäbnit: Ich bin einverstanden, dass einen die vielen Plakate nicht nur erfreuen. Aber: Als amtierende Ständerätin, die den Bisherigen-Bonus hat und bekannt ist, ist es natürlich einfach, solche Einschränkungen zu fordern. Es müssen auch Neukandidierende die Möglichkeit haben, sich bekannt zu machen – kommerzielle Werbeflächen sind teuer und deshalb undemokratisch für Parteien und Kandidierende mit kleinem Budget. In diesem Sinne sind meines Erachtens alle vier Jahre einige wenige Wochen Plakatwald vertretbar.
Graf: Ich habe aus der Bevölkerung negative Rückmeldungen. Es ist ja auch völlig übertrieben, teilweise hängen fünf Plakate übereinander! Vielleicht sollten sich die Parteien auch einfach besser absprechen.
Inäbnit: Eine gewisse Selbstbeschränkung im Sinne eines Kompromisses könnte ich mir ebenfalls vorstellen.
Sind die Plakate nicht auch ein Ausdruck davon, dass unwahrscheinlich viel Geld in den Wahlkampf gesteckt wird? Sind die mehr als 200 000 Franken noch vertretbar, die zum Beispiel Elisabeth Schneider-Schneiter einsetzt?
Graf: Eine schwierige Frage! Letztlich muss das jede und jeder für sich selbst wissen. Ich kann nur für mich sprechen: Mir ist es wichtig, immer im Kontakt mit der Bevölkerung zu sein und nicht erst im Wahlkampf eine riesige Maschinerie in Gang zu setzen und die Leute zu überfluten.
Inäbnit: Es müssen tatsächlich alle selber entscheiden, was sie investieren wollen. Jedenfalls: Geld allein entscheidet keinen Wahlkampf. Es geht um Inhalte, Vertrauen und Glaubwürdigkeit.
Nationalratskandidatinnen und -kandidaten müssen ihre Budgets ab 50 000 Franken im Wahlkampf offenlegen, Ständerätinnen und Ständeräte erst nach erfolgreicher Wahl. Ist das nicht unverständlich?
Graf: Die Unterscheidung leuchtet tatsächlich nicht ein. Transparenz für die Wählenden ist wichtig. Was ich für mich selbst sagen kann: Ich setze rund 95 000 Franken ein. Zu einem Drittel kommt das Geld von mir selbst – ich spare das innerhalb der Legislatur von vier Jahren jeweils an. Ein weiterer Drittel kommt hoffentlich durch Spenden herein, was noch offen ist, und den dritten Drittel zahlen die kantonale und die schweizerische Partei, wobei ich mit meinen Mandatsabgaben schon ziemlich viel davon selbst finanziert habe … (lacht).
Die Grünen – und damit auch Maya Graf – haben 1 Million Franken von einer Erbin des Sika-Konzerns erhalten – einer 1910 gegründeten Chemie-Firma. Sind Sie sicher, dass dieses Vermögen angehäuft worden ist, ohne dass der Umwelt geschadet wurde?
Graf: Diese Frage ist meiner Meinung nach müssig. Die Erbin – es ist übrigens eine Bau- und nicht eine Chemiefirma – hat schon lange mit diesem Unternehmen nichts mehr zu tun. Sie will schlicht ihr Vermögen für nachhaltige Politik einsetzen und somit die Grünen stärken. Das ist legitim.
Inäbnit: Auch die Frage ist legitim. Für mich ist das «Greenwashing». Hätten die Bürgerlichen so viel Geld aus einer solchen Quelle erhalten, wäre die Spende von Links-Grün bestimmt als Kauf von Gefälligkeit hinterfragt worden …
Herr Inäbnit, Sie sind nicht zur Transparenz verpflichtet. Legen Sie Ihr Budget hier trotzdem offen?
Inäbnit: Ich setze einige private Mittel ein, die Partei trägt auch etwas bei, der grösste Teil stammt aber aus Spenden von Privaten, Firmen, Vereinen und Verbänden. Die Grössenordnung des Gesamtbudgets liegt ungefähr im Bereich der Mittel von Maya Graf. Aber wir sind noch nicht am Ende des Wahlkampfs. Ich weiss nicht, wie sich das bis zum Schluss entwickelt und hoffe wie Frau Graf, dass noch mehr Spenden hereinkommen. Bei einer Wahl werde ich danach das Budget selbstverständlich wie vorgeschrieben offenlegen.
Gab es grosse Einzelspenden?
Inäbnit: Ich habe bislang keine Spende von mehr als 15 000 Franken bekommen.
Apropos Geld: 480 000 Franken haben die beiden Basel für das Fest bewilligt, mit dem das Nationalratspräsidium von Eric Nussbaumer und das Ständeratspräsidium von Eva Herzog gefeiert werden soll. Ist das nicht zu viel?
Inäbnit: Zunächst: Ich freue mich sehr, dass die beiden Ratspräsidien mit zwei Personen aus der Region besetzt werden können – ein Glücksfall. Und das darf auch gefeiert werden! Bei den Kosten bin ich aber klar der Meinung, dass der Betrag wesentlich zu hoch ist. Viele Menschen leiden unter der Inflation, unter steigenden Mieten und steigenden Krankenkassenprämien. Da ist es wenig sensibel, fast eine halbe Million Franken Steuergelder für eine Feier auszugeben.
Graf: Die knappe halbe Million muss man durch die beiden Kantone teilen. Aus dem Baselbiet kommen also 240 000 Franken, wobei darin 40 000 Franken der Stadt Liestal enthalten sind. Bei meinem Nationalratspräsidentin-Fest vor 10 Jahren waren es 100 000 Franken des Kantons sowie 50 000 Franken von Einwohner- und Bürgergemeinde Sissach, dazu gab es Sponsorengelder und viele unentgeltliche Leistungen von Vereinen und vielen Helferinnen und Helfern. So weit entfernt davon ist die jetzige Summe für das Fest also nicht. Ich meine, dass die Diskussion etwas kleinlich ist, denn man muss sehen: Die ganze politische Schweiz kommt zu uns in die Region, und wir können uns präsentieren. So ein einmaliger Anlass darf auch etwas kosten. Sonst klagen wir ja jeweils gerne, dass die Schweiz die Region Basel kaum wahrnimmt und wir uns nie richtig zeigen können. Jetzt bekommen wir die Gelegenheit, und die Bevölkerung ist auch eingeladen.
Zu den Personen
Maya Graf ist 61 Jahre alt und lebt in Sissach, wo sie aufgewachsen ist. Sie wurde vor vier Jahren erstmals in den Ständerat gewählt. Zuvor sass sie während 18 Jahren im Nationalrat für die Grünen, den sie als «höchste Schweizerin» auch schon präsidieren durfte. Graf, die amtsälteste amtierende eidgenössische Parlamentarierin ist, präsidiert heute die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) und ist unter anderem Mitglied der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission und auch Mitglied der PUK CS. Die diplomierte Sozialarbeiterin HFS lebt auf dem familieneigenen Bio-Bauernhof in Sissach. Sie ist verheiratet und Mutter zweier erwachsener Kinder.
Sven Inäbnit (59) ist im Berner Oberland aufgewachsen, lebt aber seit 30 Jahren in der Region Basel, nämlich in Binningen. Er sitzt seit 10 Jahren für die FDP im Landrat, wo er unter anderem in der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission mitwirkt. Er ist eidg. dipl. Apotheker (Dr. pharm.) mit MBA und war zuletzt Mitglied der Geschäftsleitung von Roche Pharma (Schweiz). Seit April ist er nach einer Umstrukturierung freigestellt. Er ist verheiratet und ebenfalls Vater zweier erwachsener Kinder. tho.