AUSGEFRAGT | TOMMY KING, ELVIS-IMITATOR
08.09.2023 Baselbiet, Kultur, Gesellschaft«Ich imitiere nicht, sondern zolle Tribut»
Thomas Meyenberg, alias Tommy King, lebt davon, wie Elvis Presley zu singen und auszusehen. Seit mehr als 40 Jahren imitiert King den King, 170 Elvis-Lieder hat er in seinem Repertoire. Morgen schüttelt er in Füllinsdorf sein ...
«Ich imitiere nicht, sondern zolle Tribut»
Thomas Meyenberg, alias Tommy King, lebt davon, wie Elvis Presley zu singen und auszusehen. Seit mehr als 40 Jahren imitiert King den King, 170 Elvis-Lieder hat er in seinem Repertoire. Morgen schüttelt er in Füllinsdorf sein Becken.
Christian Horisberger
Herr Meyenberg, Ihr Beruf ist es, wie Elvis zu sein. Von keinem anderen Künstler gibt es mehr Imitatoren. Ist das der Grund für den Mythos, dass Elvis lebt?
Thomas Meyenberg: Nein. Der Mythos rührt eher daher, dass es viele Fans nicht wahrhaben wollten, dass er am 16. August 1977 mit erst 42 Jahren von dieser Welt ging.
Also sind Sie keiner von denen, die behaupten, dass der King noch lebt?
Nein. Wäre dem so, hätte er längst sein Comeback gegeben.
Was macht Elvis unsterblich?
Die unvergesslichen Songs, die er auf seine einmalige Art und Weise performt hat. Selber komponiert oder getextet hat er ja nie etwas, höchstens umarrangiert.
Sie leben nicht nur vom Imitieren des Kings, sondern sind ein grosser Fan. Wie sieht Ihr «Graceland» aus?
Im Vergleich mit dem Elvis-Museum in Memphis sehr bescheiden. In meiner Wohnung befinden sich Preise, die ich als Imitator gewonnen habe, darunter goldene Elvis-Schallplatten oder eine grosse Auswahl an Kostümen, die ich schneidern liess – alle vom Kostüm-Designer, der auch Elvis einkleidete!
Die goldenen Schallplatten erhielten Sie für Siege an der Schweizermeisterschaft der Elvis-Imitatoren. Wann war das?
Das ist ewig her. Die Schweizermeisterschaft gibt es schon lange nicht mehr – wohl aus Mangel an Teilnehmenden. 2017, zum 40. Todestag des Kings, habe ich an der Weltmeisterschaft teilgenommen, in Memphis. Erst im Halbfinal schied ich aus, inmitten der Weltbesten.
Wie ist es um den Elvis-Nachwuchs bestellt? Sterben die Imitatoren aus?
Bei uns in der Schweiz kommt kaum Nachwuchs nach. Die bei uns sind 45 Jahre und älter. Dagegen gibt es in den USA oder in Deutschland auch viele junge und gute Elvis-Imitatoren. Wobei mir dieses Wort nicht so gefällt. Elvis war einzigartig. Ich spreche lieber von Tribut zollen und den Menschen, die seine Musik mögen, das Konzertfeeling zu vermitteln, als stünde der King auf der Bühne.
In welchem Belang sind Sie Elvis am ähnlichsten: Aussehen, Kleidung, Bewegung oder Gesang?
Meine Stärke ist die Stimme. Es ist ein Glücksoder Zufall, dass ich dieselbe Stimmlage habe wie Elvis: Bariton/Tenor. Ausserdem ist meine Stimme seiner ähnlich. Aber nicht bei allen Songs. Ich singe ja Titel aus drei künstlerischen Epochen seiner Karriere, und es ist unmöglich, jede Ära perfekt in seinem Stil zu singen.
Wie intensiv trainieren Sie, um möglichst nahe ans Original zu kommen?
Täglich. Ich habe beispielsweise auch mein Vibrato optimiert – und zwar so, dass es natürlich klingt. Heute kann ich gar nicht mehr singen, ohne dass es in der Stimme vibriert.
170 Lieder des Kings haben Sie in Ihrem Repertoire. Welche singen Sie am liebsten?
«Can’t Help Falling in Love», «Are You Lonesome Tonight» «(Let Me Be Your) Teddy Bear» oder «Don’t Be Cruel» – und einige Dutzend andere. Das hängt ganz von der Stimmung ab.
Und welche wünscht sich Ihr Publikum am häufigsten?
«Jailhouse Rock», «In the Ghetto» und «Return to Sender».
Wann hat Sie diese Musik gepackt?
Ich singe Elvis-Lieder, seit ich 6 Jahre alt war. Meinen ersten Auftritt als Elvis hatte ich als 11-Jähriger bei der Eröffnung eines Tennis-Centers vor 1200 Zuschauern. Inzwischen stehe ich seit mehr als 40 Jahren als Elvis auf der Bühne – ungefähr doppelt so lange, wie es der King tat.
Können Sie davon leben?
Ich bin der einzige Profi-Elvis der Schweiz. Meinen Lebensunterhalt verdiene ich seit 16 Jahren ausschliesslich auf der Bühne. Zur Hälfte mit Auftritten als Elvis, zur Hälfte als Zauberkünstler und Gedankenleser.
Für wen kleben Sie sich Koteletten an die Wangen? Wie oft?
Ich stehe an den meisten Wochenenden auf der Bühne. Ich singe an Geburtstagsfeiern, Hochzeiten – falls gewünscht, auch während der Zeremonie – oder an Taufen; häufig auch an Firmenevents und Weihnachtsessen, und manchmal bucht man mich für Werbung. Aktuell läuft ein TV-Werbespot für Appenzeller Käse, in dem ich die Hauptrolle spiele. Das passt zu mir, denn es ist mein Lieblingskäse.
Das müssen Sie jetzt ja sagen …
Sie können jederzeit bei mir hereinschneien. Sie finden im Kühlschrank immer welchen!
Am Samstag haben Sie einen Auftritt im Schwarzlichtparadies Minigolf in Füllinsdorf. Nichts gegen den Veranstalter, aber ist das nicht unter der Würde eines Königs?
Nein, absolut nicht. Der Chef dort hat mega Plausch und ich auch: Es ist ein kleiner, herziger, familiärer Event. Ich finde Auftritte in einem intimen Rahmen schön, weil man dabei mit dem Publikum interagieren und auf dessen Wünsche eingehen kann. Das ist etwas anderes, als wenn ich vor 1600 Leuten singe, wie kürzlich bei einem Publikumsanlass einer Bank in Jona.
Wo würden Sie gerne einmal auftreten?
Im Zürcher Hallenstadion.
Nicht in einem Casino in Las Vegas?
Nein. Ich habe dort schon Auftritte von Elvis-Imitatoren gesehen. Ich denke nicht, dass es ein Highlight ist, vor wenig begeisterten Rucksacktouristen aufzutreten …
Wenn man davon lebt, so zu tun, als sei man ein anderer – droht da nicht zwangsläufig eine Identitätskrise? Wollten Sie das Glitzerkostüm nie an den Nagel hängen?
Überhaupt nicht. Ich bleibe selbst auf der Bühne ich selber. Aufgrund dessen, wie ich mich gebe, welche Sprüche ich klopfe oder wie ich a cappella singe, erkennt man Tommy King unter 100 anderen «Elvis».
Der King nahm kein schönes Ende. Was tun Sie, damit Sie nicht das gleiche Schicksal ereilt?
Ich habe einen gesunden Lebenswandel, trinke nicht und nehme auch keine anderen Drogen. Ausserdem bin ich nicht so berühmt wie Elvis und kann mich normal bewegen, während er ein isoliertes Leben führen musste. Auf so ein Leben bin ich gar nicht neidisch.
Zur Person
ch. Thomas Meyenberg, wie Tommy King mit bürgerlichem Namen heisst, ist Elvis-Imitator und Zauberkünstler. Der 52-Jährige war Unterhaltungselektronik-Verkäufer, Versicherungsberater, IT-Supporter und Webdesigner, ehe er voll auf die Karte Unterhaltung setzte. Er lebt im Kanton Zürich.