Operative Hektik ersetzt geistige Windstille
29.08.2023 GesellschaftHerr Marco Agostini (Landrat der Grünen, Anm. d. Red.) fühlte sich in seinem Meinungsbeitrag (siehe «Volksstimme» vom 22. August) bemüssigt, der SVP zu unterstellen, sie torpediere das «wichtige» Energiegesetz. Sein Beitrag strotzt nur so von un- und ...
Herr Marco Agostini (Landrat der Grünen, Anm. d. Red.) fühlte sich in seinem Meinungsbeitrag (siehe «Volksstimme» vom 22. August) bemüssigt, der SVP zu unterstellen, sie torpediere das «wichtige» Energiegesetz. Sein Beitrag strotzt nur so von un- und halbwahren Behauptungen. So hält schon der erste Satz, dass der Kanton ein neues Energiegesetz benötige, weil das alte nicht mehr dem heutigen Stand entspreche, einer genaueren Betrachtung nicht stand.
Das jetzige und in den Augen von Herrn Agostini «alte» Gesetz stammt vom 16. Juni 2016. Es hat dazu geführt, dass das Baselbiet – was den effizienten Energieeinsatz und den dadurch verminderten CO2-Ausstoss pro Kopf der Bevölkerung anbelangt – unter vergleichbaren Kantonen zu den Spitzenreitern zählt. Das «alte» Energiegesetz hat sich also bewährt (und tut dies immer noch). Das heisst nicht, dass man das Gesetz nicht weiterentwickeln kann und soll.
Nur macht das keinen grossen Sinn, solange in Bundesbern über das CO2-Gesetz und den sogenannten Energie-Mantelerlass, der eine Revision des Energie- und des Stromversorgungsgesetzes beinhaltet, debattiert wird. Solange die Rahmenbedingungen nicht klar sind, ist es unsinnig, das Baselbieter Gesetz zu revidieren. Denn mit einiger Wahrscheinlichkeit müsste unser dann eben erst revidiertes Gesetz den neuen Vorgaben aus Bern angepasst werden, was Arbeit und Aufwand verdoppeln würde. Deshalb verlangt nur schon der gesunde Menschenverstand, dass die Vorlage bis zum Vorliegen der Bundesentscheide sistiert wird.
Aber – und da muss ich Herrn Agostini schwer enttäuschen – Angst vor einer Volksabstimmung hat die SVP nicht. Im Gegenteil: Im Bedarfsfall, wenn er darauf besteht, das Gesetz jetzt durchzuwürgen, gehen wir auch gerne innerhalb eines guten Jahres zweimal mit derselben Thematik vors Volk!
Der SVP vorzuwerfen, der Sistierungsantrag käme «extrem spät», ist entweder bösartig oder unbedarft. Die SVP hat schon in ihrer Vernehmlassung vom Januar 2022 eine Rückweisung an den Regierungsrat verlangt, genauso wie bei der Eintretensdebatte in der Umweltschutz- und Energiekommission und dann nochmals an der Landratssitzung vom 30. März 2023. Leider wurden unsere Anträge entweder ignoriert oder abgelehnt.
Der SVP zu unterstellen, sie verlange eine Sistierung, weil sie keinen Klimaschutz wolle, lässt sich nur mit ideologischer Verblendung erklären. Die SVP ist schon für Umweltschutz und Nachhaltigkeit (speziell in der Landwirtschaft) eingetreten, da gab es die Grünen noch gar nicht, und auch das Wort «Nachhaltigkeit» war den meisten unbekannt. Nur denken wir auch hier nicht so eindimensional wie die meisten anderen Parteien. Es dürfte inzwischen nämlich hinlänglich bekannt sein, dass die Schweiz null Einfluss auf den weltweiten CO2-Ausstoss hat, da sie selber nur 0,1 Prozent dazu beiträgt. Das heisst nicht, dass wir nichts machen sollen, aber Kosten und Nutzen müssen in einem vernünftigen Verhältnis sein und die Massnahmen dürfen weder unsere Wirtschaft noch unseren Wohlstand gefährden.
Viel wichtiger wäre es, wenn wir uns ernsthaft damit beschäftigen würden, wie wir uns, unsere Landwirtschaft, ja unsere ganze Wirtschaft, an die nicht aufzuhaltende Klimaänderung anpassen können. Das wäre für eine prosperierende Zukunft der Schweiz und ihrer Bevölkerung weit bedeutender und würde uns erst noch viel weniger kosten. Jetzt verschleudern wir Milliarden ohne jeglichen Nutzen, ausser dass wir verarmen.
Peter Riebli, SVP-Landrat und -Fraktionspräsident, Buckten