Flüchtlingszahlen pendeln sich ein
24.08.2023 BaselbietEnde Juli hielten sich rund 2300 Personen aus der Ukraine mit Schutzstatus S im Baselbiet auf. Die Zahl ist seit März konstant. Die Gründe sind vielfältig. Im Winter könnten die Flüchtlingsströme aber wieder zunehmen.
Paul Aenishänslin
Kürzlich gab das ...
Ende Juli hielten sich rund 2300 Personen aus der Ukraine mit Schutzstatus S im Baselbiet auf. Die Zahl ist seit März konstant. Die Gründe sind vielfältig. Im Winter könnten die Flüchtlingsströme aber wieder zunehmen.
Paul Aenishänslin
Kürzlich gab das kantonale Amt für Daten und Statistik die neusten Flüchtlingszahlen bekannt. Demnach weilten Ende Juli 2335 Schutzsuchende aus der Ukraine im Baselbiet. Interessant: Diese Zahl ist seit März fast stabil geblieben. Zugänge und Abgänge halten sich ungefähr die Waage. Nicht nur im Baselbiet, das Phänomen ist in der ganzen Schweiz zu beobachten.
Die stagnierenden Flüchtlingszahlen seien zum Teil dadurch zu erklären, dass immer mehr Ukrainerinnen und Ukrainer in ihre Heimat zurückreisen, erklärt Lionel Walter, Mediensprecher bei der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Er weist darauf hin, dass es im April hierzulande erstmals mehr Ausreisen als Einreisen von Ukrainerinnen und Ukrainern gab. Die Flüchtlingsbewegung hänge eng mit der Intensität des Konflikts und der humanitären Reaktion der internationalen Gemeinschaft zusammen, so Walter.
Fabian Dinkel vom Kantonalen Sozialamt bestätigt: «Wir sehen, dass konstant Personen mit Schutzstatus S das Baselbiet wieder verlassen.» Häufig sei jedoch nicht klar, ob diese zurück in die Ukraine gehen oder ob sie in andere europäische Länder weiterziehen. Gleichzeitig würden dem Kanton aber weiterhin täglich Personen mit Schutzstatus S zugewiesen. Im Juli hat sich die Zahl laut Dinkel gegenüber dem Vormonat fast verdoppelt. Im Verhältnis zur Bevölkerung nimmt das Baselbiet mehr Schutzsuchende auf als die meisten anderen Kantone (siehe Grafik).
Arbeitssuche im Fokus
Anderthalb Jahre sind seit der völkerrechtswidrigen Invasion Putins vergangen. Durch den Krieg wurde nicht nur viel Leid in der Ukraine verursacht. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer müssen sich zudem fernab der Heimat ein neues Leben aufbauen. Während am Anfang insbesondere das Erlernen der Sprache des Zufluchtlandes im Fokus stand, ist mittlerweile die Arbeitsmarktintegration bei vielen am Laufen.
Die Gemeinden, die zuständig für die Betreuung von Geflüchteten sind, und diverse private Anbieter helfen den Ukrainern und Ukrainerinnen bei der Jobsuche. Unterstützung brauchen vor allem Frauen – die grösste Flüchtlingsgruppe aus der Ukraine. «Weil sie häufig ohne Ehemann oder Partner geflüchtet sind, müssen sie sich alleine um die Kinder kümmern», sagt Lionel Walter von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Es liegt nahe, dass so nur wenig Zeit und Energie bleibt, um in einem fremden Land nach Arbeit zu suchen.
«Lage schwierig einschätzbar»
Auch wenn es bei der aktuellen Hitzewelle nur schwer vorstellbar ist: In wenigen Wochen wird es in weiten Teilen Europas bereits wieder herbstlich, und auch der Winter wird kommen. Der Wechsel der Jahreszeiten wird einen Einfluss auf das Kriegsgeschehen in der Ukraine haben und damit auch auf die Flüchtlingszahlen. Das heisst es bei der Schweizerischen Flüchtlingshilfe.
Sprecher Walter: «Es ist wahrscheinlich, dass die Kämpfe mit dem Wintereinbruch an Intensität verlieren werden.» Das heisse aber nicht, dass die Flüchtlingszahlen zwangsläufig sinken werden. Bei einem kalten, harten Winter könnten vermehrt Ukrainer und Ukrainerinnen das Land verlassen. «Ein weiterer Faktor, den es zu berücksichtigen gilt», so Walter weiter, «sind die vorsätzlichen Angriffe Russlands auf die Energieinfrastruktur.» Solche habe es bereits im vergangenen Winter gegeben.
Das Ziel des russischen Militärs ist klar: Mit den Angriffen sollen die Menschen in der Ukraine von der Strom-, Wärme- und Wasserversorgung abgeschnitten werden. So sollen die Ukrainer und Ukrainerinnen kriegsmüde gemacht werden. Walter: «Es ist schwer zu sagen, wie weit die Infrastruktur inzwischen repariert worden ist, aber es ist möglich, dass es in diesem Winter zu ähnlichen Angriffen kommt und die Bevölkerung noch mehr Schaden erleidet.»
Auch Fabian Dinkel vom Kantonalen Sozialamt sagt: «Die Lage in der Ukraine ist äusserst volatil und schwierig einschätzbar.» Es sei daher ungewiss, wie viele schutzsuchende Personen aus der Ukraine in der nächsten Zeit in die Schweiz kommen werden. Alleine der Kanton Baselland rechnet mit insgesamt 1500 bis 2000 Zuweisungen aus dem ganzen Asyl- und Flüchtlingsbereich im laufenden Jahr.