«Ich will kein Star sein, sondern Musiker»
24.08.2023 Zunzgen«The Voice»-Finalist Marc Amacher tritt am Dorffest auf
Mit seinem musikalischen Können und seiner direkten Art hat der Blueser Marc Amacher 2016 die Jury und das Publikum der Casting-Show «The Voice of Germany» erobert. Am Wochenende spielt der Berner ...
«The Voice»-Finalist Marc Amacher tritt am Dorffest auf
Mit seinem musikalischen Können und seiner direkten Art hat der Blueser Marc Amacher 2016 die Jury und das Publikum der Casting-Show «The Voice of Germany» erobert. Am Wochenende spielt der Berner Oberländer mit seiner Band am Dorffest in Zunzgen. Ein Abstieg?
Christian Horisberger
Herr Amacher, Sie wurden in den deutschsprachigen Medien hochgejubelt, als Sie bei «The Voice of Germany» vom Aussenseiter zum Favoriten aufstiegen. Haben Sie es satt, sieben Jahre später noch darauf angesprochen zu werden?
Es gibt eigentlich wichtigere Themen, aber ich habe keine Probleme, darüber zu sprechen.
Dann erzählen Sie uns doch bitte, wie eine solche Erfahrung einen Künstler – Sie – verändert.
Mich als Künstler hat sie nicht gross verändert. Es geht mehr um die Wahrnehmung: Seit der Show werde ich als Musiker anders wahrgenommen als vorher, logischerweise auch durch die Medienpräsenz.
Und als Mensch?
Überhaupt nicht. Ich bin kein anderer Mensch als vorher. Als Mensch wächst man ja immer an den im Leben gestellten Aufgaben.
Würden Sie rückblickend noch einmal daran teilnehmen?
Rückblickend kann ich eh nichts ändern, aber ich würde es auch nicht. Ich stehe zu dem, was war, und würde unter Umständen wieder teilnehmen.
Sie sind Musiker durch und durch. Wann hat die Musik Besitz von Ihnen ergriffen?
Soweit ich mich erinnern kann, war die Musik immer ein zentrales Thema.
Wer sind Ihre Vorbilder?
Ich habe nie gross jemandem nachgeeifert oder betrachtete nie jemanden als grosses Vorbild in der Musik. Mein Vorbild war mein Onkel, und der hatte mit Musik gar nichts am Hut.
Wer hat Sie musikalisch beeinflusst? Eric Clapton?
Selbstverständlich hatte Eric Clapton einen Einfluss auf meine Musik und Entwicklung – wie viele andere Musiker auch; man denke an Billy Gibbons, Stevie Ray Vaughan, Jimi Hendrix … Aber ich habe ihm nicht nachgeeifert oder ihn mir zum Vorbild genommen. Für mich ist Clapton ein Mensch wie jeder andere auch.
Selbstverständlich fragte ich nach Eric Clapton, weil Sie 2019 fürs Vorprogramm von drei seiner Konzerte gebucht worden sind. Wie kam es dazu?
Festzuhalten ist, dass Claptons Management auf mich zugekommen war, sie wollten mich als Vorband. Da man das aber medial nicht ausschlachten konnte, haben es gar nicht so viele Leute wahrgenommen. Dann kam Corona und damit geriet – wie bei allen – alles wieder etwas ins Stocken. Aber natürlich ist so eine Chance mega, und es stärkt auch das Selbstvertrauen eines Musikers, wenn man von so einem Star angefragt wird. Genauso war es, als mich diesen Frühsommer ZZ-Top-Gitarrist Billy Gibbons gebucht hat, oder damals auch «Gotthard». Das tut natürlich jedem Musiker gut. Aber nur weil man im Vorprogramm von jemandem war, schafft man nicht den Karrieredurchbruch. Man muss auch selbst abliefern.
Und? Haben Sie das? Wo stehen Sie mit Ihrer Karriere?
Ich war international unterwegs, man hat überall über mich gesprochen und geschrieben. Ich war in Fernsehsendungen, habe Konzerte gegeben. Ich bin nicht unbedingt der Guru in den Sozialen Medien, stelle mich auch nicht so gern in den Mittelpunkt und hatte auch keinen Tross um mich, der mir das hätte abnehmen können. Also bin ich wieder zurück in die Schweiz und war mehr oder weniger auf mich selbst angewiesen. Heute ist es ja normalerweise so, dass ein oder zwei Musiker auf der Bühne stehen und der Zirkus im Hintergrund mit Sozialen Medien, Marketing et cetera aber fast grösser ist als die Rolle der Musik auf der Bühne.
Demnächst spielen Sie um 22.30 Uhr in einem Zelt an einem Dorffest. Wir freuen uns auf Sie – keine Frage – aber haben Sie sich nicht mehr als das gewünscht für Ihre Karriere?
Bitte hör mal auf, mich zu siezen und sag Du zu mir. Ich bin ein einfacher Musiker, und wenn man mich siezt, habe ich das Gefühl, ich sei mega alt! Für mich spielt es keine Rolle, ob ich an einem Dorffest oder wie jüngst in Innsbruck in einer grossen Musikhalle spiele. Ich habe Freude am Spielen und freue mich, wenn die Leute kommen, um mir zuzuhören. Für mich bedeutet Karriere, wenn ich spielen kann. Nur weil heute ein Musiker in einer Fernsehsendung auftritt, heisst das ja nicht, dass er ein besserer Musiker ist. Mir ist es wichtig, dass ich spielen kann und vom Publikum bestenfalls Anerkennung bekomme. Ob das nun ein Festzelt oder eine grössere Halle ist, spielt doch keine Rolle, denn man spielt ja, weil man Freude an der Musik hat.
Dann also Du! Du wirkst sehr bescheiden und zufrieden. Täuscht der Eindruck?
Teils. Ich bin bescheiden, ja. Zufrieden bin ich insofern nie, weil ich immer mehr möchte: öfter rausgehen und häufiger auftreten.
Wolltest Du jemals ein Star werden?
Wer oder was ist heute denn ein Star? Wenn man die Sozialen Medien anschaut, geht es ja nicht darum, ob jemand etwas kann. Vielmehr definieren Followerzahlen und Reichweite, wer ein Star ist. In meinen Augen ist – auch im Privaten – jeder, der sich durchkämpft, für eine Familie sorgt und gewisse Hürden im Leben meistert, irgendwie ein Star. Ich will gar kein Star sein, ich will Musiker sein.
Was willst Du mit Deiner Musik bewirken?
Dass die Leute, egal welcher Herkunft und sozialen Schicht, zusammenkommen, sich nicht für ihren Status rechtfertigen müssen, zufrieden nach Hause gehen und sagen können: «Ich hatte einen geilen Abend.»
Was wirst Du mit Deiner Band in Zunzgen spielen? Ausschliesslich eigene Kompositionen oder auch Coversongs?
Wie sich das für einen guten Blueser gehört, werde ich sowohl Eigenkompositionen als auch Covers spielen, werde aber mehrheitlich schon meine eigenen Lieder spielen – und freue mich drauf!
Du bereitest zurzeit eine Vinyl-Aufnahme vor. Bist Du in der Vergangenheit stecken geblieben? Was hat es mit der Schallplatte für eine Bewandtnis?
Das hat nicht ansatzweise etwas mit «in der Vergangenheit stecken geblieben» zu tun. Der Musik wird viel mehr Respekt und Wertschätzung entgegengebracht, da man eine Schallplatte sozusagen gezwungenermassen ganz durchhören muss. Das geht bei Kanälen wie Spotify, Youtube und iTunes verloren, weil man dort einfach weiterzappen kann. Wir setzen bewusst auf Vinyl und bieten die Songs ansonsten einfach über die heute gängigen Kanäle an. Am 22. September zeigen wir hautnah, wie so eine Platte mit dem ganzen Drumherum entsteht, geschnitten wird, wie ein Cover entsteht – den ganzen Prozess von A bis Z.
Was wird auf der Schallplatte zu hören sein?
Etwas Überraschendes: Es wird eine Live-Aufnahme, es ist also nicht alles von vorne bis hinten geplant. Am besten kommst Du, und wer immer sonst Lust darauf hat, vorbei und siehst und hörst es Dir am 22. September in Madiswil live an.
marcamacher.net