Ein leidenschaftlicher Leimentaler
30.06.2023 BaselbietPascal Ryf ist der neue Landratspräsident
Ab 1. Juli übernimmt Pascal Ryf aus Oberwil voraussichtlich das Landratspräsidium und wird damit zum höchsten Baselbieter. Der 44-jährige Leimentaler ist breit interessiert – und ebenso breit in der politischen Landschaft ...
Pascal Ryf ist der neue Landratspräsident
Ab 1. Juli übernimmt Pascal Ryf aus Oberwil voraussichtlich das Landratspräsidium und wird damit zum höchsten Baselbieter. Der 44-jährige Leimentaler ist breit interessiert – und ebenso breit in der politischen Landschaft verankert.
Thomas Immoos
Pascal Ryf zeigt sich erstaunt und lacht. Dass er in seinem Lebenslauf auf seiner Website zwar zahlreiche Aktivitäten aufgelistet hat, sich dort aber keine Hinweise auf die Fasnacht finden lassen – und dies in der Fasnachtshochburg Oberwil, und dies für einen eingefleischten Oberwiler wie ihn: «Doch, doch, die Fasnacht kenne ich gut; ich bin 15 Jahre auf einem Wagen mitgefahren», bestätigt er – womit auch diese Lücke gefüllt wäre. Aber auch Hinweise auf einen getätigten Militär- oder Zivildienst fehlen, obwohl er sich mit einem Vorstoss erfolgreich für die Rettung der Fortifikation Hauenstein eingesetzt hat. Dabei hat er nach der Rekrutenschule bei den Versorgungstruppen im Simmental einige WKs absolviert und es bis zum Fourier gebracht.
In der Tat ist erstaunlich, wo Pascal Ryf, Landrat der «Mitte» seit 2015, überall tätig ist. Und nun folgt der Höhepunkt seiner bisherigen Laufbahn: Er wird voraussichtlich am Samstag vom Kantonsparlament zum Landratspräsidenten, zum höchsten Baselbieter, gewählt werden. Ein Mann, der weit über die eigenen Fraktionsgrenzen hinaus beliebt und anerkannt ist.
Dass ihn auch die Leimentaler Stimmberechtigten schätzen, zeigt sich im Ergebnis der Landratswahlen vom 12. Februar dieses Jahres: Er erzielte kantonsweit das beste Ergebnis. Die «Basellandschaftliche Zeitung» bezeichnete ihn daraufhin als «Panaschierkönig», da sein Name auch von vielen Wählenden anderer Parteien auf die Liste geschrieben wurde.
Pfadfinder und Sigrist
«Das gute Resultat hat mich sehr gefreut», räumt er bescheiden ein. Pascal Ryf sieht darin auch eine Anerkennung für seine vielfältigen Tätigkeiten, zu der seit einem Jahr auch der Gemeinderat gehört, wo er das Ressort Soziales, Gesundheit und Alter betreut. Der 44-jährige Politiker ist ein Oberwiler durch und durch. Schon in jungen Jahren hat er sich engagiert: Er war Ministrant und Pfadfinder, später sogar Sigrist der katholischen St.-Peterund-Paul-Kirche.
Der zweifache Familienvater, Vater zweier kleiner Töchter, stammt, wie er bekennt, nicht aus einer politischen Familie. Zwar habe man zu Hause am Familientisch durchaus politische Themen besprochen, aber keine aktive Politik betrieben. «Politisiert wurde ich durch die EWR-Abstimmung von 1993», bekennt er. Zwar sei er dann erst 14-jährig gewesen. Dennoch habe ihn der hitzige Abstimmungskampf sehr interessiert. «Ich habe mir gesagt, ich will auch politisch mitgestalten.» So trat er, kaum volljährig, der SVP bei. Für diese kandidierte er mit 20 Jahren auch erstmals – als einer der jüngsten Kandidierenden – für den Landrat. Seine politische Heimat fand er dann bei der CVP, der heutigen «Die Mitte»-Partei. Das ist für einen ehemaligen Ministranten und Sigristen wohl auch naheliegend. Seit 25 Jahren gehört er dem Pfarreirat an. Zudem war Ryf fünf Jahre lang Präsident der Synode der Landeskirche.
In der politischen Gemeinde gehörte er einige Jahre der Geschäftsprüfungskommission an. Mit Freunden hat er den Verein Alt Oberwil gegründet, der im Jahr 2016 das Buch «Oberwil – einst und heute» veröffentlichte, mit Pascal Ryf als Autor. Und er war auch Mitglied der Kulturkommission. Der Verein Alt Oberwil gibt alle zwei Jahre eine Chronik der Gemeinde Oberwil heraus, für die Pascal Ryf ebenfalls Beiträge verfasst.
Wiederbelebt, ebenfalls mit Gleichgesinnten, hat er eine einst bekannte Oberwiler Biermarke, «Waldschlössli». Diese produziert seit einigen Jahren Bier, das an Dorfanlässen gerne ausgeschenkt wird. Trotzdem hat er sich im Landrat auch für den Leimentaler Wein eingesetzt, besonders gegen die drohende Degradierung dieses edlen Traubensaftes. Das kantonale Amt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (ALV) hatte den Winzern mitgeteilt, dass die Weinetikette mit der Sachbezeichnung «Wein», dem Produktionsland und der Herkunft der Rohstoffe ergänzt werden müsse. Die Bezeichnung auf der Etikette müsse lauten: «Wein», ergänzt mit dem Hinweis «hergestellt in der Schweiz aus französischen Trauben». Weitere Angaben über Trauben, Ursprung und Jahrgang seien nicht zugelassen. Qualitätsweine aus der Grenzzone würden somit auf die niedrigste nur mögliche Qualitätsstufe degradiert, die Winzer erlitten dadurch eine erhebliche Umsatzeinbusse, was Ryf stossend fand und deshalb einen Vorstoss dazu einreichte.
Spass an der Arbeit
Im Landrat hat Ryf seit seiner Wahl vor acht Jahren zahlreiche Vorstösse eingereicht. Sie zeigen zum einen sein breites Spektrum, aber auch die Schwerpunkte bei der Bildungs-, Familien-, Alters- und Wirtschaftspolitik. Als ehemaliger Sekundarlehrer ist ihm eine gute Bildungspolitik wichtig. Heute ist er Geschäftsleiter der Stiftung «fit4school», die in der ganzen Schweiz Lerncoachings anbietet.
Ryf lacht, als ihm die Frage gestellt wird, ob sein Tag 26 Stunden habe: «Das werde ich oft gefragt», sagt er. Aber die vielfältige Arbeit mache ihm Freude, er verspüre keinen Stress. Zudem lasse sich vieles verbinden. «Ohne die Unterstützung meiner Frau könnte ich die vielen Aufgaben nicht wahrnehmen», räumt Ryf ein. Seine Frau trage, obwohl auch sie arbeitet, die Hauptlast der Familienarbeit. Deshalb ist jeder Montag ein Papi-Tag, an dem er sich ausschliesslich den beiden Töchtern widmet – bevor er abends an die Gemeinderatssitzung geht.
Seine Hobbys sind mit den vielfältigen Aktivitäten rund um Kultur, Landrat, Gemeinderat und Bier gut abgedeckt. Ein Hobby kommt aber seit einigen Jahren zu kurz: das Reisen. Pascal Ryf hat schon fast die ganze Welt bereist, insgesamt gut achtzig Länder. In Europa kennt er fast jedes Land aus eigener Anschauung. Als einer von wenigen Schweizern war er auch in Nordkorea, wo man stets von einer regimetreuen Reisebegleiterin umgeben war. «Hier habe ich die Bedeutung und die negativen Folgen von Staatspropaganda kennengelernt.»
Aufmerksam verfolgt Ryf auch das Geschehen im übrigen Kantonsteil. «Ich bin immer wieder beeindruckt, wie die Oberbaselbieter Mitglieder des Landrats parteiübergreifend zusammenstehen, wenn sie etwas erreichen wollen», sagt er anerkennend. Als Beispiel nennt er etwa den Einsatz für das «Läufelfingerli». Eine gleiche parteiübergreifende Solidarität hat er auch in der sechsköpfigen Laufentaler Landrats-Delegation festgestellt: «Da könnten wir im Unterbaselbiet einiges von ihnen lernen!»
Was folgt nun politisch auf das Landratspräsidium? Vor einigen Monaten hat er darauf verzichtet, auf die Nationalratsliste der «Mitte»- Partei gesetzt zu werden. Als Begründung sagt Ryf: «Der Wahlkampf würde teilweise in die Zeit meines Präsidiums fallen.» Da wären seine zahlreichen Auftritte als höchster Baselbieter kaum als neutral wahrgenommen worden. Ausschliessen für die Zukunft möchte er allerdings nichts. Gleichzeitig stellt er aber auch klar: «Ich strebe aktiv kein Mandat an»; er habe keine «politische Roadmap».