Die knackigen Schwarzen locken
27.06.2023 BaselbietAusgezeichnete Kirschenernte zu erwarten
Spielt das Wetter mit, dürften die Kirschenproduzierenden heuer eine qualitativ hervorragende Ernte einfahren. Weil die Spätfröste nur wenig schadeten, fällt der Ernteertrag deutlich höher aus als im ...
Ausgezeichnete Kirschenernte zu erwarten
Spielt das Wetter mit, dürften die Kirschenproduzierenden heuer eine qualitativ hervorragende Ernte einfahren. Weil die Spätfröste nur wenig schadeten, fällt der Ernteertrag deutlich höher aus als im Vorjahr.
Otto Graf
Das Baselbiet und die Nordwestschweiz sind derzeit in aller Munde, was durchaus wörtlich zu verstehen ist. Die Kirschen sind es, die dem Volk das Leben im wahrsten Sinn des Wortes versüssen. Und wer kann den Verlockungen der knackigen Schwarzen schon widerstehen …
Was es mit der köstlichen Frucht auf sich hat, erfuhr die «Volksstimme» von David Lüthi, Obstbauer in Ramlinsburg und Mitglied des Produktezentrums. «Die Hälfte der Tafelkirschen, die hierzulande angebaut werden, stammt aus der Nordwestecke der Schweiz», erklärt Lüthi. Bei den Industriekirschen, die beim Ernten von den Bäumen geschüttelt werden, sind es sogar drei Viertel. Von diesen wiederum wird ein grosser Teil zu Konserven, etwa zu Konfitüre, verarbeitet. Ein weiterer Teil landet später als Destillat in der Flasche. Heuer, schätzt der Fachmann, dürften landesweit etwa 2300 Tonnen Tafelkirschen in den Regalen der Läden stehen, deutlich mehr als im Vorjahr, als die Erntemenge etwa 40 Prozent geringer ausfiel.
Lüthi spricht von einem guten Jahr. Spätfröste führten kaum und nur punktuell zu Einbussen. Den Höhepunkt der Ernte erwartet er in der laufenden und in der nächsten Woche. Wegen der witterungsbedingten relativ langen Blütezeit, so Lüthi, werde sich die Ernteperiode in die Länge ziehen und zur Hauptsache bis gegen den 20. Juli dauern. Ein grosser Teil der Ernte fällt mit den Sommerferien zusammen, was die Nachfrage etwas dämpft. Dafür stimmt die Qualität der Früchte, die dank des Wetters optimal heranreifen konnten. «Der Behang ist reichlich, aber nicht üppig, was die Grösse der Frucht positiv beeinflusst», erklärt der Obstexperte weiter.
Einheimische Nachfrage gedämpft
Mehr als die Hälfte der in der Schweiz konsumierten Süsskirschen würde importiert, namentlich aus der Türkei und aus Italien. Diese Entwicklung sei wegen des geänderten Konsumverhaltens auch bei anderen Erzeugnissen zu beobachten. Dass dabei die Vorfreude auf die einheimischen Produkte leidet, sei bedauerlicherweise eine Tatsache. Ab heute Dienstag gälten zum Schutz der einheimischen Produktion massiv höhere Einfuhrzölle, was faktisch einem Importstopp gleichkommt, präzisierte der Fachmann.
Für das Kilo Kirschen der Klasse «Extra» erhält der Produzent 5.80 Franken, für die Klasse «Premium» einen Franken mehr. Die Preise im Laden sind variabel und hängen unter anderem von der Verfügbarkeit und von verkaufsfördernden Aktionen ab. Da heute praktisch alle Kirschen aus regen- und hagelgeschützten und eingenetzten Anlagen stammen, spielt der Wetterfaktor, abgesehen von Extremereignissen, nur noch eine untergeordnete Rolle. Der mechanische Schutz erfordert jedoch grosse Investitionen.
Der Obstbaubetrieb der Familie Lüthi umfasst eine Fläche von 24 Hektaren. Davon sind 12 Hektaren dem Obstbau vorbehalten. Ferner produzieren Lüthis und deren Erntehelfer aus Polen Äpfel, Birnen, Aprikosen, Beeren und weitere Erzeugnisse, die alle auch im Hofladen erhältlich sind. Die vorsortierten Kirschen übernimmt täglich die Landi in Gelterkinden.
David Lüthi windet seinen Mitarbeitenden aus dem Ausland ein dickes Kränzchen. Ohne ihre Unterstützung könnte die Ernte nicht rechtzeitig eingefahren werden. Bei Lüthis ist es deshalb selbstverständlich, dass zum Mittagessen alle am gleichen Tisch sitzen.