Comeback nicht ausgeschlossen
29.06.2023 WenslingenMorgen endet die Legislatur: Die abgewählte Landrätin Regula Waldner lässt alle Türen offen
Die nicht wiedergewählte Grünen-Landrätin Regula Waldner aus Wenslingen will die gewonnene Zeit nutzen und sich wieder vermehrt ihrer Familie und ihrem Beruf als ...
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Die nicht wiedergewählte Grünen-Landrätin Regula Waldner aus Wenslingen will die gewonnene Zeit nutzen und sich wieder vermehrt ihrer Familie und ihrem Beruf als Projektleiterin einer Umweltberatungsfirma widmen. Ein Comeback bei den nächsten Wahlen schliesst sie nicht aus.
André Frauchiger
Ein bisschen enttäuscht ist sie schon, aber dem Ganzen nachzutrauern ist nicht ihre Sache: Wegen des Sitzverlustes der Grünen bei den Landratswahlen im Wahlkreis Gelterkinden ist Regula Waldner nach knapp vierjähriger Tätigkeit im Baselbieter Kantonsparlament nicht wiedergewählt worden. Sie war für die nach Bern in den Nationalrat ziehende Florence Brenzikofer im Dezember 2019 nachgerückt.
Der Wahlerfolg der Grünen vor vier Jahren habe sich nun leider nicht wiederholt. Die baldige Alt-Landrätin unterstreicht, die Zeit im Kantonsparlament sei intensiv, interessant und auch mit viel Aufwand verbunden gewesen – eine spannende Episode in ihrem Leben. Die Nichtwiederwahl sei aufgrund der politischen Gesamtsituation für sie keine sehr grosse Überraschung gewesen. Sie hoffe, nun wieder mehr Zeit auch für sich selber zu haben.
Die Mutter von vier Kindern im Alter zwischen 13 und 25 Jahren betreibt nebenamtlich seit über zehn Jahren ein eigenes Unternehmen namens Culterra Tours. Mit dieser Firma werden Exkursionen für Firmen, Schulen und Private im Baselbiet und in den Jura angeboten, wobei das Aufzeigen der vielfältigen Landschaft mit ihren Dörfern im Mittelpunkt steht, aber auch Natur und Geschichte sind ein Thema. Hauptberuflich ist Waldner aber in einer Basler Umweltberatungsfirma als Projektleiterin tätig.
Als 20-Jährige entschied sich Regula Waldner sehr bewusst für ein Studium an der Schnittstelle zwischen Geistes- und Naturwissenschaften. Das war in dieser Form neu, da es das MGU-Studium – Mensch, Gesellschaft, Umwelt – noch nicht gab. Es ging dabei unter anderem um Fragen des Natur- und Landschaftsschutzes, aber auch um Gesellschafts- und Integrationsfragen. Dies sei Teil der grünen Anliegen von ihrer Seite, unterstreicht sie.
Regula Waldner hat an der Universität Basel in Humangeografie doktoriert. Sie studierte zudem auch Ethnologie. Den Abschluss des Studiums machte sie mit einer Arbeit über die Deponien im Baselbiet. Es kamen rund vier Jahre Projektarbeit in Indonesien hinzu – mit einer interdisziplinären Forschungsarbeit über den Einfluss des internationalen Tourismus auf die indonesische Kulturlandschaft und ihre Menschen. Das, sagt Regula Waldner, habe ihr neue Horizonte und Perspektiven eröffnet, wovon sie bis heute profitiere.
Jahre später absolvierte sie auch eine Ausbildung im Bereich «Erlebnismanagement Natur» für nachhaltige touristische Nutzungen. Sie liess sich schliesslich auch zur Erwachsenenbildnerin ausbilden.
Die Erfahrungen in der Geschäftsprüfungskommission des Landrats – zuletzt als Vizepräsidentin – waren für Regula Waldner sehr wertvoll, wie sie mehrfach unterstreicht. Dies sei für sie eine Erschliessung neuer Welten gewesen. Vertiefte Einblicke in den Datenschutz, die Jugendanwaltschaft und weitere Bereiche seien sehr interessant gewesen. Wichtig sei für sie immer der gute parteiübergreifende Dialog in der Politik, der aber in den vergangenen Jahren nicht immer optimal gewesen sei: «Ohne Dialog lassen sich aber keine Problemlösungen erzielen.» Reines Eigenmarketing von Politikerinnen und Politikern ohne Austausch mit Kolleginnen und Kollegen für ein konstruktives Schaffen sei letztlich für das gesamte Staatswesen abträglich.
Mehr Zeit für andere Aufgaben
Regula Waldner freut sich auf die nähere Zukunft mit etwas mehr Freizeit und mehr Zeit für die Familie. Sie geht auch davon aus, dass sie an ihrem Arbeitsplatz in der Umweltberatungsfirma mit Aufträgen auch von Bund, Kantonen und Gemeinden Mehrarbeit haben wird. Sie ist langjährige Präsidentin der kantonalen Natur- und Landschaftsschutzkommission, die als Fachgremium direkt dem Regierungsrat untersteht, und bisher auch in einer Gemeindekommission ihres Wohnorts Wenslingen zum Thema Zonenplan aktiv. Ab Juli will sie sich auf die Vorstandstätigkeit bei den Grünen Region Gelterkinden beschränken.
Was wollte die Grünen-Landrätin politisch im Landrat noch erreichen, was nun nicht mehr möglich ist? Sie hat verschiedene Vorstösse lanciert, die noch nicht alle behandelt werden konnten, so zum Beispiel den Stopp von schädlichen Lichtimmissionen. Es geht bei diesem Vorstoss darum, zu erfahren, was die Regierung unternehmen kann, um die Forderungen des Bundes zu erfüllen und diesbezüglich die Gemeinden zu unterstützen. Sie bedauert, dass die Zeit in ihrer letzten Landratssitzung in der vorigen Woche für die Behandlung dieses Anliegens nicht mehr gereicht hat.
Schliesslich sollen Lehrlinge vor Ausbeutung geschützt werden und attraktivere Rahmenbedingungen wie zum Beispiel mehr Ferien erhalten. In der Fachmittelschule (FMS) soll die pädagogische Ausbildung verbessert werden, dies auch als Massnahme gegen den Lehrkräftemangel. Auch die ungeschützte Internet-Nutzung für Schülerinnen und Schüler ist für Regula Waldner ein Problem. Und die weibliche Sicht sei gerade bei der Raumplanung von besonderer Bedeutung.
Erneute Kandidatur?
Wird Regula Waldner in vier Jahren wieder für den Landrat kandidieren? Sie sagt weder Ja noch Nein: «Ich bin offen, es wird sich zeigen.» Es komme auf die politischen Konstellationen an und auch, welche jungen guten Kandidatinnen und Kandidaten dann zur Verfügung stünden. «Ich will jetzt einmal durchatmen und dann weiterschauen.»
«Ich würde mir im Landrat mehr Demut wünschen»
Michael Bürgin, Grüne
je. Michael Bürgin ist erst im vergangenen Jahr in den Landrat nachgerückt, ohne auf der Grünen-Liste kandidiert zu haben. Er trat bei den Wahlen nicht mehr an.
Herr Bürgin, was nehmen Sie mit aus der Zeit als Landrat?
Michael Bürgin: Es gibt über alle Parteien hinweg sehr viel anständige Menschen, die gut zuhören und besonnen argumentieren. Das macht Hoffnung. Es gibt aber in allen Parteien auch sehr eitle und elitäre Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die durch ihr provokantes Auftreten mehr verhindern als erreichen. Ich würde mir hier mehr Demut wünschen. Die Eitelkeit der Menschen sehe ich sowieso als grösstes gesellschaftliches Problem. Ich durfte aber ein paar neue Freundschaften schliessen.
Welcher Aspekt des Parlamentsbetriebs hat Sie am meisten überrascht?
Dass die Parteimeinungen so gewichtig sind. Und dass kurz vor den Wahlen plötzlich doppelt so viele Rednerinnen und Redner auf der Liste stehen als sonst.
Bereuen Sie es rückblickend, bei den Wahlen nicht angetreten zu sein?
In keinem Moment, ich bin kein gewiefter Politiker.
Wie sieht Ihre politische Zukunft aus? Können Sie sich dereinst ein Comeback vorstellen?
Ich bin sehr glücklich in Bennwil. Die grossen Bühnen liegen mir nicht.
«Teilweise langsames und kompliziertes Parlament»
Marcel Zimmermann, «Die Mitte»
je. Marcel Zimmermann politisierte die vergangenen vier Jahre im Landrat. Weil sein Sitz in einen anderen Wahlkreis wanderte, muss er sich nun aus dem Parlament verabschieden.
Herr Zimmermann, was nehmen Sie mit aus der Zeit als Landrat?
Marcel Zimmermann: In meiner kurzen Zeit als Landrat durfte ich viele positive Begegnungen und Eindrücke mitnehmen. Ich habe einige Landrätinnen und Landräte kennen- und schätzen gelernt. Das Wichtigste: Landratsmitglieder sind auch nur Menschen, die von der Bevölkerung des Baselbiets gewählt sind, um sie aktiv im Landrat zu vertreten. Bei einigen bin ich mir allerdings nicht so sicher, ob sie das begriffen haben. Es gibt zudem Vielrednerinnen und Vielredner, die zu jedem Thema ihre Meinung äussern, und solche, die sich vorher noch Gedanken machen. Es ist wichtig,dass wir einen konstruktiven Landrat haben. Ich bin gespannt, wie sich die SVP in den nächsten vier Jahren ohne eigenes Mitglied im Regierungsrat verhält.
Welcher Aspekt des Parlamentsbetriebs hat Sie am meisten überrascht?
Wie langsam und kompliziert unser Parlament teilweise arbeitet. Als ehemaliger Gemeinderat ist das schwierig zu verstehen. Teils fehlt eine lösungsorientierte Arbeitsweise, und teils herrscht ein sehr grosser Anteil von Egoismus. Viele Landrätinnen und Landräte sind während der Sitzungen im Foyer am Kaffeetrinken.
Werden Sie das Landratsamt vermissen?
Grundsätzlich nicht,es war mir eine Ehre, fürs Oberbaselbiet da zu sein. Das ist es sicherlich auf für meinen Nachfolger Dario Rigo.
Wie sieht Ihre politische Zukunft aus? Können Sie sich dereinst ein Comeback vorstellen?
Im Moment ist für mich eine Pause angesagt – nach fast 12 Jahren in der Politik darf ich mir das erlauben, wie ich glaube. Ob ich ein Comeback in vier Jahren plane? Das kommt auf meine Gesundheit und die Entwicklung in der Politik an. Aktiv werde ich mich am Aufbau der «Mitte» im Oberbaselbiet beteiligen, die es bekanntlich erst seit einem Jahr gibt.