Staat soll Mietpreise kontrollieren
25.05.2023 Bezirk LiestalMieterverband stellt sich Herausforderungen
Mit Referenden und Initiativen will der Mieterinnen- und Mieterverband Druck auf die Politik aufbauen, damit die Mietpreise nicht immer weiter ansteigen.
Thomas Immoos
Kämpferisch zeigte sich der ...
Mieterverband stellt sich Herausforderungen
Mit Referenden und Initiativen will der Mieterinnen- und Mieterverband Druck auf die Politik aufbauen, damit die Mietpreise nicht immer weiter ansteigen.
Thomas Immoos
Kämpferisch zeigte sich der Mieterinnen- und Mieterverband Baselland und Dorneck-Thierstein (MV). An ihrer Mitgliederversammlung vom Montag in Liestal äusserte Co-Präsident Andreas Béguin die Unzufriedenheit darüber, dass die Mieten steigen und steigen. Und dies, obwohl die Zinsen seit Jahren sehr tief waren. So sei der Referenzzinssatz, die Grundlage für allfällige Mietzinsanpassungen, seit 2008, als er eingeführt wurde, stets gesunken. Vor allem nach Mieterwechseln würden die Wohnungseigentümer regelmässig den Mietzins erhöhen, obwohl kaum bauliche Massnahmen und Verbesserungen getroffen worden seien. Der MV rät deshalb seinen Mitgliedern, solche Mietzinserhöhungen innert 30 Tagen anzufechten.
Nationalrat Michael Töngi (Grüne, Luzern), Vizepräsident des schweizerischen MV-Dachverbands, verwies auf die Wohnungsnot in den Städten. Der Lehrstandsquoten seien tief. Die grosse Nachfrage nach Wohnraum erleichtere es den Liegenschaftseigentümern, höhere Mieten zu verlangen. Kürzlich habe Bundesrat Guy Parmelin sein Rezept gegen die Wohnungsnot genannt: raschere Baubewilligungen, verstärkte Digitalisierung der Bauverwaltungen, die Lockerung der Lärmschutzvorschriften und des Denkmalschutzes. Vor allem will er das Mietrecht dem freien Markt überlassen. Stattdessen möchte der MV, dass der Staat (Bund und Kantone) die Mietkontrolle wieder einführt, wie man sie früher kannte. Dadurch liessen sich unangemessene und ungerechtfertigte Erhöhungen verhindern. Hoffnungen setzen Töngi und der MV auf die Förderung des genossenschaftlichen Wohnungsbaus, wodurch erschwingliche Wohnungen entstehen können.
Töngi schwor die MV-Mitglieder auf bevorstehende Referendumskampagnen ein, falls das Mietrecht zulasten der Mieterinnen und Mieter geändert werden sollte. Denn künftig können Vermieter leichter Eigenbedarf geltend machen, um Mietern zu kündigen. Ausserdem soll die Untermiete eingeschränkt werden. Bei Erhöhungen sollen sich die Eigentümer vermehrt auch auf die orts- und quartierüblichen Preise berufen können. Ob diese Änderungen als Paket oder einzeln erlassen werden, ist noch offen. Jedenfalls will der MV gerüstet sein, gegen diese Vorlagen das Referendum zu ergreifen. Was die statutarischen Geschäfte anging, so wurden an der Mitgliederversammlung alle Traktanden genehmigt. Darunter auch die Erhöhung des Jahresbeitrags von 85 auf 95 Franken. Andreas Béguin wies darauf hin, dass dieser seit 2011 unverändert geblieben sei. Teile des Jahresbeitrags fliessen an den Dachverband sowie in den Prozesshilfefonds bei Rechtsstreiten.
Ertsmals über 8000 Mitglieder
Mitgliedern bietet der Verband unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung an. Auch will man den Kampagnenfonds äufnen. Der MV erwägt, mit Volksinitiativen die Rechte der Mieterinnen und Mieter zu stärken, etwa durch die Wiedereinführung der Mietzinskontrolle.
Im vergangenen Jahr hat der Verband 792 Verfahren abschliessen können. Bei rund der Hälfte konnte eine Einigung erzielt werden. Die meisten Fälle betrugen Kündigung und Mietzinserstreckung (29 Prozent) und Forderung auf Zahlung (27 Prozent). Bei jedem fünften Fall ging es um die Änderung des Mietzinses. Mit Genugtuung stellte Béguin fest, dass der MV erstmals über 8000 Mitglieder hat.