Läufelfingen legt wie niemand sonst zu
12.04.2023 Baselbiet, Gemeinden, GesellschaftTrotz Wachstumsschubs büssen elf Gemeinden Einwohner ein
Läufelfingen ist innert eines Jahres um 100 Personen auf 1381 Einwohner gewachsen. Das entspricht einer Zunahme von 7,8 Prozent. Keine andere Gemeinde im Kanton kommt auch nur in die Nähe dieses Werts. 11 der 16 geschrumpften ...
Trotz Wachstumsschubs büssen elf Gemeinden Einwohner ein
Läufelfingen ist innert eines Jahres um 100 Personen auf 1381 Einwohner gewachsen. Das entspricht einer Zunahme von 7,8 Prozent. Keine andere Gemeinde im Kanton kommt auch nur in die Nähe dieses Werts. 11 der 16 geschrumpften Gemeinden befinden sich im Oberbaselbiet.
Jürg Gohl
So schnell ändern sich die Zeiten: Als das Statistische Amt vor einem Jahr seine detaillierten Bevölkerungszahlen vorlegte, stach der Gürtel mit Zunzgen, «Sieger» Itingen, Lausen und Liestal ins Auge. Nirgendwo sonst ist das Baselbiet 2021 so stark gewachsen wie dort. Abgesehen von Liestal haben sich die drei Gemeinden ein Jahr später nur noch im Rahmen des kantonalen Durchschnitts entwickelt, wie die neusten Zahlen zeigen.
Liestal, um dies vorwegzunehmen, hat netto, also Zu- minus Wegziehende, erneut wie keine andere Gemeinde im Kanton zugelegt. Damit verweist der Kantonshauptort Reinach (plus 458) sowie Allschwil (plus 232), die beiden grössten Baselbieter Gemeinden, auf die Plätze. Die 501 Personen übertreffen die 341 von vor einem Jahr, die damals ebenfalls den Spitzenwert im Kanton darstellten, deutlich.
Liestal zählte per Ende vergangenen Jahres 15 640 Personen und wuchs damit innerhalb von fünf Jahren um fast 10 Prozent. Oberhalb von Liestal verzeichnet Bubendorf, zuvor über Jahre eher um seine Postleitzahl 4416 herum stagnierend, mit einem Sprung um 125 auf 4497 Personen in absoluten Zahlen den höchsten Wert.
Dem Ansturm gewachsen
Prozentual gesehen steht aber eine Oberbaselbieter Grenzgemeinde an der Spitze des Kantons: Läufelfingen ist im vergangenen Kalenderjahr netto um exakt 100 auf 1381 Personen gewachsen. Das entspricht einer Bevölkerungszunahme von 7,8 Prozent. Abgesehen von den Kleingemeinden Nusshof (plus 6,8 Prozent), Eptingen (6,1) und Kilchberg (5,5) gelangt nur Thürnen mit einem Wachstum von 4,6 Prozent einigermassen in Sichtweite des kantonalen Spitzenreiters. Noch vor einem Jahr stagnierte Läufelfingen, doch 2022 konnte die zentrale Überbauung Hüslimatt mit rund 80 Wohnungen bezogen werden. Sie kam auf das ehemalige Kohler-Areal zu stehen und liegt zentral neben dem Bahnhof. Die Offensive des Gemeinderats vor gut zehn Jahren zahlt sich nun aus.
Der Wachstumsschub zwingt Läufelfingen nicht, sich nun sinnbildlich grössere Kleider zuzulegen. Die Infrastruktur steht. «Ja», sagt Gemeindepräsidentin Sabine Bucher, «wir führen gegenwärtig nur vier Primarklassen und können mit mehr Kindern das schulische Angebot wieder erweitern.» Zudem wird das «Läufelfingerli», das dank der denkwürdigen Abstimmung vor fünf Jahren dem Liestaler Rotstift entkam, noch besser ausgelastet. So werde damit der Erhalt der Bahnlinie gerechtfertigt, sagt die Grünliberale, die im Sommer in den Landrat einziehen wird.
Drei auf strammem Vorwärtskurs
Mit der S9 sei Olten und damit das Mittelland in neun Minuten aus dem «sonnigen Oberbaselbiet» zu erreichen, wirbt Sabine Bucher für Läufelfingen und das «Läufelfingerli». Sie geht von einem «absolut einmaligen Wachstum» aus, nun werde es moderater weitergehen. Selber zieht sie allerdings nach Sissach, sodass den alten und neuen Einwohnern gleich zwei Wahlen (Ersatzwahl für den Gemeinderat, danach Präsidium) bevorstehen.
Läufelfingen trägt damit dazu bei, dass der Bezirk Sissach 2022 um netto 1,6 Prozent zugelegt hat. Das liegt über dem kantonalen Durchschnitt von 1,4 Prozent. Der Bezirkshauptort selber trug wenig dazu bei: Eigentlich klar auf Kurs, vor dem Jahresende noch die 7000er-Marke zu knacken, verlor Sissach im letzten Quartal 40 Bewohnerinnen und Bewohner, sodass es bei einem bescheidenen Wachstum und 6905 Personen blieb.
Gelterkinden (plus 88 auf 6297 Einwohner) rückt Sissach wieder ein bisschen näher, nachdem dort vor einem Jahr noch ein kleines Minus zu registrieren war. Thürnen (4,6 Prozent), Diepflingen (3,8) und Ormalingen (1,8) setzen ihren strammen Vorwärtskurs fort, der zu beobachten ist, seit der Chienbergtunnel den Verkehr ins Oberbaselbiet verflüssigt.
Elf Gemeinden mit Minus
Trotz der aussergewöhnlichen Bevölkerungszunahme sind im gesamten Baselbiet 15 Gemeinden geschrumpft. Vier davon liegen im Bezirk Laufen an der Kantonsgrenze, Birsfelden schaffte das Kunststück einer Nullbilanz. 11 Gemeinden mit einer negativen Bevölkerungsbilanz liegen allerdings im Oberbaselbiet. Vor einem Jahr waren es sogar 17.
Wintersingen büsste im vergangenen Jahr 24 Einwohner ein, steht nun bei 619 und verzeichnet mit minus 3,7 Prozent den kantonalen Tiefstwert. Dahinter folgt Nachbar Rickenbach, während daneben Maisprach einen weiteren Sprung nach oben macht und auf die 1000er-Marke zusteuert. Eine weitere Ballung von Gemeinden mit einem negativen Saldo ist um Tenniken (minus 2,4 Prozent) auszumachen.
Schliesslich finden sich um Waldenburg weitere Negativ-Gemeinden. Oberdorf hat 30 seiner zuvor 2485 Einwohnerinnen und Einwohner verloren, so viel wie keine andere Gemeinde im ganzen Baselbiet. Der Bezirkshauptort – vor einem Jahr noch mit einer Null-Bilanz – verliert 13 Einwohnerinnen und Einwohner.
Überhaupt legt der Bezirk Waldenburg im Vergleich zum ganzen Kanton mit Abstand am wenigsten zu. Der Bezirk wuchs lediglich um 0,7 Prozent, die Hälfte des kantonalen Durchschnitts. Gespannt dürfte man im hinteren Baselbiet den Zahlen in einem Jahr entgegenblicken und hoffen, dass sich die neue Waldenburgerbahn auch in den Bevölkerungszahlen positiv niederschlägt.